Acht nördliche EU-Länder um die Niederlande haben sich gegen die Pläne einer vertieften EU-Integration von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für die EU und die Eurozone gestellt. Nach dem EU-Ausstieg Großbritanniens sei die "Einheit" der dann noch verbleibenden 27 Mitgliedstaaten eine "entscheidende Stärke", die "geschützt" werden müsse, schreiben die Finanzminister aus Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Lettland, Litauen, den Niederlanden und Schweden laut einer am Dienstag in Den Haag veröffentlichten Erklärung.
Die Debatten über die Zukunft der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion sollten daher von allen EU-Staaten gemeinsam geführt werden - auch von Staaten, die nicht der Eurozone angehören. Ohne Macrons Reformpläne zu erwähnen, warnen die acht Länder vor "weitreichenden Vorschlägen" und fordern stattdessen Reformen zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität.
Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben umfangreiche Pläne für eine Reform der EU und der Eurozone vorgelegt. Der französische Präsident fordert unter anderem einen gemeinsamen Haushalt für die Eurostaaten und einen europäischen Finanzminister.
Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra erklärte, die acht nordeuropäischen Länder seien der Meinung, "dass starke Volkswirtschaften zu einem starken Europa führen". Der Anfang müsse aber auf nationaler Ebene gemacht werden. Dabei müssten die Mitgliedstaaten zunächst die bestehenden Regeln der Europäischen Union einhalten.
Um die Währungsunion zu stärken, müssten "Strukturreformen und der Stabilitäts - und Wachstumspakt umgesetzt werden", heißt es in dem Dokument. So könnten auch "finanzielle Puffer" in den nationalen Haushalten geschaffen werden, "die Raum für nationale Finanzpolitik lassen".
Bei einer Vertiefung der Zusammenarbeit sollten "weitreichende" Kompetenzen nur an die Europäische Union übertragen werden, wenn dies einen wirklichen Nutzen bringe. Die acht Länder fordern etwa eine Vollendung der Bankenunion und den Ausbau des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds.
Die Hintergrund der Allianz, die die Niederlande und Irland geschmiedet haben, liegt in einem handfesten Konflikt mit der Europäische Union wegen der Steuerpolitik: Die EU-Kommission übt in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht scharfe Kritik an der "aggressiven" Steuerpolitik mehrerer EU-Mitgliedsländer. "Diese Praktiken untergraben die Gerechtigkeit und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf unserem Binnenmarkt", erklärte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Dienstag. Betroffen von der Zurechtweisung sind demnach Belgien, Zypern, Ungarn, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande.
In vielen der genannten Länder befinden sich Firmensitze multinationaler Konzerne wie Google, Apple oder Facebook. Komplizierte Steuermodelle ermöglichen es den Konzernen, ihre Gewinne zu verschieben und hohe Steuerzahlungen zu vermeiden. Das erhöhe die Last für die europäischen Steuerzahler, sagte Moscovici. Zwar erkenne er die jüngsten Bemühungen einiger Länder zur Anpassung ihrer Steuermodelle an, doch müsse "offensichtlich" noch viel getan werden.