Das automatische Notrufsystem „eCall“ muss ab dem 1. April in alle Automodelle eingebaut werden, deren Genehmigungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Grundlage dafür ist ein EU-Gesetz vom April 2015. Neuwagen von bereits bestehenden Modell-Serien können mit dem System ausgestattet werden, müssen es aber nicht.
Bei „eCall“ handelt es sich um ein Notrufsystem, das bei einem schweren Unfall automatisch von sogenannten Crash-Sensoren und vom Airbag ausgelöst wird. Per Satellit wird die nächstgelegene Einsatzleitstelle informiert, die daraufhin den anschließenden Rettungseinsatz in die Wege leitet. An die Leitstelle übermittelt werden Fahrzeugtyp, Treibstoffart, Unfallort, Unfallzeitpunkt, Fahrtrichtung des Autos und die Zahl der Insassen.
„eCall“ soll die Reaktionszeit der Rettungsdienste in ländlichen Gegenden um 50 Prozent verkürzen. Im urbanen Raum sollen es 40 Prozent sein. In Deutschland beträgt die Zeit zwischen der Benachrichtigung der Rettungskräfte und ihrem Eintreffen am Unfallort im Durchschnitt zehn Minuten. Jede Minute, die die Rettungskräfte früher am Unfallort eintreffen, erhöht die Überlebenschancen eines lebensgefährlich Verletzten um zehn Prozent, lautet eine Faustregel.
Jährlich kommen bei Autounfällen in den 28 EU-Mitgliedsstaaten rund 25.000 Menschen ums Leben. Die EU hofft, mit der Einführung von „eCall“ die Zahl der Todesfälle um zehn Prozent zu reduzieren.
Datenschützer hatten während der Gesetzgebungsphase den möglichen Missbrauch der durch „eCall“ übermittelten Daten kritisiert. Das EU-Parlament hatte daraufhin festgelegt, dass nur die – oben genannten – relevanten Unfalldaten übermittelt werden dürfen. Außerdem müssen die Autohersteller gewährleisten, dass alle im Zuge des Unfalls gespeicherten Daten vollständig und dauerhaft gelöscht werden. Darüber hinaus dürfen die Daten Dritten nicht zur Verfügung gestellt werden.
Prüfen kann dies der Autobesitzer nicht. Das Gesetz gilt auch nur für die gesetzlich vorgeschriebene Notfallsystem-Mindestausstattung. Bei zusätzlichen Notfallservices, die viele Herstellern anbieten, muss der Kunde die Bedingungen akzeptieren oder auf den Service verzichten. Allerdings könnte diese "Freiwilligkeit" eines Tages hinfällig werden: In einem Papier, das beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos vorgestellt wurde, schlagen die Internet-Konzerne den Regierungen einen weitreichenden Deal vor: Die Nutzer sollen selbst über ihre Daten bestimmen können. Die Konzerne illustrieren ihre Idee anhand des Reisens: Jemand, der seine Daten beim Grenzübertritt ausdrücklich freigibt, soll schneller durchgewunken werden, während renitente Bürger an einem gesonderten Eingang gefilzt werden. Wie lange ein solch gesonderter Schalter angeboten wird, ist ungewiss. Die Regelung soll bereits 2019 zwischen den Niederlanden und Kanada getestet werden. Ab 2020 soll die weltweite Umsetzung im Reiseverkehr beginnen.
Ähnlich könnte es sich bei den Daten im Auto verhalten: Wenn Versicherungen beispielsweise erklären, Autos nur noch zu versichern, wenn eCall installiert ist, bleibt Datenbewussten nur die Möglichkeit, aufs Autofahren zu verzichten.
Die in Autos vorhandene Technologie bietet die Möglichkeit, viele Informationen über ihre Fahrer zu erhalten. Hersteller und Behörden nutzen dies bereits heute. So können die Hersteller in steigendem Umfang in den Fahrprozess eingreifen. In den USA ist es bereits übliche Praxis, dass die Polizei das Alibi eines Verdächtigen prüft, indem sie das Navi seines Autos ausliest. BMW speichert laut „Auto Motor und Sport“ die Länge gefahrener Strecken, die letzten Ziele des Navigationsgeräts sowie sämtliche Daten, die ein per Bluetooth gekoppeltes Handy hinterlässt. Dazu gehören Namen, Adressen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen und sogar Bilder der im Handy gespeicherten Kontakte. Renault legt Elektrofahrzeuge über Funk still, wenn die Leasing-Raten nicht gezahlt wurden. Und wer sein Fahrzeug während der Garantie-Zeit in die Werkstatt bringt, muss damit rechnen, dass der Hersteller den Datenspeicher des Fahrzeugs ausliest. Die Kosten für die Reparatur übernimmt er nur dann, wenn kein Fahrverhalten feststellbar ist, das das Auftreten des Schadens begünstigt haben könnte.