Politik

Syrien-Konflikt: Regierungstruppen starten Großoffensive in Idlib

Die Assad-Regierung setzt die Aktionen zur Rückeroberung ihres Territoriums fort. Seit heute führt die syrische Armee im Norden, Westen und Süden Idlibs eine Großoffensive gegen Söldner der al-Nusra-Front durch.
21.02.2019 11:25
Lesezeit: 3 min
Syrien-Konflikt: Regierungstruppen starten Großoffensive in Idlib
Die syrische Armee attackiert Söldner in der Provinz Idlib. (Grafik: Syria Live Map)

Die Syrische Arabische Armee (SAA) hat am Donnerstag damit begonnen, ihre Operationen gegen die al-Nusra-Front, die sich mittlerweile Hayat Tahrir al-Scham (HTS) nennt, und gegen die Al-Izza-Brigaden in der Provinz Idlib zu erweitern. Nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA hat die SAA am Donnerstag Stellungen beider Gruppen in den Städten und Dörfern Kafr Nubbul, Hass, Basqala, Hish, Baboulin, Maasaran, Khan al-Soboul,  Hasraya, al-Arbain, al-Latamina and Kafr Zita zerstört. Dabei soll eine hohe Anzahl an Söldnern getötet worden sein. Allerdings machte SANA keine genauen Angaben zur Anzahl der Opfer auf Seiten der Söldner. Die Ziele befanden sich im Süden von Idlib und Norden von Hama. Östlich der Al-Ghab-Ebene in der Provinz Hama wurde während der SAA-Attacken der HTS-Kommandant Abu Omar al-Masri getötet.

Bouthania Shaaban, politische Beraterin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, sagte während eines Treffens mit Russlands Vizeaußenminister und Sondergesandter des russischen Präsidenten in Syrien, Mikhail Bogdanov, dass die SAA alle Söldner-Truppen aus der Provinz Idlib vertreiben werde. Jeder “Zentimeter” Idlibs und des restlichen Teils Syriens werde zurückerobert, zitiert die türkische Zeitung Evrensel Shaaban. Dies umfasse auch eine Rückeroberung aller Gebiete im Osten Syriens, die von den PKK/PYD-Milizen besetzt sind. Zuvor hatte al-Assad in Richtung der PKK/PYD-Milizen gesagt: “Die Amerikaner werden euch in ihre Taschen stecken, damit ihr ein Werkzeug bei einem Tauschhandel werdet. Sie haben bereits damit angefangen.”

Der Osten Syriens

Das östliche Syrien ist aufgrund seiner reichen natürlichen Ressourcen, in Form von Gas und Öl, eine wichtige Region. Das größte Ölfeld, al-Omar, befindet sich ebenfalls im Osten des Landes. Noch wichtiger ist jedoch, dass fast alle bestehenden Ölreserven Syriens - die auf rund 2,5 Milliarden Barrel geschätzt werden - sich in dem Gebiet befinden, das derzeit von der US-Regierung genutzt wird, berichtet Oilprice.com.

Die türkische Zeitung Yeni Şafak berichtete im Juni 2017, dass über die Aufteilung der Ressourcen im Osten Syriens ein Treffen zwischen Vertretern der USA, Saudi-Arabiens, der PKK/PYD, der Vereinigten Arabischen Emirate und Ägyptens stattgefunden habe. Es handelte sich dabei um kein Geheimtreffen. Das Blatt wörtlich: "Die US-amerikanischen und saudi-arabischen Geheimdienste leisteten Pionierarbeit für ein Treffen über die Zukunft des syrischen Öls (...) Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, einige Stammesführer und hochrangige PKK/PYD-Vertreter aus Syrien nahmen ebenfalls an dem Treffen teil.

In Bezug auf die Zukunft der Regionen Al-Hasakah, Rakka und Deir ez-Zor, die 95 Prozent des syrischen Öl- und Gaspotenzials ausmachen, wurden radikale Entscheidungen über die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung der syrischen Untergrundressourcen diskutiert. Bei dem Treffen, an dem US-Oberst John Dorrian teilnahm, wurde beschlossen, der PKK/PYD Anteile an syrischen Erdöl- und Erdölressourcen zu vergeben."

