Finanzen

Nord Stream 2 will Dänemark umgehen

Aufgrund eines möglichen dänischen Vetos prüfen die Betreiber des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 einen anderen Streckenverlauf.
10.08.2018 23:44
Lesezeit: 2 min

Russland hat im Streit um ein Mitspracherecht der EU beim Bau von Gasleitungen zum Export nach Europa eine Niederlage erlitten. Die Welthandelsorganisation (WTO) entschied am Freitag in Genf, dass EU-Regelungen zur Trennung von Transport und Verkauf des Gases grundsätzlich auch für Pipelines aus Russland gelten. Gegen die WTO-Entscheidung kann innerhalb von 60 Tagen Berufung eingelegt werden.

Seit Jahren streiten die EU-Kommission und Russland darüber, ob das sogenannte dritte Energiepaket auch für Pipelines aus Russland gilt. Den EU-Regelungen zufolge müssten die Rohre grundsätzlich auch für Gaslieferungen anderer Anbieter zur Verfügung stehen, was Russland und sein Gaskonzern Gazprom ablehnen. Deutschland hatte argumentiert, das Paket gelte für Leitungen zwischen EU-Staaten.

Welche Auswirkung das WTO-Urteil auf das umstrittene Projekt Nord Stream 2 hätte, ist unklar. Die Leitung führt durch die Ostsee, wo internationales Recht gilt, und trifft erst in Deutschland auf EU-Boden. Das Projekt ist zu großen Teilen fertiggestellt. Dahinter stehen neben dem russischen Gazprom-Konzern, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll, fünf europäische Unternehmen. Darunter sind die BASF-Tochter Wintershall sowie die E.ON-Abspaltung Uniper

Das Beratungsunternehmen Brunswick, das nach eigenen Angaben auch für Nord Stream 2 tätig ist, erklärte am Freitagabend, das Urteil betreffe Nord Stream 2 nicht.

Angesichts der Ungewissheit über ein dänisches Veto plant das Betreiberkonsortium der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 dennoch eine andere Route. Weil eine Stellungnahme des Außenministeriums in Kopenhagen seit Monaten überfällig sei, würden Alternativen für die Streckenführung ohne Berührung dänischer Gewässer geprüft, teilte das Konsortium am Freitag mit. Geprüft werde eine 175 Kilometer lange Strecke, die nordwestlich der Insel Bornholm verlaufen solle.

Dänemark hat noch nicht entschieden, ob es einer Leitungsführung durch seine Gewässer zustimmen wird. Die Regierung hat eine Abstimmung über ein Vetogesetz im Parlament verschoben. Sollte es angenommen werden, könnten die Parlamentarier unter Hinweis auf Sicherheitserwägungen ein Veto gegen das Projekt einlegen. Wie in anderen europäischen Ländern spielen neben Umweltaspekten vor allem geostrategische Überlegungen eine Rolle.

Dänemark ist einer der engsten Verbündeten der USA und der Nato und hat seine Politik in den vergangenen Jahren immer eng mit den transatlantischen Interessen abgestimmt.

So will die Regierung in Kopenhagen verhindern, dass die Ukraine als bisheriges Transitland beim Gasgeschäft leer ausgeht. Wie Deutschland auch fordert Dänemark deshalb von Russland Zusagen, dass die Ukraine durch Nord Stream 2 nicht die Transitgebühren verliert.

Die Pipeline soll zusätzliches Erdgas von Russland über Deutschland nach Westeuropa liefern. Polen und die Ukraine sind strikt gegen den Bau, weil sie um Einnahmen durch die bisherigen Transitpipelines fürchten. Polen will selbst ein wichtiges Verteilerzentrum für Erdgas in Europa werden.

Auch die USA lehnen den Bau der Pipeline eines Firmenkonsortiums unter Führung des russischen Gaskonzerns Gazprom ab, weil sie ihren Einfluss auf dem europäischen Markt für Flüssiggas (LNG) ausbauen wollen.

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