Deutschland

Deutsche Stahlindustrie fürchtet eine Import-Schwemme

Die deutsche Stahlindustrie könnte von US-Importzöllen indirekt schwer getroffen werden.
27.04.2018 17:04
Lesezeit: 1 min

US-Präsident Donald Trump hat Strafzölle auf Stahl und Aluminium verhängt. Die EU ist davon zwar vorläufig befreit - allerdings gilt diese Ausnahmeregelung bislang nur bis zum 1. Mai. Die deutsche Stahlindustrie befürchtet schwere Zeiten.

Direkt betroffen sind die Stahlhersteller gar nicht so sehr, denn von den gut 40 Millionen Tonnen hier produzierten Walzstahls ging vergangenes Jahr laut Wirtschaftsvereinigung Stahl nur rund eine Million Tonnen in die USA. Damit sind die Vereinigten Staaten aber außerhalb der Europäischen Union dennoch der wichtigste Absatzmarkt für die deutschen Produzenten.

Der Gesamtwert der deutschen Stahlexporte betrug vergangenes Jahr Daten des US-Handelsministeriums zufolge 1,5 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro). Damit steht Deutschland unter den Exportländern an siebter Stelle. Ebenso beim Aluminium - der Warenwert in diesem Bereich betrug aber nur rund 400 Millionen Dollar.

Der gefährlichste Effekt der US-Strafzölle ist laut Wirtschaftsvereinigung Stahl der „Kaskadeneffekt“: Wegen der Abschottung der USA könnten Exporteure verstärkt in die EU liefern. Trump strebt eine Reduzierung der US-Importe um 13 Millionen Tonnen an - von denen könnte ein „erheblicher Teil“ nach Europa kommen.

Zwar zeichnet sich für den größten Stahllieferanten der USA, Kanada, eine Ausnahmeregelung von den Strafzöllen ab - für viele andere aber nicht. Die in der Rangliste folgenden Länder Brasilien, Südkorea und Russland sind laut deutschem Branchenverband auch auf dem europäischen Markt schon gut etabliert. Erhöhen sie ihr Angebot, könnten die hiesigen Stahlpreise, die zuletzt nach jahrelangem Verfall wieder gestiegen waren, deutlich sinken.

Die Hersteller sind vom Preisverfall der vergangenen Jahre durch die globale Überproduktion noch deutlich geschwächt. Ihre Umsatzerlöse in Deutschland gingen laut Branchenverband zwischen 2011 und 2016 von knapp 50 Milliarden auf 35 Milliarden Euro zurück. Die Stahlproduzenten reagierten, indem sie Kosten drückten, fusionierten, Werke modernisierten und Arbeitsplätze abbauten.

Der größte deutsche Stahlhersteller im Jahr 2016 war Thyssenkrupp mit einer Produktion von 12,1 Millionen Tonnen Stahl. Die Essener wollen ihre Stahlsparte mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel verschmelzen. Es folgt der europäische Spitzenreiter ArcelorMittal mit 7,8 Millionen Tonnen Produktionsmenge in Deutschland. Schließlich kommt Salzgitter mit sieben Millionen Tonnen Stahl. Der Konzern hat nach hartem Sparkurs zuletzt wieder gute Erträge erzielte.

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