Finanzen

Ökonom: Federal Reserve wird Zins-Schock am US-Anleihemarkt auslösen

Die Rückkehr der Federal Reserve zu einer normalen Geldpolitik könnte zu einem Zinsschock bei US-Staatsanleihen und zu einer Haushaltskrise in den USA führen.
31.03.2018 19:51
Lesezeit: 2 min

Am Markt für US-Staatsanleihen könnte es Beobachtern zufolge noch im laufenden Jahr zu stark steigenden Zinsen kommen. Der Ökonom und frühere Direktor des Haushaltsgremiums der US-Regierung, David Stockman, rechnet im kommenden Jahr mit einem regelrechten Zinsschock.

Stockman begründete seine Prognose in einem Interview mit dem Sender CNBC mit zwei gegeneinander laufenden Entwicklungen. Zum einen werde die US-Regierung in den kommenden Jahren deutlich mehr Schulden über Staatsanleihen aufnahmen, als sie dies in den vergangenen Jahren getan hat – welche sich bereits durch eine extreme Überschuldung auszeichnete. So werde die US-Regierung unter Donald Trump ab Oktober jährlich etwa 1,2 Billionen Dollar an neuen Schulden aufnehmen.

Das dadurch hervorgerufene größere Angebot an neuen Anleihen wird Stockman zufolge jedoch auf eine sich zurückziehende Nachfrage an den Märkten stoßen.

Der Nachfragerückgang geht insbesondere von der Zentralbank Federal Reserve aus, welche ihre Bilanz verkürzen will, indem sie die Gewinne auslaufender US-Anleihen bereits heute nicht mehr reinvestiert. Zudem wird die Fed ab dem Finanzjahr 2019 – welches im Oktober 2018 beginnt – ihr Anleihen-Portfolio um jährlich 600 Milliarden Dollar aktiv reduzieren.

Daraus ergibt sich theoretisch eine Differenz von 1,8 Billionen Dollar an Anleihen, die im Fiskaljahr 2019 Käufer benötigen.

„Es gibt eine epische monetäre und fiskalische Kollision, die ich in meinem Leben so noch nie gesehen habe und ich bin im Jahr 1970 erstmals Finanzpolitiker in Washington gewesen. Ab Oktober wird die US-Regierung damit beginnen, 1,2 Billionen Dollar an neuen Schulden aufzunehmen. Dies ist eine astronomische Zahl wenn man bedenkt, dass wir uns im zehnten Jahr des Aufschwungs nach der Finanzkrise befinden. Zur selben Zeit fliegt die Fed im Autopilot. Alle sagen, dass sie die Bilanz verkürzen werden und dass sie die Finanzierungsbedingungen zum ersten Mal in 30 Jahren verschärfen wird und sie werden 600 Milliarden an bestehenden Anleihen in die Märkte abstoßen. Sie haben also 1,8 Billionen Dollar an Staatsschulden, die im Finanzjahr 2019 nach einer Heimat suchen“, sagte Stockman.

Weil die Fed als einer der wichtigsten Käufer für US-Anleihen ausfällt, rechnet Stockman mit einem Missverhältnis zwischen steigendem Angebot an Schuldtiteln und abnehmender Nachfrage, welches sich in höheren Zinsen für die Papiere niederschlagen wird. Stockman rechnet damit, dass noch Ende des laufenden Jahres die Zins-Marke von 3 Prozent bei Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit erreicht wird. Im kommenden Jahr dürften sich die Zinsen dann eher Richtung 4 Prozent und sogar darüber bewegen.

Dies wiederum ist ein Problem für die US-Regierung, weil die Zinslast bei steigenden Schulden erhöht wird und zu einer Zahlungsunfähigkeit führen könnte.

Verstärkt wird der Trend dadurch, dass auch die EZB höchstwahrscheinlich als Käufer von US-Anleihen ausfallen wird, weil diese sich bereits zaghaft auf einen Ausstieg aus ihrem eigenen, umstrittenen Anleihe-Kaufprogramm vorbereitet und keine US-Anleihen in signifikantem Umfang kaufen wird.

Von den beiden anderen wichtigen Käufern von US-Anleihen – China und Japan – scheint China zu sehr selbst mit der Abwendung einer Schuldenkrise beschäftigt zu sein, um den von der Fed hervorgerufenen Nachfragerückgang kompensieren zu können.

Letztendlich wird der Zinsanstieg bei gleichzeitig deutlich steigenden Staatsschulden zu einer Haushaltskrise „monumentalem Ausmaßes“ in den USA führen, ist sich Stockman sicher.

Die Renditen für zehnjährige US-Anleihen liegen derzeit bei etwa 2,76 Prozent, nachdem sie vor einigen Wochen auf bis zu 2,9 Prozent gestiegen waren. Im Juni 2016 hatte die Rendite zehnjähriger Papiere mit 1,44 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik 50 Jahre Abkommen von Helsinki – ein Pakt ohne Erbe
09.08.2025

Vor 50 Jahren versprach das Abkommen von Helsinki eine neue Weltordnung aus Kooperation und Respekt. Heute, im Zeitalter hybrider Kriege,...

DWN
Technologie
Technologie Globale Bank-ID: Yubico-Gründerin will Passwörter abschaffen – Milliardenpotenzial für deutsche Firmen
09.08.2025

Die Gründerin von Yubico will mit ihrer Stiftung Siros ein globales, offenes System für digitale Identitäten schaffen – sicher wie ein...

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...