In der SPD bricht im Zuge der Regierungsbildung offene Aggression aus.
Der scheidende Außenminister Sigmar Gabriel hat nach seiner geplanten Ablösung durch den scheidenden SPD-Chef Martin Schulz die neue SPD-Führung scharf kritisiert und eine mangelnde Wertschätzung seiner Arbeit durch die SPD-Führung und den Umgang mit seiner Person beklagt. Er sei gerne Außenminister und habe in den Augen der Bevölkerung das Amt auch ganz gut und erfolgreich geführt, sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war."
Gabriel wird in dem Interview offensichtlich auch sehr persönlich, lässt jedoch die direkte Attacke gegen Martin Schulz von seiner Tochter vortragen. Diese habe ihm zu seinem bevorstehenden Amtsverlust gesagt: "Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht."
Schulz, der Gabriel im März 2017 als SPD-Vorsitzender nachfolgte und nun den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles abgibt, soll in einer neuen großen Koalition Außenminister werden. Zuvor müssen aber die SPD-Mitglieder dem Einstieg in das Regierungsbündnis zustimmen. Gabriel, der geschäftsführend weiter im Amt ist, hat seit Bekanntwerden des Wechsels seine Teilnahme wichtige Termine abgesagt, darunter die Münchner Sicherheitskonferenz.
Jede neue SPD-Führung habe das Recht auf Neubesetzung von Ministerposten. "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt", sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende laut Vorabbericht. In der Politik sollte mit offenem Visier gekämpft werden. "Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt."
Die Fehde zwischen Schulz und Gabriel könnte einem Spiegel-Bericht zufolge den Herausgeber des Handelsblatts, Gabor Steingart, den Job kosten. Steingart hatte in seiner täglichen Morgen-Kolumne die Ablöse Gabriels detailreich so beschrieben, als würde Schulz einen "perfekten Mord" an Gabriel planen. Handelsblatt-Verleger Dieter von Holtzbrinck sah sich genötigt, sich bei Martin Schulz zu entschuldigen. er schrieb demnach in einem Brief: "Das heutige 'Morning Briefing' von Gabor Steingart hat mich schockiert. Inhalt und Stil des Sie betreffenden Textes entsprechen weder meinen publizistischen Qualitäts- und Wertevorstellungen noch denen der Handelsblatt-Redaktion." Er entschuldige sich "vielmals" auch "im Namen des Handelsblatt".
Laut Spiegel sol die Ablöse Steingarts unmittelbar bevorstehen. Holtzbrinck wollte den Bericht nicht kommentieren.