Politik

Türkei: Wirtschaft fordert mehr Autonomie für Regionen

Der türkische Industrieverbands TÜSIAD verlangt mehr Autonomie für die Regionen in der Türkei. Das Wort "Türkentum" sei aus der Verfassung zu streichen.
25.12.2018 18:19
Lesezeit: 1 min

Aus einer Studie des größten türkischen Industriellenverbands TÜSIAD geht hervor, dass die "nationale Souveränität der Türkei" an supranationale Organisationen und an das internationale Recht gekoppelt sein soll. Die "nationale Souveränität" der Türkei sei bei Bedarf mit den supranationalen Organisationen zu teilen.

TÜSIAD fordert, dass die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung, das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen umgesetzt werden soll. Einige Provinzen seien im Hinblick auf die soziologische und geographische Struktur zusammenzufassen (Kurden im Südosten der Türkei, Anm. d. Red.)

Während den einzelnen Provinzen mehr Zuständigkeiten zugebilligt werden sollen, soll es gleichzeitig einen Transfer der Steuergelder von "reichen" Provinzen (West-Türkei, Anm. d. Red.) in die "ärmeren" Provinzen (Südost-Türkei, Anm. d. Red.) geben. Gleichzeitig soll den Provinzen zugestanden werden, dass sie beispielsweise ihre Bildungspolitik, Gesundheitspolitik, Baupolitik, Kulturpolitik "und so weiter" selbst bestimmen. Im Bereich der Bildungspolitik sollen beispielsweise die "kulturellen Eigenheiten" der Region maßgeblich sein.

Bei der Bezeichnung der staatsbürgerlichen Zugehörigkeit soll nach Wunsch von TÜSIAD das Wort "Türkentum" entfernt werden. Stattdessen soll festgelegt werden, dass die Staatsbürgerschaft das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Staat ausschließlich auf einer verfassungsmäßigen Ebene umschreibt. Allen anderen Identitäten außerhalb des "Türkentums" soll ein "Recht" eingestanden werden. Der Kemalismus als staatstragende "Ideologie" soll entfernt werden. Stattdessen sei dem Staatsgründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, lediglich ein "Dank" für seine Errungenschaften auszusprechen.

Das Kopftuchverbot an den Hochschulen, im Parlament und in einigen anderen Bereichen der öffentlichen Institutionen sei vollständig aufzuheben.

Die kulturellen Rechte als eigenständige Rechtsgruppe sei in die Verfassung zu implementieren.

Die "Demokratie" sei auf einer regionalen Ebene umzusetzen. Den Regionen seien mehr Zuständigkeiten zuzubilligen. Dies werde sich nach Angaben von TÜSIAD positiv auf die "Lösung des Kurdenproblems" auswirken. In diesem Zusammenhang müsse die Aufweichung des Einheitsstaats zu einer "Diskussion" führen, um die Türkei in einen "Staat" mit verschiedenen "Provinzen" umzufunktionieren.

Der Nationale Sicherheitsrat sei als verfassungsmäßige Institution abzuschaffen.

Die Forderungen von TÜSIAD zielen auf die Beschneidung der Kompetenzen der Zentralregierung ab, um in den türkischen Provinzen, insbesondere im Südosten der Türkei, den Weg für eine Selbstverwaltung zu ebnen. Diese Forderung deckt sich mit dem Ziel der aktuellen türkischen Regierung und des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der die Türkei in Bundesstaaten aufteilen lassen will.

Allerdings spricht sich TÜSIAD gegen ein Präsidialsystem aus. Der Verband will am parlamentarischen System festhalten, verlangt jedoch eine Aufhebung der Zehn-Prozent-Hürde.

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