Politik

EU weiß nicht, was Erdogan mit Flüchtlings-Milliarden gemacht hat

Lesezeit: 2 min
13.11.2018 11:41
Der EU-Rechnungshof kann nicht nachvollziehen, ob alle Gelder aus den Milliarden-Hilfen an die Türkei wirklich für die Flüchtlingshilfe verwendet wurde.
EU weiß nicht, was Erdogan mit Flüchtlings-Milliarden gemacht hat

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der Rechnungshof der Europäischen Union hat den Umgang der Türkei mit Hilfsgeldern für Flüchtlinge kritisiert. Ein Bericht vom Dienstag stellte zwar fest, dass die Gelder an Flüchtlinge gingen. Allerdings sei nicht absolut sicher, dass ihnen die gesamte Summe zugute komme. Die Rechnungsprüfer befassten sich mit einer Anfangshilfe in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für etwa vier Millionen größtenteils syrische Flüchtlinge in der Türkei.

Der Rechnungshof schreibt:

"Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei ist die Antwort der EU auf die Forderung des Europäischen Rates nach erheblichen zusätzlichen Mitteln zur Unterstützung von Flüchtlingen in der Türkei. Es ist ein Mechanismus zur Koordinierung und Straffung der Hilfe der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Bei unserer Prüfung wurde geprüft, ob die Fazilität die Flüchtlinge in der Türkei wirksam unterstützt hat, indem sie sich auf die Verwaltung der Fazilität und die bisher im humanitären Bereich erzielten Ergebnisse konzentrierte. Wir fanden heraus, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei in einem schwierigen Umfeld rasch 3 Mrd. EUR aufgebracht hat, um rasch auf die Flüchtlingskrise zu reagieren. Ihr Ziel, diese Reaktion wirksam zu koordinieren, wurde jedoch nicht vollständig erreicht. Die geprüften Projekte unterstützten die Flüchtlinge hilfreich. Die meisten von ihnen haben ihre Ziele erreicht, aber die Hälfte von ihnen hat ihre erwarteten Ergebnisse noch nicht gebracht. Darüber hinaus haben wir Raum für die Effizienzsteigerung von Cash-Assistance-Projekten identifiziert. Wir kommen daher zu dem Schluss, dass die Fazilität wirksamer hätte sein können und ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielen hätte können."

Die Flüchtlingshilfe ist Teil eines von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingefädelten Deals der EU mit der Türkei vom März 2016. Darin sagte Ankara zu, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Im Gegenzug versprach die EU, für jeden aus Griechenland zurückgebrachten Syrer einen anderen aufzunehmen.

Von allem Anfang an war unklar, wie die Verwendung der europäischen Steuergelder kontrolliert werden sollte.

Der Deal wurde geschlossen, um Flüchtlinge und Migranten davon abzuhalten, nach Europa zu gelangen. Die Türkei gibt an, dass sich mehr als zwei Millionen Flüchtlinge auf ihrem Territorium befinden.

Die EU sagte Ankara zudem sechs Milliarden Euro für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Türkei zu. Die Hälfte dieser Mittel ist bereits aufgebraucht. Der Rechnungshof forderte die EU-Kommission auf, bei der zweiten Tranche in Höhe von drei Milliarden Euro von Ankara mehr Transparenz in Bezug auf die Mittelverwendung zu verlangen.

Bettina Jakobsen, Mitglied des Rechnungshofs, sagte am Dienstag in Brüssel: "Wir können zwar sagen, dass das Geld für Flüchtlinge verwendet worden ist, aber wir können nicht konkret sagen, dass alles Geld dorthin gegangen ist. Es besteht ein Risiko." Die Situation sein "ernst", zitiert der EUObserver Kakobsen.

In dem Bericht heißt es, dass die Empfänger der Hilfen nach ihrer Registrierung nicht zu identifizieren seien, weil sich die türkischen Behörden aus Datenschutzgründen weigerten, Namen oder die Art der Zuwendungen zu nennen. Eine derartige Weigerung habe es zuvor nicht gegeben, erklärte Bettina Jakobsen, die seit drei Jahren für den Rechnungshof arbeitet. An den Hilfsprojekten beteiligte UN-Einrichtungen und andere Organisationen hätten die Mängel jedoch durch interne Kontrollen eindämmen können.

Die Rechnungsprüfer weisen auf Differenzen zwischen der EU-Kommission und der türkischen Seite bei Projekten zur Wasserversorgung sowie zur Abwasser- und Müllbeseitigung hin. Die meisten Flüchtlinge sind nicht in Lagern untergebracht, sondern leben in verschiedenen Städten.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die "Effizienz humanitärer Projekte verbessert" werden könne. Er kritisiert, dass die EU-Kommission "nicht kohärent und umfassend" geprüft habe, ob die für Hilfsprojekte veranschlagten Kosten begründet seien.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...