Politik

Brasilien: Neue Regierung erwägt Einrichtung von US-Stützpunkt

Lesezeit: 5 min
05.01.2019 17:59
Brasiliens Präsident Bolsonaro will den USA einen Militärstützpunkt geben. Er bevorzugt die USA statt China als militärischen und wirtschaftlichen Partner.
Brasilien: Neue Regierung erwägt Einrichtung von US-Stützpunkt

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Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro hat sich offen für eine Militärbasis der USA in seinem Land gezeigt, meldet die Nachrichtenagentur AFP. "Wer weiß, ob wir diese Frage nicht in Zukunft diskutieren müssen, abhängig davon, was passiert in der Welt", sagte er am Donnerstag in einem TV-Interview auf eine entsprechende Frage. Dass Russland im benachbarten Venezuela den linksgerichteten Präsidenten Nicolas Maduro unterstütze, sei eine besorgniserregende Entwicklung und habe zu Spannungen in der Region geführt. Bolsonaro, der das Präsidentenamt am Dienstag übernommen hat, bekräftigte, dass Brasilien in Südamerika eine Vormachtstellung beanspruche.

In Sao Paulo befindet sich bereits das US Naval Support Detachment. Die Einrichtung gehört zur 4. Flotte der US Navy, die für den Südatlantik und die Karibik zuständig ist, und ist der US-Gerichtsbarkeit unterstellt. Das Office of Naval Research Global Sao Paulo, Brazil (ONR Global Sao Paulo) befindet sich im US-Generalkonsulat in Sao Paolo. Das ONR Global Sao Paulo hat die Aufgabe die Zusammenarbeit zwischen den USA und Brasilien in den Bereichen  Wissenschaft und Technologie (W & T) und Forschung zu intensivieren.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, wie wichtig die militärischen Beziehungen zwischen den USA und Brasilien sind, antwortete US-Oberstleutnant Christopher Logan vom Office of the Secretary of Defense (OSD) des US-Verteidigungsministeriums: "Die Zusammenarbeit unserer Militärs ist heute enger als zu irgendeinem Zeitpunkt in über 30 Jahren. Wir betrachten Brasilien als einen strategischen Partner und möchten unsere lebendige Beziehung weiter stärken. Dies wird durch jährliche Treffen der bilateralen Arbeitsgruppen der Verteidigungsministerien, bilaterale Mitarbeitergespräche zwischen unseren Diensten und einem politisch-militärischen Dialog unterstützt. Wir schätzen unsere reife Partnerschaft mit Brasilien, wie dies durch die Unterzeichnung des Abkommens über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (APR 2015), eines Übereinkommens über allgemeine Sicherheitsinformationen für das Militär (NOV 2015) sowie eines Abschluss- und Übernahmevertrags (Mai 2018) belegt wird. Wir unterstützen die nationale Verteidigungsstrategie Brasiliens. Wir möchten im 21. Jahrhundert die Grundlagen einer vertieften, auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen basierenden Partnerschaft festigen."

Bolsonaro setzt auf eine Annäherung zu den USA. Die sozialistische Vorgängerregierung hatte dagegen auf enge Beziehungen zwischen den Ländern Südamerikas gesetzt und war einige Male mit den USA aneinandergeraten.

Der brasilianische Sicherheitsberater General a.D. Augusto Heleno bekräftigte, dass Brasilien wie die USA die Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlagern wolle. Logistische Gründe behinderten den Umzug allerdings. "Es gibt den klaren Wunsch, dass das passiert, aber es gibt noch keine Entscheidung über ein Datum", sagte Heleno. In Brasilien ist die mächtige Agrarindustrie gegen die Verlagerung. Sie befürchtet, dass der Schritt arabische Kunden verärgern könnte, die jedes Jahr von Brasilien Fleisch für Millionen Dollar kaufen, das nach islamischem Ritus geschlachtet worden ist. Inzwischen wurde der Umzug von Präsident Bolsonaro endgültig beschlossen, wie AFP berichtet.

