Politik

CDU und CSU einigen sich auf „Richtwert“ von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr

CDU und CSU wollen auch künftig keine Zurückweisungen an den deutschen Grenzen vornehmen.
08.10.2017 20:05
Lesezeit: 2 min

CDU und CSU haben sich am Sonntagabend nach Angaben von Reuters, AFP und der Bild-Zeitung auf ein "Paket zur Migrations-, Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik" geeinigt. Danach soll pro Jahr ein Richtwert von 200.000 Menschen aus humanitären Gründen und beim Familiennachzug aufgenommen werden, hieß es aus Unionskreisen. Es solle aber gleichzeitig keine Zurückweisung an der deutschen Grenze geben, wurde betont. Das Wort Obergrenze werde deshalb nicht verwendet. Zudem vereinbarten die Spitzen von CDU und CSU, dass es ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte geben soll.

Seit Sonntagmittag sondierten die Spitzen der Union in der Berliner CDU-Zentrale, wie eine gemeinsame Verhandlungspositionen für Jamaika-Gespräche mit FDP und Grünen aussehen könnte. Dabei musste vor allem die Frage einer Obergrenze für Flüchtlinge geklärt werden. Dies mündete nun in ein Gesamtpaket eines Zuwanderungs- und Flüchtlingskonzepts. Anschließend besprachen die Unions-Spitzen auch andere Themen wie Europa.

Auf CDU-Seite verhandeln Parteichefin Angela Merkel, Kanzleramtschef Peter Altmaier, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Generalsekretär Peter Tauber und Fraktionschef Volker Kauder. Für die CSU sind Parteichef Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Generalsekretär Andreas Scheuer, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion in München, Thomas Kreutzer, dabei. Nachdem sich CDU und CSU nach mehreren Stunden Beratung zu getrennten Beratungen zurückgezogen hatten, kamen Merkel und Seehofer zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Am Abend stieß Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dazu.

Mit dem Kompromiss will die CSU sicherstellen, dass sich das Jahr 2015 mit dem hohen Flüchtlingszahlen nicht wiederholt. CSU-Politiker hatten in den vergangenen Tagen betont, dass dafür ein ganzes Maßnahmenpaket nötig sei. Dem hatte Merkel zugestimmt und darauf verwiesen, dass die EU neben dem EU-Türkei-Migrationsabkommen bereits ähnliche Abkommen etwa mit nordafrikanischen Staaten anpeile. Zudem soll der EU-Außengrenzschutz verschärft werden. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass weniger illegale Migranten über andere EU-Staaten nach Deutschland kommen.

Merkel hatte zudem Pläne der EU unterstützt, Kontingentlösungen für afrikanische Länder zu vereinbaren. Auch dies soll in das Paket einfließen. Deutschland nimmt bereits heute freiwillig Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf, um diese Länder zu entlasten. Zudem akzeptiert es in begrenztem Rahmen die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen, die vom UNHCR aus der Türkei ausgewählt werden. Die Zahlen aus diesen verschiedenen Programmen sollen nun zusammengefasst werden.

Die Kunst liege darin, eine Position zu finden, die die CSU zufriedenstelle und gleichzeitig nicht den Weg für eine Einigung mit FDP und vor allem den Grünen verbaue, hatte es in der CDU am Sonntag geheißen. Merkel und andere führende CDU-Politiker hatten eine formale Obergrenze für die humanitäre Aufnahme mit dem Argument zurückgewiesen, dass etwa Asylbewerber an der deutschen Grenze nicht zurückgewiesen werden könnten. Dies gelte nun auch weiter, hieß es am Abend in Unionskreisen.

Die Zahl 200.000 bezieht sich nicht auf die Arbeitsmigration und die Freizügigkeit etwa für EU-Bürger. Darüber kommen jedes Jahr sehr viel mehr Menschen nach Deutschland. Die CSU akzeptiere zudem ein Zuwanderungsgesetz, hieß es.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitaler Produktpass: Was die EU plant und was das für Firmen bedeutet
23.04.2025

Die Europäische Union will Ressourcen schonen und Emissionen und Abfälle reduzieren. Dafür plant sie den sogenannten digitalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...

DWN
Politik
Politik Putins Frontstopp: Moskaus neues Angebot könnte Trump in die Falle locken
23.04.2025

Putins überraschende Gesprächsbereitschaft trifft auf strategisches Kalkül in Washington – der Westen steht vor einer geopolitischen...