Politik

Türkische Armee startet Angriff auf US-Verbündete in Syrien

Die türkische Armee hat mit dem Beschuss von Nordsyrien begonnen.
19.01.2018 15:14
Lesezeit: 4 min

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Die türkische Armee hat am Samstag laut AFP erneut kurdische Ziele im Norden Syriens angegriffen. In "legitimer Selbstverteidigung" seien Stellungen der kurdischen YPG attackiert worden, teilte die Armee mit. Dies sei eine Reaktion auf Beschuss aus der von der YPG kontrollierten Region Afrin gewesen. Ankara sieht die YPG als Terrororganisation an.

Die türkischen Streitkräfte haben am Freitag mindestens zehn Luftschläge gegen Positionen der kurdischen Truppen der sogenannten Demokratischen Union in Afrin in Nordsyrien durchgeführt, berichtete Haberturk TV. Die russiscche Nachrichtenagentur RIA Novosti zitiert eine anonyme Quelle der YPG mit der Aussage, dass etwa 70 Artillerie-Raketen, die von der türkischen Seite kamen, im Gebiet von Afrin gelandet seien.

Ob die Schläge unmittelbar in eine Invasion münden werden ist unklar - zumindest US-Beobachter melden Zweifel an:

Die Türkei hatte am Donnerstag laut Reuters behauptet, Russland werde sich nicht gegen seine Operation in Syriens Afrin stellen. Außenminister Mevlut Cavusoglu sagte dem Sender CNN Turk, die Türkei werde sich mit Russland und dem Iran über eine Luftoperation in Afrin abstimmen.

Die Nachrichtenagentur Anadolu berichtet am Freitag, dass sich das russische Militärpersonal aus Afrin zurückgezogen haben soll. Eine Bestätigung aus Moskau liegt dazu nicht vor. Der türkische Armeechef Hulusi Akar und der Chef des nationalen Geheimdienstes Hakan Fidan waren am Donnerstag nach Moskau gereist, um Gespräche über Syrien zu führen und sich, wie al-Monitor berichtet, den russischen Segen für eine geplante türkische Offensive gegen die syrisch-kurdisch kontrollierte Enklave Afrin zu sichern.

Die YPG und die syrischen Kurden sind die engsten Verbündeten der USA. Mit dem Angriff ist es zu einem direkten Konflikt zwischen den Nato-Staaten USA und Türkei gekommen.

Das US-Außenministerium hatte noch am Dienstag gesagt, dass man keine Informationen über den bevorstehenden Angriff habe. State Department-Sprecherin Heather Nauert sagte auf die Nachfrage von Journalisten, wie die US-Regierung zu einem direkten Konflikt zwischen den beiden Nato-Partnern stehe, dass die USA ein gutes Verhältnis zur Türkei habe und es einen regen Austausch zwischen den Nato-Partnern gebe.

Die USA hatten angekündigt, die Kurden beim Aufbau einer eigenen Grenzschutztruppe aufbauen zu wollen, was beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu großer Empörung geführt hatte. Erdoagn warf den USA vor, mit einer Terror-Organisation zu kooperieren.

Laut Haberturk hat die türkische Armee das Feuer aus der an der Grenze liegenden türkischen Provinz Hatay eröffnet. Die kurdischen Einheiten feuerten im Gegenzug mehrere Granaten auf das türkische Territorium ab, berichtete der Sender auf Twitter.

Am Freitag sagte der türkische Verteidigungsminister Nurettin Canikli, dass die Militäroperation in dem syrischen Bezirk Afrin „de facto” begonnen hat, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Ein Reuters-Kameramann filmte türkische Artillerie im Grenzdorf Sugedigi. Die Artillerieverbände schossen am Freitagmorgen Granaten in den Bezirk Afrin.

„Wenn ich 'de facto' sage, will ich nicht, dass es missverstanden wird, es hat ohne Grenzübertritte begonnen (...). Alle Terrornetzwerke und -elemente in Nordsyrien werden beseitigt. Es gibt keinen anderen Weg”, fügte Canikli hinzu.

Die kurdische YPG-Miliz gab an, türkische Kräfte hätten um Mitternacht mit der Bombardierung von Afrin begonnen. Es sollen nach Angaben der Kurden-Miliz, die von den USA unterstützt wird, 70 Granaten abgefeuert worden sein.

Die türkische Luftwaffe ist noch nicht zum Einsatz gekommen. Russland und Syrien haben der Türkei bisher noch keine Genehmigung für die Nutzung des syrischen Luftraums erteilt.

Nach Angaben der Zeitung Habertürk geht das türkische Militär davon aus, dass in der ersten Phase der Operation die Kurden-Miliz keinen Widerstand leisten wird. Stattdessen werden sich die Kämpfer zurückziehen, um das Gelände mit Sprengfallen zu versehen. Wenn sich die Türkei in Bezug auf die Nutzung des Luftraums nicht mit Russland einigen sollte, wird die türkische Luftwaffe ihre Ziele an der Grenze zu Syrien mit intelligenten Bomben angreifen. Die türkischen F-16-Jets können von der türkisch-syrischen Grenze aus bis 50 Kilometer nach Syrien schießen.

Die türkische Armee geht davon aus, dass die Kurden-Miliz, die weitgehend aus PKK-Mitgliedern besteht, die türkischen Soldaten in einen Häuserkampf verwickeln möchte. Ausgehend von den Häuserkämpfen im Jahr 2015 in den Städten Nusaybin, Cizre und Sirnak, habe die Organisation mittlerweile nicht nur Kampferfahrung gesammelt, sondern kann auf logistische und nachrichtendienstliche Unterstützung von CENTCOM zurückgreifen, so Haberturk.

Die Zeitung Yeni Şafak berichtet, dass die türkische Armee die Operation in Afrin mit zwei Brigaden aus türkischen Spezialeinheiten durchführen wird. Die Operation wird von İsmail Metin Temel, Kommandeur der 2. Armee, geleitet.

In den vergangenen Tagen soll die Kurden-Miliz Verbände aus der Region Hasaka nach Manbidsch und Afrin verlegt haben, so die Zeitung Sözcü. Nach Afrin habe die Miliz einen Konvoi von etwa 100 Fahrzeugen verlegt. Der Konvoi nach Manbidsch soll aus 40 Fahrzeugen bestanden haben.

Im Zentrum der Stadt Afrin sollen sich etwa 13.000 Kämpfer der Kurden-Miliz befinden. Diese Anzahl liegt im Zentrum von Manbidsch bei etwa 2.000. Die Kurden-Miliz habe über beide Städte eine Ausreisesperre für die Zivilbevölkerung verhängt.

The Daily Sabah berichtet, dass sich an der türkischen Operation auch Verbände der Freien Syrischen Armee (FSA) beteiligen werden. Nach Informationen der BBC haben am Freitag 20 Busse mit FSA-Kämpfern die türkisch-syrische Grenze nach Afrin überquert. Die FSA ist verfeindet mit der Kurden-Miliz. Im Jahr 2016 hatte die Kurden-Miliz in der Stadt Afrin eine Siegesparade über die FSA gefeiert. Dabei wurden Dutzende von Leichen von FSA-Kämpfern auf einem LKW-Hänger durch die Stadt gefahren. Die Nachrichtenagentur Anadolu und Conflict News dokumentierten dies.

Unterstützer der FSA verbreiten über die Sozialen Medien Botschaften, wonach sie diese Tat weder vergessen noch vergeben hätten.

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