Politik

Türkei gehört zu den wichtigsten Märkten für den Mittelstand

Die Türkei gehört weltweit zu den wichtigsten Märkten für den deutschen Mittelstand.
12.05.2018 22:32
Lesezeit: 2 min

Dem Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, zufolge gehört die Türkei zu den wichtigsten Märkten für den deutschen Mittelstand. „Die Türkei ist ein für Deutschland wichtiger Wirtschaftspartner. Das gilt selbstverständlich auch für den deutschen Mittelstand. Angesichts dessen, wie eng unsere beiden Länder traditionell verbunden sind, haben die jüngsten politischen Spannungen zu großer Verunsicherung geführt. Gerade mittelständische Unternehmen, die noch nicht über jahrelange Erfahrungen auf dem türkischen Markt verfügen, stufen die Berechenbarkeit des staatlichen Handelns in der Türkei als kritisch ein – und halten sich bei Investitionen zurück. Immerhin könnte die leichte Entspannung im politischen Diskurs den türkischen Markt am aktuellen Rand wieder etwas attraktiver machen“, sagt Treier zu den Deutschen Mittelstands Nachrichten.

Der deutsche Mittelstand konnte Treier zufolge seinen Absatz auf dem türkischen Markt in den vergangenen Jahren steigern. „In Folge der schwachen türkischen Lira in den vergangenen Jahren sind die Produktionskosten vor Ort gesunken. Die Wirtschaft profitierte zudem von den Konjunkturprogrammen der türkischen Regierung. Die starke Konsumneigung der Bevölkerung wurde damit noch befördert. Die Umsätze dieser überwiegend in den höherwertigen Industrien angesiedelten Firmen wuchsen so bisweilen deutlich. Hingegen verzeichneten die deutschen Exporteure einen merklichen Nachfragerückgang. Allein im ersten Halbjahr 2017 sind unsere Exporte um 10 Prozent gesunken. Dieser Trend hat sich in der 2. Jahreshälfte abgeschwächt, dennoch blieben die Exporte im Gesamtjahr 2017 hinter den Erwartungen zurück. Auch der Jahresbeginn 2018 lässt – wenn überhaupt – nur einen vorsichtigen Optimismus für die deutschen Exporte in die Türkei zu.“

Mehr als 6.500 Unternehmen

Treier zufolge ist Deutschland mit mehr als 6.500 Unternehmen in der Türkei vertreten. Hiervon ist je ein Drittel in den Bereichen Produktion, Handel und Dienstleistungen tätig. Die überwiegende Mehrzahl der deutschen Investitionen – über 90 Prozent – kommen aus dem Mittelstand.

Zur Frage möglicher Sanktionen gegen die Türkei äußert sich Treier vorsichtig. Grundsätzlich gelte beim Thema Sanktionen das Primat der Politik. Klar sei jedoch, dass das Verhängen von Wirtschaftssanktionen negative Folgen für die Geschäftschancen deutscher Unternehmen auf dem türkischen Markt hätte. Deutsche Unternehmen beschäftigen über 120.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Land und haben einen Kapitalstock von knapp 10 Milliarden Euro aufgebaut. Im Falle einer Verschlechterung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen stünde somit einiges auf dem Spiel. Wirtschaft bringt Menschen zusammen und liefert Kommunikationswege. Sanktionen würden der Politik diesen Zugang erschweren.

Die seit 1996 geltende Zollunion zwischen der EU und der Türkei nutze grundsätzlich beiden Partnern: Sowohl türkische als auch deutsche Unternehmen können ihre Produkte zollfrei absetzen. Allerdings gibt es für viele Waren bei der Einfuhr in die Türkei Genehmigungs-, Zertifizierungs- oder Registrierungspflichten zu beachten – beispielsweise bei Lebensmitteln, Medikamenten, chemischen Erzeugnissen und Maschinen. Ob ein Mittelständler von der Zollunion profitiert oder nicht, hängt also stark davon ab, welches Produkt er in die Türkei exportiert. Zudem gibt es aktuell auch Aufweichungen der bestehenden Zollunion-Regelungen durch die türkische Seite. An den deutsch-türkischen Handelsbeziehungen geht dies nicht spurlos vorbei.

Anreize für ausländische Investoren

Treier zufolge sind die grundlegenden Parameter des türkischen Marktes aus Sicht der deutschen Wirtschaft sehr gut: Die Türkei verfügt über eine große und junge Bevölkerung. Der Binnenkonsum ist ein wesentlicher Wachstumstreiber der türkischen Wirtschaft und bietet auch in Zukunft große Chancen für deutsche Unternehmen. Die Fachkräfte vor Ort machen die Türkei für produzierende deutsche Unternehmen interessant. Darüber hinaus bietet auch die geografische Lage der Türkei, also die Nähe zu zahlreichen weiteren Absatzmärkten, Perspektiven. Wenn die türkische Regierung zudem weiter ihr Ziel verfolgt, Anreize für ausländische Investoren zu schaffen – beispielsweise mit Steuererleichterungen bei Technologieinvestitionen oder Zuwendungen für Forschung und Entwicklung – seien die Aussichten auf dem türkischen Markt durchaus positiv.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...