Finanzen

Steigende Nachfrage nach deutschen Schuldscheinen aus dem Ausland

Lesezeit: 2 min
17.01.2018 17:08
Im Ausland nimmt das Interesse am deutschen Finanzierungsinstrument Schuldschein seit einiger Zeit deutlich zu.
Steigende Nachfrage nach deutschen Schuldscheinen aus dem Ausland

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In jüngerer Zeit wird das speziell deutsche Finanzinstrument Schuldschein im Ausland immer beliebter. Allerdings haben die Insolvenzen des deutschen Möbelhändlers Steinhoff sowie des britischen Bauunternehmens Carillion die Risiken unterstrichen, die Investitionen in Schuldscheine mit sich bringen können. Wie es sich herausgestellt hat, haben im Zusammenhang mit den Firmenpleiten nicht nur europäische Banken Federn gelassen.

Auch taiwanesische Investoren werden voraussichtlich auf großen Verlusten sitzen bleiben wegen Geldes, das sie Carillion geliehen haben. Die asiatischen Investoren hatten 112 Millionen englische Pfund in einen Schuldschein investiert, den Carillion ein Jahr vor dem Zusammenbruch herausgegeben hatte – nur wenige Monate, bevor das Unternehmen eine ernste Gewinnwarnung veröffentlicht hatte.

Das Finanzinstrument Schuldschein, von jeher eine deutsche Spezialität, in das Privatanleger nicht investieren können, erfreute sich zuletzt auch im Ausland steigender Beliebtheit. Schuldscheine sind im Gegensatz zu normalen Anleihen nicht an Börsen gelistet. Aus diesem Grund können sie nicht so einfach gehandelt werden, auch wenn die Börsen in Hannover und Hamburg vor einiger Zeit eine Handelsplattform für Schuldscheine gestartet haben.

In Deutschland hat der Schuldschein eine lange Tradition, die Volumen sind jedoch erst in den zurückliegenden Jahren deutlich gewachsen. Dabei stammt nur der geringere Anteil des Schuldscheinmarktes von Unternehmen – am häufigsten wird diese Form der Finanzierung von der öffentlichen Hand und von Banken genutzt. „Für den Emittenten hat der Schuldschein den Vorteil, dass er ihn für die Investoren maßschneidern kann“, sagt Klaus Pahle, der Schuldscheinexperte der ING Diba. Darüber hinaus sei bei Schuldscheinen der Aufwand für den Emittenten geringer als für eine öffentliche Anleihe. Beispielsweise müsse kein Prospekt erstellt werden.

Schuldscheine waren einstmals fest in der Hand heimischer Unternehmen, die es bevorzugten, Geld in bequemer Form von lokalen Investoren wie etwa den deutschen Sparkassen zu leihen. Aber der Markt erlebt seit einiger Zeit einerseits den Zustrom von internationalen Gesellschaften als Emittenten und andererseits von ausländischen Investoren, die sich in den vergangenen Jahren in die Kredite eingekauft hatten mit dem Ziel, bessere Renditen zu erwirtschaften.

Der Zusammenbruch von Carillion und auch der Bilanzskandal und die damit einhergehende Überschuldung beim Schuldschein-Emittenten Steinhoff hatten die Risiken des Marktes veranschaulicht, die durch die Internationalisierung entstanden sind.

Sebastian Zank, ein Analyst der deutschen Ratingagentur Scope, erklärte: „Noch vor zwei oder drei Jahren hätte niemand die großen Ausfälle in diesem Markt erwartet.“ Obwohl das grundlegende Konzept des Schuldscheins bereits Jahrzehnte alt ist, gab erst die Finanzkrise dem Finanzinstrument wirklich Auftrieb. Das vereinte Deutschland konnte weiter auf den Schuldschein setzen, auch als die Kreditmärkte für Kreditnehmer geschlossen waren.

Das Interesse nicht-deutscher Unternehmen am Schuldschein ist erst vor einigen Jahren erwacht. Nach Angaben von Scope entfielen auf ausländische Gesellschaften im Jahr 2016 etwa 46 Prozent der ausgegebenen Schuldscheine und 2017 wohl eine ähnliche Quote, was einen Zuwachs von 20 auf 30 Prozent bedeutet. Die größten Vorteile für die Emittenten gegenüber dem Anleihemarkt sind die weniger strengen Dokumentationsregularien und Offenlegungspflichten. Kreditnehmer eines Schuldscheins benötigen kein Kreditrating und die Gesellschaft muss nur ein Dokument erstellen, das den Handel begleitet.

Einige andere in Großbritannien gelistete Unternehmen wie Cobham, IWG, Kier und Laird, die kein öffentliches Kreditrating vorweisen können, sind in den vergangenen Jahren in den Schuldschein-Markt eingestiegen. Die Probleme Carillions haben einige Fondsmanager dazu veranlasst, zu fragen, ob dieser Markt ein Indikator für eine finanzielle Notlage sein kann. Wie Andrew Lyddon, ein Manager eines Aktienfonds bei Schroders, über die Aktivitäten von Carillion im Schuldschein Markt anmerkt: „In den Jahresberichten der Gesellschaften tauchen seltsame neue Begriffe auf, die eine Menge über die finanzielle Situation aussagen, um sich selbst zu positionieren. Und ihre ungewöhnliche Länge könnte dazu dienen, sich neue Finanzierungsformen zu erschließen.“

Marktteilnehmer gehen jedoch nicht davon aus, dass die vorausgegangenen Störfälle das Finanzinstrument Schuldschein untergraben hätten. Sie hätten nur verdeutlicht, dass es nur nicht für alle Unternehmen gleichermaßen geeignet sei.


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