Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Sonntag Reuters zufolge nach einem Telefonat mit seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani gesagt, sollte die Charta der Vereinten Nationen weiter gebrochen werden, „wird dies unvermeidlich zum Chaos in den internationalen Beziehungen führen“. Putin sagte laut TASS in einer Grußbotschaft an die Arabische Liga, Russland sei zu einer engeren Kooperation mit der Arabischen Liga bereit, um die Stabilität in der Region wiederherzustellen. Der syrische Präsident Baschar al-Assad sagte laut TASS, die Kosten des Wiederaufbaus von Syrien würden 400 Milliarden Dollar betragen.
Russland hat auf die Luftschläge der Westmächte bisher nicht mit militärischen Aktionen reagiert. Moskau war vor den Angriffen gewarnt worden. Zwischen den US-Streitkräften und der russischen Armeeführung besteht weiter ein Kommunikationskanal.
Putins Warnung waren moderate Worte des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Rjabkow vorausgegangen. Ryabkow hatte erklärt, auch Moskau sei an einer Zusammenarbeit mit den USA interessiert. Ähnlich äußerte sich Wladimir Ermakow, der Chef der Abteilung für Rüstungskontrolle im Außenministerium. Es bestehe Grund zu der Annahme, dass die Amerikaner nun an Gesprächen interessiert seien, sagte er der Agentur Interfax.
Die USA wollen dagegen den Druck auf Russland erhöhen und haben neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Die Strafmaßnahmen sollen russische Unternehmen treffen, die mit der syrischen Regierung Geschäfte machen, sagte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, am Sonntag im Fernsehsender CBS. Das Finanzministerium in Washington werde die Sanktionen am Montag verkünden und damit auf den angeblichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien reagieren, sagte Haley weiter.
Erst vor wenigen Tagen hatte die US-Regierung harte Sanktionen gegen russische Oligarchen, Regierungsvertreter und Firmen verhängt. Washington begründete die Sanktionen am 6. April allgemein mit "andauernden und immer dreisteren boshaften Aktivitäten der russischen Regierung überall in der Welt".
Haley sagte, Trump habe ihr für den Fall einer „neuen Giftgas-Attacke“ gesagt, die USA seien „schussbereit“. Bisher liegen keine unabhängig überprüfbaren Belege vor, dass die syrische Regierung einen Giftgas-Angriff in Douma geflogen hat. Russland sagt, Großbritannien habe einen solchen inszeniert.
Direkte Gespräche der USA mit Assad schloss sie am Sonntag aus. Syrien habe sich bislang internationalen Verhandlungen als Teil eines von den UN angestoßenen politischen Prozesses verweigert. Nun solle Russland Syrien an den Verhandlungstisch „liefern“. Syrien sei direkte Gespräche mit den USA „nicht wert“, sagte Haley laut Reuters. Haley sagte, die US-Truppen würden sich nicht aus Syrien zurückziehen, bevor „ihre Ziele nicht erreicht“ seien. Sie ließ offen, um welche Ziele es sich handelt. US-Präsident Trump hatte stets erklärt, das einzige Ziel der Truppen-Präsenz sei die Niederschlagung des IS. Dieses Ziel verfolgen auch die syrische Regierung und Russland.
Frankreichs UN-Botschafter François Delattre sagte, nötig sei eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, mit der das „syrische Problem“ dauerhaft gelöst werden könne: „Frankreich arbeitet mit allen Mitglieder des Sicherheitsrates auf dieses Ziel hin.“ Außenminister Jean-Yves le Drian erklärte, hoffentlich verstehe Moskau nun, dass die Anstrengung für einen politischen Prozess in Syrien verstärkt werden müsse. Dies werde von Assad aber blockiert. Deshalb müsse Russland Druck auf ihn ausüben.
Bundesaußenminister Heiko Maas denkt über eine Lösung ohne die Vereinten Nationen nach. Zwar müsste sich eigentlich jeder Lösungsversuch unter deren Dach abspielen, sagte er in der ARD, das habe aber nicht funktioniert, weil man „von den Russen blockiert“ worden sei. Daher werde jetzt nach einem anderen Format mit Staaten gesucht, die sich mit dem Thema ohnehin beschäftigt hätten, um einen neuen Weg zu beschreiten. Maas räumte aber ein, ein Frieden in Syrien ohne Moskaus Einbeziehung sei nicht möglich. Die Ablehnung der UN liegt auf der Linie des neuen Nationalen Sicherheitsberaters des Weißen Hauses, John Bolton. Dieser hatte in den vergangenen Jahren in mehreren Medien die Auffassung vertreten, dass die UN in ihrer aktuellen Form obsolet seien.
Haley teilt Boltons Geringschätzung für die UN: "Ich kenne John Bolton gut. Ich habe Rat von ihm bekommen, ich habe mit ihm gesprochen. Ich kenne seine Verachtung für die UN. Ich teile sie", sagte Haley Anfang April an der Duke University in North Carolina laut dem englischsprachigen Dienst von Reuters.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz brachte eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche von 2015 in Wien ins Gespräch. Damals waren 20 unterschiedliche Gruppen eingebunden.
Russland hatte am Samstag versucht, eine Verurteilung des Luftschlag im UN-Sicherheitsrat zu erreichen, fand dort aber nicht genügend Unterstützer. Moskau hatte den Beschuss „unakzeptabel und gesetzeswidrig“ genannt.
An den Börsen werden zunächst keine Auswirkungen des westlichen Angriffs auf Syrien erwartet. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen die Zahlen der Unternehmen, die in den kommenden Tagen veröffentlicht werden. "Die Investoren haben die Hoffnung, dass die Berichtssaison die Aufmerksamkeit ein wenig auf die fundamentalen Marktdaten zurückverlagern kann", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets der Nachrichtenagentur Reuters.
Anlagestratege Salman Ahmed von der Privatbank Lombard Odier in London sagte Reuters, die Luftschläge dürften keine Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten auslösen. Zu erwarten seien vielmehr moderate Kursreaktionen, da die Angriffe begrenzt gewesen und keine weiteren absehbar seien. "Den Berichten zufolge wurde sorgsam darauf geachtet, dass keine russischen Ziele getroffen wurden", sagte Ahmed. "Das ist ein gutes Zeichen und sollte den Markt ermutigen."
Börsianer sagten voraus, dass zu Wochenbeginn die Preise für Gold und Öl etwas anziehen werden. Größere Einbußen an den Aktien- und Anleihenmärkten seien nicht zu erwarten. Nur im Falle neuer westlicher Angriffe könnte es zu einem Kursrutsch an den Börsen kommen, sagte Frank Benzimra von Societe Generale. An den meisten Aktienmärkten in der Golfregion legten die Kurse am Sonntag zu, so etwa in Saudi-Arabien, Abu Dhabi und Dubai.
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