Das Dilemma der USA besteht darin, dass die USA zwar die Ressourcen östlich des Euphrats kontrollieren, jedoch befinden sich die Häfen und Terminale an der syrischen Küste unter der Kontrolle der Russen und Syrer.

Kontrolle der Stromversorgung

Mit Unterstützung der USA kontrollieren die PKK/PYD-Milizen die Staudämme am Euphrat, die in der Lage sind, den Großteil des Strom- und Bewässerungsbedarfs des Landes zu decken.  Die PKK/PYD-Milizen kontrollieren Tischrin im Osten von Aleppo und Tabka und Baas im westlichen Teil von Rakka. Das große Ackerland, das sich von Aleppos Osten bis zur irakischen Grenze erstreckt, kann durch die Reserven dieser drei Stauseen bewässert werden. Sechzig Prozent der landwirtschaftlichen Fläche des Landes, das entspricht 30.000 Quadratkilometern, liegt in der Region unter der Kontrolle der PYD/PYD. Diese von den USA angeführte Gruppe dominiert auch 9,4 Prozent der bewässerbaren landwirtschaftlichen Flächen in Syrien. Achtzig Prozent der Fläche werden von den Staudämmen bewässert, die unter der Kontrolle der PYD/PKK stehen. Die drei Staudämme sind in der Lage, etwa 70 Prozent des syrischen Elektrizitätsbedarfs zu decken.

Der Tischrin-Staudamm, der im Dezember 2015 von den PKK/PYD-Milizen eingenommen wurde, kann jährlich 630 Megawatt (MW) produzieren. Der Staudamm mit einer Lagerfläche von etwa 40 Metern bietet Bewässerungsanlagen für Manbidsch und Ayn al-Arab (Kobani). Im Westen von Rakka wurde am 13. Mai 2017 der Tabka-Staudamm von der PYD/PKK übernommen. Der Tabka-Staudamm hat eine große Energie- und Bewässerungsinfrastruktur mit einer Jahresproduktion von 824 MW und einem 60-Meter-Akkumulationsbecken, der Al-Assad-See genannt wird.

Der Al-Assad-See, mit einer Fläche von 630 Quadratkilometern, ist Syriens größtes Wasserreservat. Der Tabka-Staudamm kann zehn Quadratkilometer Wasserkapazität aufnehmen und Trinkwasser für das Stadtzentrum von Aleppo, Manbidsch und Ayn al-Arab (Kobani) bis zur irakischen Grenze liefern. Der Baas-Staudamm, der am 4. Juni 2017, von den PKK/PYD-Milizen eingenommen wurde, befindet sich im nördlichen Teil von Tabka. Er hat eine jährliche Kapazität von 75 MW.

Die PKK/PYD-Milizen exportieren das okkupierte syrische Öl in die Autonome Region Kurdistan im Nordirak (KRG). Dort wird es dann raffiniert und in die Türkei verkauft. Obwohl keine Unternehmen öffentlich beteiligt sind, wurde das Geschäft zwischen syrischen und irakischen Kurden von anonymen "Öl-Experten" und "Öl-Investoren" vermittelt, berichtet der arabischsprachige Dienst von Rudaw. Die Kurden in Syrien und im Irak unterzeichneten das Abkommen nicht einmal persönlich. Sie wurden von den USA über die Vereinbarung "informiert" und angewiesen, die Operation zu überwachen. Rudaw wörtlich: "Das syrische Kurdistan exportiert sein Öl aus der Rmeilan-Raffinerie mithilfe einer Pipeline, die von der Baath-Parteiregierung gebaut wurde. [Das Öl wird dann] in die Alyuka-Raffinerie im irakisch-kurdischen Zumar-Gebiet gebracht, von dort nach Fishkhabour und weiter in den türkischen Ceyhan-Hafen". Die Einnahmen der PKK/PYD sollen sich auf zehn Millionen Dollar pro Monat belaufen. Ein Vertreter der KRG sagte Rudaw, dass nicht die KRG, sondern eine Firma den Liefervertrag unterschrieben habe. Die anonyme Firma übergibt der KRG und der PKK/PYD monatliche Zahlungen direkt in bar.

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