Handel zwischen USA und Brasilien

Brasilien ist die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt und die USA sind der zweitgrößte Handelspartner Brasiliens. Der bilaterale Handel belief sich 2016 auf 88,2 Milliarden US-Dollar, berichtet das US-Außenministerium in einer Mitteilung. Die USA  hatten 2016 einen Handelsüberschuss von 22,3 Milliarden US-Dollar gegenüber Brasilien. Die Hauptimportgüter Brasiliens aus den USA sind Flugzeuge, Maschinen, Mineralölerzeugnisse, Elektronik sowie optische und medizinische Instrumente. Die USA sind der zweitgrößte Exportmarkt Brasiliens. Die Hauptexportprodukte sind Rohöl, Flugzeuge, Eisen und Stahl sowie Maschinen. Nach Angaben des U.S. Bureau of Economic Analysis hatten die USA im Jahr 2016 64,4 Milliarden Dollar in Brasilien investiert, während Brasilien in den USA 36,9 Milliarden Dollar investiert hatte. Die brasilianischen Investitionen in den USA unterstützen mehr als 74.200 Arbeitsplätze. Im Januar 2016 gründeten das Patent- und Markenamt der USA und die brasilianische Patent- und Markenagentur INPI das Programm "Patent Prosecution Highway" (PPH), ein schnelles Prüfungsabkommen, das es den Patentämtern ermöglicht, das Arbeitsprodukt des anderen zu nutzen.

USA haben Interesse an Brasiliens Staatsunternehmen

Brasilien hat in der Liste der OECD-Staaten die meisten Staatsunternehmen. Brasilien verfügt über 418, Ungarn über 370, Mexiko über 78, Kolumbien über 39 und Chile über 25 Staatsunternehmen. Argentinien, das kein OECD-Mitglied ist, verfügt über 41 Staatsunternehmen, berichtet The Brazilian Report. Der aktuelle Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, hat versprochen, "nahezu alle" Staatsunternehmen seines Landes privatisieren zu wollen. Paulo Guedes, der der Wirtschaftsberater Bolsonaros ist und der Chicago School of Economics entstammt, meint, die Privatisierung der Staatsunternehmen werde dazu dienen, den öffentlichen Haushalt zu konsolidieren.

Der neue Vorsitzende des brasilianischen Öl-Riesen Petrobras, Roberto Castello Branco, hatte im November 2018 angekündigt, dass Assets, die nicht zum Kerngeschäft von Petrobras gehören verkauft werden sollen. Castello Branco gehört ebenfalls der Chicago School of Economics an. Dem US-Sender CNBC zufolge hatten internationale Investoren positiv auf die Ernennung von Guedes zum Wirtschaftsberater des Präsidenten und Castello Branco zum neuen Vorsitzenden von Petrobras reagiert. In einem früheren Interview mit der Zeitung O Estado de S. Paulo sagte Castello Branco, BR Distribuidora, Petrobras' Brennstoffverteiler, passe nicht zu dem Unternehmen und erwirtschafte keine Rendite. Dieses Interview führte dazu, dass die Aktien von Petrobras um sechs Prozent stiegen. Auslöser war eine Wette von Spekulanten, die davon ausgingen, dass der Staat seine 70-prozentige Beteiligung an Petrobras verkaufen könnte. Der Petrobras-Vorsitzende fügte hinzu, dass er auch den Verkauf der Flüssiggas-Vertriebsgesellschaft Liquigas in Betracht ziehe. Schließlich liege die "Kompetenz von Petrobras in der Exploration und Förderung von Erdöl", so Castello Branco.

Chicago School dominiert Bolsonaros Regierung

CNBC führt aus, dass nicht nur Guedes und Castelo Branco der Chicago School of Economics angehören, sondern auch der neue Chef der staatlichen Entwicklungsbank (BNDES), Joaquim Levy. "Es handelt sich im Wesentlichen um die Wirtschaftsabteilung der University of Chicago (Chicago Boys, Anm. d. Red.), die die brasilianische Wirtschaft übernimmt", so James Gulbrandsen, Chief Investment Officer für lateinamerikanische Investitionen bei NCH Capital. Ökonomen der Chicago School of Economics setzen sich weltweit für eine Privatisierung der Wirtschaft und Deregulierung der Märkte ein. Besonders einflussreich war dieser Kreis von Ökonomen im Rahmen der chilenischen Diktatur unter Augusto Pinochet.

