Nach einer Reihe von US-Konzernen nimmt die EU-Kommission auch das schwedische Möbelhaus Ikea wegen möglicherweise unzulässiger Steuerpraktiken ins Visier. Zwei Steuerabkommen mit dem niederländischen Staat könnten der Franchise-Tochter von Ikea „einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen“ gegeben haben, erklärten die EU-Wettbewerbshüter am Montag. Dabei könne „ein Verstoß gegen EU-Regeln zu Staatsbeihilfen“ vorliegen. Erhärtet sich dies, müssten die Niederlande Steuern nachfordern.
Die EU-Kommission ist in ähnlichen Fällen bereits gegen eine Reihe von US-Konzernen vorgegangen. Sie erklärte 2015 Steuerdeals der Niederlande mit der Kaffeehauskette Starbucks sowie von Luxemburg mit dem Autobauer Fiat-Chrysler für illegal und verlangte Steuernachzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe. Die bisher höchste Rückzahlungsforderung erging 2016 wegen Steuerabsprachen Irlands mit dem US-Computerkonzern Apple: Dublin muss 13 Milliarden Euro von dem iPhone-Hersteller zurückfordern.
Ikea hatte in den 80er Jahren sein Geschäftsmodell auf Franchising umgestellt, also auf die Vergabe von Konzessionen an regionale Partner, die unter der Marke Ikea Möbelhäuser betreiben. Die Betreiber der Möbelhäuser weltweit müssen dabei drei Prozent ihres Umsatzes an Inter Ikea Systems in den Niederlanden abführen.
Die Kommission entwirrte nun ein kompliziertes Geflecht von Ikea-Firmen, zwischen denen Gewinne verschoben wurden. Es führte der Behörde zufolge dazu, dass entweder weniger oder auch gar keine Steuern gezahlt wurden. Dabei gab es den Angaben zufolge zwei Phasen: Von 2006 bis 2011 lief dies von den Niederlanden aus über eine Luxemburger Firma, dann seit 2012 über eine Stiftung in Liechtenstein.
„Alle Unternehmen, ob groß oder klein, multinational oder nicht, sollten ihren fairen Anteil an Steuern zahlen“, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Die Mitgliedstaaten können nicht dafür sorgen, dass ausgewählte Unternehmen weniger Steuern zahlen, indem sie ihnen erlauben, ihre Gewinne künstlich woandershin zu verlagern.“ Nach Schätzungen der Kommission verlieren EU-Staaten durch Steuervermeidungen von Großkonzerne bisher jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro.
Aufmerksam wurde Brüssel auf den Fall auch durch einen Bericht der Grünen im Europaparlament. Deren Finanzexperte Sven Giegold sprach von einem „großen Erfolg“, dass die Kommission auf Veranlassung seiner Partei tätig geworden sei. „Wir hoffen, dass es zu einer Rückzahlung kommt“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Denn die Niederlande seien „die größte Steueroase weltweit für große Unternehmen“.