Unmittelbar nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat der Verein «Noyb» erste Anzeigen gegen Google und Facebook wegen «Zwangszustimmungen» auf den Weg gebracht. Unter anderem will der Verein bei der Hamburger Datenschutzbehörde klären lassen, ob der zu Facebook gehörende Messengerdienst WhatsApp mit seinen Einwilligungserklärungen gegen die DSGVO verstößt. «Diese ersten Beschwerden werden auch eine erste Nagelprobe für das Gesetz sein», teilte der von dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems gegründete Verein am Freitag mit.
Die Folgen für die Internet-Giganten dürften überschaubar bleiben, weil die Technologie-Unternehmen über schier unerschöpfliche finanzielle Mittel für Rechtsstreitigkeiten verfügen. Kleine und mittlere Unternehmen werden die Entwicklung dagegen mit Sorge zur Kenntnis nehmen, weil die Rechtssprechung für sie im selben Maß gilt wie für die Internet-Multis. Es ist also denkbar, dass die DSGVO und die mit heutigem Tag einsetzende Rechtssprechung am Ende das Oligopol der Großen stärkt, weil kleine und mittlere Unternehmen wegen der hohen Risiken sowie signifikanter Rechts- und Beratungskosten sowie des enormen bürokratischen Aufwands aus dem Markt gedrängt werden könnten.
Mit seinen Klagen will «Noyb» dagegen vorgehen, dass die Dienste teils generelle Zustimmungen unter «Zwang» verlange, ohne die die Dienste überhaupt nicht genutzt werden können. «Es ist simpel: Für alles, das strikt notwendig für einen Dienst ist, braucht man keine Zustimmungsbox. Für alles andere muss der Nutzer frei ja oder nein sagen können», sagte Schrems.
Dieses Problem haben auch alle kleinen Anbieter, von denen viele glauben, dass es bei der DSGVO nur um die großen Konzerne gehe. Die EU-Politiker sowie Justizministerin Katharina Barley haben die Verordnung zuletzt in höchsten Tönen als Meilenstein des Datenschutzes gepriesen.
De facto wirft die Regulierung die europäische Digitalwirtschaft in die Steinzeit zurück und festigt in vielen Bereichen die dominanten Positionen der eingesessenen Platzhirschen. Für kleine und mittlere Unternehmen dagegen besteht teilweise die Notwendigkeit, auf traditionelle Wege wie den Postweg zurückzukehren. So haben sich nach Informationen der Deutschen Wírtschaftsnachrichten zahlreiche Unternehmen aus dem Anwalts-, Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer entschieden, keine Kommunikation mit ihren Klienten mehr per Email zu führen.
Wegen ähnlicher Vorwürfe wie gegen Facebook geht Schrems in Frankreich gegen Googles Android-System, in Belgien gegen Facebooks Foto- und Videodienst Instagram sowie in Wien gegen das soziale Netzwerk Facebook vor. Sehr ähnliche Beschwerden zeitgleich bei vier Behörden sollen die Koordination erleichtern, hieß es. Neben den Behörden am Sitz von Betroffenen will sich der Verein voraussichtlich auch an die irische Datenschutzbehörde wenden, da der Unternehmenssitz in drei Fällen in Irland liege.
Der Wiener Aktivist Schrems hatte bereits mit mehreren Datenschutz-Verfahren Furore gemacht. 2015 kippte der Europäische Gerichtshof nach Schrems Klage das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen der EU zur Datenübertragung in die USA.