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In der „Cum-Cum“-Affäre um Steuertricks mit Dividendenpapieren rechnen zahlreiche deutsche Banken mit Straf- und Steuernachzahlungen. 77 deutsche Institute erwarten wegen der Steuertricks Belastungen von gut einer halben Milliarde Euro, wie es in einer der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstagabend vorliegenden Antwort des Bundesfinanzministeriums und der Finanzaufsicht BaFin auf eine Anfrage der Grünen hieß. Es sei nicht auszuschließen, dass sich aufgrund weiterer Untersuchungen der Bafin oder aufgrund von Prüfungen der Finanzbehörden höhere oder niedrigere Steuernachzahlungen ergeben könnten. „Teilweise besteht Anlass zu weiteren Untersuchungen durch die BaFin“, heißt es in dem Schreiben, über das zuvor auch Bild vorab berichtete.
Die „Cum-Cum“-Transaktionen galten bis vor kurzem – anders als „Cum-Ex“ – meist als legales Steuerschlupfloch. Doch ein Sinneswandel des Finanzministeriums schreckte die Branche auf. Das Ministerium hält nach einem Schreiben vom Juli „Cum-Cum“-Geschäfte – anders als noch im November 2016 – in den meisten Fällen für rechtswidrig. Damit würden zumindest Strafzinsen für die Jahre 2013 bis 2015 fällig. Die Finanzaufsicht BaFin hat bei allen 1.600 deutschen Instituten abgefragt, welche Belastungen sie durch die Geschäfte erwarten. Ergebnisse hat die Behörde bislang nicht veröffentlicht.
Laut dem Schreiben an die Grünen gaben bis zum 14. November insgesamt 85 Institute an, in Cum-Cum-Gestaltungen involviert gewesen zu sein. Davon erwarteten acht keine finanzielle Belastungen oder machten keine Angaben. Ein Institut erwartet der Aufstellung zufolge Steuernach- oder Strafzahlungen wegen der Cum-Cum-Geschäfte in Höhe von 80,85 Millionen Euro, insgesamt erwarten fünf Institute Belastungen von mehr als 50 Millionen Euro, zwei weitere rechnen jeweils mit rund 31 Millionen Euro. Die Namen der Banken werden auf der Liste nicht aufgeführt.
Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte, dass dem Staat durch Cum-Cum-Geschäfte und ähnliche Steuertricks ein zweistelliger Milliardenbetrag an Steuern entgangen sei, die nun bekanntgewordenen Rückstellungen der Geldhäuser seien dagegen vergleichsweise gering. „Das zeigt, dass die Banken geschont werden und das verlorene Geld höchstens in sehr kleinem Umfang zurückgeholt werden soll“, sagte Schick.
Bei „Cum-Cum“-Transaktionen reichten ausländische Anleger ihre Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag an deutsche Banken oder Fonds weiter, die anders als sie keine Kapitalertragsteuer auf die Dividende zahlen mussten. Nach dem Stichtag bekamen sie die Papiere zurück, als „Belohnung“ erhielten die Inländer einen Teil der Dividende. Seit 2016 ist dieses Steuerschlupfloch geschlossen.
Die meisten Geldhäuser haben zu Cum-Cum-Geschäften bislang geschwiegen. Die Commerzbank erklärte Anfang November, sie habe 10,5 Millionen Euro zurückgestellt, da sie möglicherweise Kapitalertragssteuer zurückzahlen müsse. Zudem fordern Kunden, mit denen die Commerzbank Wertpapierleihgeschäfte eingegangen ist, Schadenersatz, weil ihnen Ansprüche aberkannt wurden.