Der scheidende Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen wird vermutlich doch nicht Sonderbeauftragter im Bundesinnenministerium. Wie Ministeriumssprecher Sören Schmidt am Sonntagabend laut Reuters sagte, prüft sein Ressort jüngste Äußerungen Maaßens. Im Kern gehe es um eine Abschiedsrede, die der 55-Jährige im Oktober beim Treffen der Chefs der europäischen Inlandsgeheimdienste gehalten habe. Das Manuskript dazu sei auch im Intranet des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) verbreitet worden. Darin seien massive Kritikpunkte enthalten gewesen. "Nach Abschluss der Prüfung wird Herr Minister Seehofer die notwendigen Konsequenzen ziehen", sagte Schmidt. Eine Entscheidung werde Anfang der Woche fallen.
Maaßen soll laut Spiegel gesagt haben. Teile der Bundesregierung hätten sich nach seinen Äußerungen zu den Vorgängen in Chemnitz auf ihn fokussiert, um dadurch die Regierung platzen zu lassen.
In der Rede, die er am 18. Oktober in Warschau im Rahmen des "Berner Clubs" vor den Chefs der europäischen Inlandsgeheimdienste gehalten habe und die anschließend im BfV-Intranet zu lesen gewesen sei, sagte er dem Blatt zufolge: Es gebe in der Bundesregierung "linksradikale Kräfte" – also beim Unionskoalitionspartner SPD – die von Beginn an gegen die Regierung gewesen seien und die in Kooperation mit Teilen der Opposition und der Medien versucht hätten, ihn als Vehikel zum Bruch der Koalition zu benutzen. Weiterhin habe Maaßen dem Manuskript zufolge gesagt, er sei für diese Kräfte schon immer unliebsam gewesen, weil er die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung stets kritisiert habe.
Bundesinnenminister Horst Seehofer selbst sagte in München, er könne im Moment zur der Sache nichts sagen. Er kündigte aber an, er werde am Montag in Berlin sein und deshalb nicht an der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags in Bayern teilnehmen.
Worauf sich Maaßens Kritik genau bezog, blieb zunächst unklar. In Medien war von Kritik an Teilen der Koalition zu lesen. In Sicherheitskreisen hieß es, Maaßens Rede vor seinen europäischen Kollegen sei stark politisch gewesen. Das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) fordere in einem Beschluss daher, die Rede zu bekommen.
Maaßen musste seinen Posten räumen, nachdem er Zweifel an einem Video der Antifa Zeckenbiss geäußert hatte. Stattdessen sollte er im Innenministerium Sonderbeauftragter für europäische und internationale Aufgaben werden. Die wochenlangen Diskussionen über seine Zukunft hatten zu einem heftigen Streit innerhalb der großen Koalition geführt, der fast zum Bruch des Bündnisses geführt hatte.
Auch über Maaßens Nachfolge an der Spitze des BfV gibt es noch keine offizielle Entscheidung.