Finanzen

Bank of England bereitet Märkte auf Leitzins-Anhebungen vor

Lesezeit: 2 min
22.02.2018 16:58
Die jüngsten Andeutungen der britischen Zentralbank, die Leitzinsen schneller anzuheben, sind schlechte Nachrichten für die hochverschuldeten Bürger.
Bank of England bereitet Märkte auf Leitzins-Anhebungen vor

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die britische Notenbank wird ihrem Chefvolkswirt zufolge die Zinsen möglicherweise schneller anheben müssen als bislang von Investoren erwartet. Andy Haldane verwies am Mittwoch in einem Bericht an das Parlament darauf, dass die britische wie auch die Weltwirtschaft schneller wachsen könnten als zunächst vorhergesagt. Vor Abgeordneten im Finanzausschuss warnte er davor, Zinsschritte zu verzögern. „Historisch gesehen sind Arbeitsplätze insbesondere dadurch vernichtet worden, dass die Zentralbanken zu spät auf die Bremse getreten haben“, sagte er.

Die BoE hatte im November erstmals seit rund zehn Jahren die Zinsen angehoben auf das aktuell gültige Niveau von 0,5 Prozent. Sie ist offen für eine weitere geldpolitische Straffung. Die Währungshüter hatten bereits vor zwei Wochen signalisiert, dass sie die Zügel angesichts aufgehellter Konjunkturaussichten „etwas früher und in etwas stärkerem Maße“ anziehen könnten als noch im November erwartet. Damals hatten sie zwei Zinsschritte nach oben binnen drei Jahren angepeilt. Viele Analysten erwarten für Mai eine Erhöhung auf 0,75 Prozent.

Sollte die Bank of England die Leitzinsen weiter anheben, werden sich die Zinszahlungen und Schuldentilgungen für Millionen Briten deutlich verschlechtern. Der Guardian berichtet, dass weitere Leitzinsanhebungen Millionen von Briten in finanzielle Nöte stürzen könnte. Bereits jetzt könnten Millionen von Haushalten nur mithilfe ständiger Schuldenaufnahme über die Runden kommen, welche sich im Fall einer Straffung der Geldpolitik verteuern würden. Eine Mehrheit der Briten besitzt einer Untersuchung zufolge praktisch keine Ersparnisse oder ist chronisch insolvent.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor neuen Risiken durch eine zu hohe Schuldenlast in vielen Ländern. Neben den Banken verspürten zunehmend auch andere Wirtschaftssektoren einen großen Druck aus der Bedienung von Schulden, heißt es im Bericht zur Finanzstabilität des Weltwirtschaftsfonds.

In China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, habe der Bankensektor inzwischen eine Größe erreicht, die das Dreifache der Wirtschaftsleistung des gesamten Landes umfasst. Weltweit stecke ein Drittel der systemrelevanten Banken noch in Schwierigkeiten und könne bis ins Jahr 2019 hinein keine nachhaltigen Gewinne erwirtschaften.

Die lange Periode ultrabilligen Geldes hatte viele Unternehmen und Privatleute zur Aufnahme hoher Kredite zu Niedrigzinsen verleitet. Insgesamt sind in den entwickelten Ländern die Privathaushalte laut IWF mit im Schnitt 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschuldet.

„Die lange geldpolitische Unterstützung für die großen Volkswirtschaften könnte zum Aufbau neuer finanzieller Exzesse führen“, warnt der Fonds in seinem Bericht. „Zu viel Geld ist auf der Jagd nach zu wenigen ertragreichen Anlagen.“

Nur 5 Prozent aller festverzinslichen Anlagen werfen demnach einen Ertrag von mehr als 4 Prozent ab. Vor der Finanzkrise waren es 80 Prozent. Deshalb ließen sich viele Investoren in Regionen außerhalb ihrer eigentlichen Risiko-Grenzen drängen. Der Jubel über immer neue Rallyes an den Börsen erscheint so in einem anderen Licht.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...