Politik

Krisen-Sitzung der Union zum Konflikt um Merkels Asyl-Politik

In der Asyl-Politik spitzt sich der Konflikt zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer zu.
14.06.2018 00:41
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer haben bei einer Krisen-Sitzung keinen Durchbruch in ihren Bemühungen zur Entschärfung des Asylstreits erzielt. Das meldet die dpa am frühen Donnerstagmorgen unter Berufung auf Teilnehmerkreise. Unklar blieb zunächst, wann die beiden Parteivorsitzenden erneut zu Verhandlungen zur Asyl-Politik zusammenkommen würden. An diesem Donnerstag trifft Merkel Seehofer während der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Offen blieb zunächst auch, ob und wann die Unionsfraktion über den Stand der Verhandlungen informiert werden soll.

Merkel und Seehofer hatten am späten Mittwochabend nach zweieinhalb Stunden ihre Beratungen über einen Kompromiss im Asylstreit beendet. Ob es bei dem Treffen Fortschritte gab oder eine Einigung erzielt wurde, ist unbekannt - die Teilnehmer hatten Stillschweigen vereinbart. An der Krisenrunde im Kanzleramt in Berlin nahmen auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Hessens Regierungschef Volker Bouffier und Kanzleramtsminister Helge Braun (beide CDU) teil.

Die Unionsfraktion könnte an diesem Donnerstag oder am Freitagvormittag in einer Sondersitzung über den Stand der Beratungen informiert werden - die Abgeordneten von CDU und CSU verlangen von der Unionsspitze eine rasche Lösung der Auseinandersetzung, am besten noch diese Woche.

In der CDU wächst der Widerstand gegen Merkels Politik: Mehrere Abgeordnete hatten sich in den vergangenen Tagen dem Kurs Seehofers angeschlossen.

Bei dem Streit geht es um einen von 63 Punkten in Seehofers sogenanntem Masterplan für die künftige deutsche Asylpolitik. Der CSU-Chef will Flüchtlinge, die etwa schon in anderen EU-Ländern per Fingerabdruck registriert sind, direkt an der Grenze zurückweisen können, und setzt damit auf eine eher nationale Lösung. Merkel warnt vor nationalen Alleingängen und beharrt darauf, den «Masterplan» in einen europäischen Gesamtkontext einzubinden.

Sowohl Söder als auch Bouffier haben in diesem Jahr Wahlkämpfe vor sich, auch deswegen dürften sie in die Lösung der Asylstreitigkeiten einbezogen sein. In Bayern wird am 14. Oktober gewählt, in Hessen am 28. Oktober.

Aus der Unionsfraktion kam die Forderung, den Streit mit einer internen Kampfabstimmung zu klären. «Bei der entscheidenden Frage, ob wir an der deutschen Grenze einzelne Personengruppen zurückweisen, wird es keinen Kompromiss geben können, da gibt es nur Ja oder Nein», sagte der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten der «Augsburger Allgemeinen». Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer sagte «Bild»: «Seit 2015 diskutieren wir über dieses Thema. Irgendwann muss man Entscheidungen treffen, notfalls auch mit einer Vertrauensfrage.»

Der Europapolitiker Gunther Krichbaum schlägt in dem Konflikt einen Kompromiss vor. «Die Bundeskanzlerin sollte auf dem Gipfel Ende Juni eine Frist von einem Jahr setzen. Wenn es bis dahin kein einheitliches, europäisches Asylsystem gibt, das auch funktioniert, müssen die nationalen Maßnahmen ergriffen werden, die Seehofer vorschlägt», sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag der «Saarbrücker Zeitung» (Donnerstag). «Das bedeutet dann auch Zurückweisungen an unseren Grenzen.»

In einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin am Dienstagabend hatte Merkel nach Angaben von Teilnehmern bei den Wortmeldungen keine sichtbare Unterstützung für ihre Kritik an Seehofers Plänen erhalten.

Österreichs Kanzler Kurz hatte zuvor bekräftigt, während der am 1. Juli beginnenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft dafür sorgen zu wollen, dass die europäischen Außengrenzen im Kampf gegen illegale Migration nach Europa besser geschützt werden. Dazu setze er auf eine «Achse der Willigen». Er nannte in erster Linie Rom, Wien und Berlin. Im deutschen Innenminister sehe er hier einen wichtigen Partner. Dies setzte Merkel zusätzlich unter Druck.

Merkel, die am Vortag mit Kurz zusammengetroffen war, reagierte zurückhaltend auf diese Forderung. Sie bekräftigte, dass sie eine gemeinsame europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik anstrebe. Es gebe Länder wie Italien, Griechenland oder Spanien, die besonders von der Ankunft von Flüchtlingen betroffen seien. Daher müsse es mehrere Kooperationsmöglichkeiten geben.

Der Unionsstreit überschattete auch den Integrationsgipfel im Kanzleramt am Mittwoch. Seehofer nahm nicht teil und begründete seine Absage beim Integrationsgipfel damit, dass er sich über einen Artikel der Journalistin Ferda Ataman geärgert habe, der ihn in die Nähe nationalsozialistischen Gedankenguts gebracht habe. Ataman nahm an der abschließenden Pressekonferenz teil.

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