Am 24. Dezember 2018 teilte Bolsonaro über Twitter mit: "Weniger Einmischung des Staates bedeutet bessere Lebensbedingungen für den Brasilianer."

Petrobras ist nach Angaben von CNBC "der Stolz der Brasilianer". Doch die Korruptionsuntersuchungen der vergangenen Jahre haben das Image des Unternehmens angekratzt. Zudem hat Petrobras Schulden in Höhe von 88 Milliarden US-Dollar, meldet der englischsprachige Dienst von Reuters.

The Brazilian Report zufolge sind vor allem Unternehmen und Investoren aus den USA, China und Frankreich interessiert an den brasilianischen Staatsunternehmen. Dem englischsprachigen Dienst von Reuters zufolge ist Bolsonaro vor allem an engen Beziehungen mit den USA interessiert. Am 29. Oktober 2018 teilte US-Präsident Donald Trump über Twitter mit: "Ich ein sehr gutes Gespräch mit dem neu gewählten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der das Wahl-Rennen mit einem großem Vorsprung gewann. Wir waren uns einig, dass Brasilien und die Vereinigten Staaten bei Handel, Militär und allem anderen eng zusammenarbeiten werden!"

USA statt China als enger Partner

Auch US-Außenminister Mike Pompeo gratulierte Bolsonaro zu seiner Wahl und führte ein Telefongespräch mit dem brasilianischen Präsidenten. Nach einer Mitteilung des US-Außenministeriums beschlossen die beiden, dass die USA und Brasilien in der Außenpolitik, was die Politik gegenüber Venezuela einschließt, und im Bereich der Wirtschaft eng kooperieren wollen. Im Dezember 2018 besuchte Pompeo Brasilien, um die guten Beziehungen zwischen den USA und Brasilien unter Bolsonaro zu unterstreichen.

Die South China Morning Post (SCMP) berichtet, dass Bolsonaros Wahl die Außenpolitik Brasiliens in Richtung der USA verschieben werde, was zu einer Distanz zu China führen werde. SCMP wörtlich: "Bolsonaro hat Peking in der Vergangenheit frustriert, während er grundsätzlich offen für die steigenden chinesischen Investitionen in seinem Land ist. China investierte 2017 elf Milliarden US-Dollar in Brasilien, Bolsonaro warnte jedoch vor einer stärkeren Beteiligung Chinas. Während seiner Wahl-Kampagne behauptete Bolsonaro, China kaufe Brasilien auf. Im November lehnte er den Verkauf von Eletrobras, einem brasilianischen staatlichen Versorgungsunternehmen, wegen der Möglichkeit einer chinesischen Eigentümerschaft ab."

Politico führt aus: "China ist mit Abstand der größte Handelspartner Brasiliens und hat seine Sojabohnenkäufe aus dem südamerikanischen Land als Reaktion auf den US-China-Handelskrieg erhöht. Peking war auch der größte ausländische Investor in Brasilien."

Paulo Sotero, Direktor des Wilson Center Brazil Institute, sagte dem Blatt: "Es ist nicht leicht zu sagen: 'Brasilien, wähle zwischen China und den USA'". Denn China ist ein großer Abnehmer von brasilianischem Rindfleisch, Eisen und Öl. Die Trump-Regierung hat bereits angedeutet, dass sie Chinas wachsenden Einfluss auf die westliche Hemisphäre bekämpfen will. Ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums sagte Ende Dezember 2018 im Rahmen einer Pressekonferenz kurz vor dem Brasilien-Besuch Pompeos, dass Pompeo mit Bolsonaro über Chinas "räuberische Handels- und Kreditpraktiken" sprechen werde, die Bolsonaro "in einigen Fällen als Verstoß gegen die brasilianische Souveränität angedeutet hat".

Politico zufolge teilen Trump und Bolsonaro eine Reihe von außenpolitischen Ansichten. Bolsonaro teilt Trumps Skepsis gegenüber multilateralen Institutionen, unterstützt die Verlegung der brasilianischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und kritisiert das Pariser Klimaschutzabkommen. Der Sohn des brasilianischen Präsidenten, Eduardo Bolsonaro, sagte Bloomberg, dass sich Brasilien unter seinem Vater vom Iran und von Venezuela distanzieren werde. Zudem seien sein Vater und er gegen die Hamas und die Hisbollah.

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