Politik

Atom-Unternehmen sollen Milliarden-Entschädigung erhalten

Einem Gesetzentwurf des Umweltministeriums zufolge sollen die Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall und RWE bis zu einer Milliarden Euro Entschädigung erhalten.
30.04.2018 17:17
Lesezeit: 1 min

Die Akw-Betreiber Vattenfall und RWE sollen für den Atomausstieg rund eine Milliarde Euro Entschädigung bekommen. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums vor, der statt auf längere Akw-Laufzeiten auf einen finanziellen Ausgleich für die verfallenen Reststrommengen setzt: Diese Ausgaben würden „einen niedrigen einstelligen Milliardenbereich nicht überschreiten, wahrscheinlich jedoch im oberen dreistelligen Millionenbereich liegen“, heißt es im Entwurf.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2016 geurteilt, dass Vattenfall und RWE wegen des Atomausstiegsbeschlusses von 2011 für Reststrommengen entschädigt werden müssen, die ihren Meilern beim ersten Beschluss 2002 zunächst zugeteilt und 2011 wieder gestrichen wurden. Der dritte Kläger Eon hat keinen Anspruch auf Schadenersatz für Reststrommengen, weil er diese laut Urteil zwischen seinen diversen Atomkraftwerken umverteilen kann. Dies gilt auch für den vierten Akw-Betreiber EnBW, der in Karlsruhe aber nicht geklagt hatte.

Die frühere rot-grüne Bundesregierung hatte 2002 den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen und dazu mit den Kraftwerksbetreibern Restlaufzeiten festgelegt. Ende 2010 hob die dann schwarz-gelbe Bundesregierung diesen Konsens auf und verlängerte die Akw-Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre. Nur rund sieben Monate später machte dieselbe Regierung nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima die Laufzeitverlängerungen rückgängig, verfügte die sofortige Abschaltung mehrerer Meiler und legte Abschaltdaten für die anderen fest.

Wie hoch die Entschädigungen für die Akw-Betreiber letztlich ausfallen, soll laut Gesetzentwurf erst Anfang 2023 ermittelt werden. Der Text, der AFP am Montag vorlag, ist nach Angaben des Bundesumweltministeriums derzeit in der Ressortabstimmung. Wann er im Kabinett beraten wird, ist derzeit noch unklar.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Änderung des Atomgesetzes bis Ende Juni diesen Jahres verlangt. Es hatte als Alternative zu Ausgleichszahlungen auch entsprechende Laufzeitverlängerungen für die Kraftwerke oder den Verkauf von Reststrommengen an andere Unternehmen genannt. Beides lehnt das Umweltministerium ab.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...