Finanzen

Kein Vertrauen: Schuldenmachen wird für Italien teurer

Die Risiko-Aufschläge italienischer Staatsanleihen steigen. Die politisch brisante Volksabstimmung Anfang Dezember weckt Zweifel bei den Investoren, wohin das Land steuert.
05.10.2016 02:00
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Renditen italienischer Staatsanleihen sind im September deutlich gestiegen. Hintergrund scheint eine verstärkte Verunsicherung bei Investoren im Hinblick auf das Anfang Dezember stattfindende Referendum zu sein, berichtet Bloomberg. Vordergründig geht es dabei um eine Reform der Mitbestimmungsrechte des Senats. Tatsächlich jedoch könnte sich das politische Schicksal von Ministerpräsident Matteo Renzi an dem Votum entscheiden, falls es der oppositionellen 5-Sterne-Bewegung gelingt, eine Mehrheit der Italiener zu einem „Nein“ zu mobilisieren.

Die 5-Sterne-Bewegung hatte zuletzt Aufsehen erregt, nachdem sie die Bürgermeisterwahlen in Rom für sich entscheiden konnte. „Was Italien betrifft, so beachten Investoren vor allem das Referendum und die Märkte beginnen sich mit einer Niederlage Renzis zu beschäftigen, welche zu politischen Verwerfungen führen könnte“, wird ein Analyst der französischen Großbank BNP Paribas von Bloomberg zitiert.

Bemerkenswert ist, dass sich am Anleihemarkt innerhalb der südlichen Euro-Staaten inzwischen unterschiedliche Entwicklungen ergeben haben. „Spanien konnte Italien und Portugal in den vergangenen Wochen deutlich hinter sich lassen. Dies liegt vor allem daran, dass Italien und Portugal ihre eigenen Risiko-Ereignisse haben. Spanien hingegen hat sich davon abgekoppelt“, sagte ein Anleihe-Stratege der niederländischen ING-Bank.

Italienische zehnjährige Anleihen rentieren derzeit mit 1,25 Prozent, wohingegen spanische zehnjährige Papiere nur noch eine Rendite von 0,93 Prozent aufweisen. Bis Juni wiesen spanische Anleihen noch eine höhere Rendite auf, wurden am Markt also als ausfallgefährdeter als die italienischen Pendants eingestuft. Vergleichbare portugiesische Anleihen rentieren mit rund 3,3 Prozent.

Anleger reißen sich unterdessen um eine 50 Jahre laufende Anleihe Italiens. Für das Papier gingen Bestellungen im Volumen von 16,5 Milliarden Euro ein. Damit war der Bond nach Angaben vom Dienstag fünfeinhalbfach überzeichnet – obwohl sich die italienischen Banken in einer schweren Krise befinden und die Regierung des Landes vor einem Verfassungsreferendum steht, das Ministerpräsident Matteo Renzi stürzen könnte.

Analysten führten das große Interesse an dem ultralang laufenden Bond auf das Anleihe-Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück. Investoren wetteten darauf, dass die Zentralbank das Programm Ende dieses Jahres auf Wertpapiere mit Laufzeiten über 30 Jahre vergrößert. „Wir glauben, dass die EZB im Dezember oder schon vorher den Horizont für den Kauf der Anleihen ausweitet“, sagte Portfoliomanager Brian Tomlinson von Allianz Global Investors.

Die EZB erwirbt seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere, um die anhaltend niedrige Inflation im Währungsraum nach oben zu treiben. Mittlerweile hat sie Bonds im Volumen von mehr als einer Billion Euro aufgekauft. Bislang sind die Laufzeiten für den Aufkauf auf zwei bis 30 Jahre begrenzt.

Die von Italien nun emittierte Anleihe läuft bis März 2067. Die niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten laden immer mehr staatliche Schuldner dazu ein, Anleihen mit ungewöhnlich langen Laufzeiten zu emittieren. In diesem Jahr haben bereits Spanien, Frankreich und Belgien 50 Jahre laufende Anleihen herausgebracht. Irland kam sogar mit einem 100-jährigen Bond an den Markt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...