Politik

Militärische Eskalation in Libyen treibt den Ölpreis

In Libyen herrscht Krieg zwischen der international anerkannten Regierung und den Truppen von General Haftar. Die Ölpreise sind nach Ausbruch der Kämpfe deutlich gestiegen.
08.04.2019 16:20
Lesezeit: 2 min
Militärische Eskalation in Libyen treibt den Ölpreis
Die militärische Situation in Libyen. (Grafik: Stratfor)

Die Anhänger der international anerkannten Regierung in Libyen (GNA) haben eine Gegenoffensive gegen die Truppen des einflussreichen Generals Chalifa Haftar verkündet. Haftar führt eine Miliz unter dem Namen Libyan National Army (LNA) an. Die Operation “Vulkan des Zorns” habe das Ziel, alle libyschen Städte von illegalen Kräften zu “säubern”, erklärte der Militärsprecher der Regierungsanhänger, Mohammed Kanunu, am Sonntag in Tripolis. Die Streikräfte würden mit “eiserne Faust” gegen jeden vorgehen, der denke, die Einheit und Sicherheit Libyens anzugreifen.

Haftars Truppen wiederum teilten mit, sie hätten in Vororten von Tripolis Luftangriffe gegen “bewaffnete Milizen” geflogen. Damit hätte das Leben von Zivilisten beschützt werden sollen, erklärte die Medienabteilung der Anhänger des Generals.

Haftars Truppen versuchen seit Donnerstag, auf die Hauptstadt Tripolis vorzurücken, wo die international anerkannten Regierung von Fajis al-Sarradsch ihren Sitz hat. Der General will Tripolis einnehmen und das gespaltene Land unter seine Führung bringen, so die dpa.

“Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns gegen die Militäroffensive der Streitkräfte von Khalifa Haftar aussprechen und auf die sofortige Einstellung dieser Militäreinsätze gegen die libysche Hauptstadt drängen (...) Diese einseitige militärische Kampagne gegen Tripolis gefährdet die Zivilbevölkerung und untergräbt die Aussichten für eine bessere Zukunft für alle Libyer”, sagte der US-Außenminister Mike Pompeo am 7. April 2019 in einer Erklärung.

Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet, dass Russland am 7. April 2019 eine formelle Erklärung des UN-Sicherheitsrates blockiert hatte, die Pompeos Forderung entspricht. In dem Entwurf wurde auch gefordert, dass “diejenigen, die Libyens Frieden und Sicherheit untergraben, zur Rechenschaft” zu ziehen seien .

Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet: “Russland ist zusammen mit Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten ein wichtiger Befürworter von Haftar.”

In Libyen brachte sich Russland ein, indem Haftar, der Ost-Libyen und die dortigen Energiequellen kontrolliert, unterstützt wurde. Haftar erkennt die von der UN gestützte Regierung in Tripolis nicht an und war mehrmals Gast in Moskau. „Die Russen, glaube ich, wollen auf die starke Beziehung zurückgreifen, die sie mit Gaddafi hatten, als Russland im Hafen von Benghazi Docking-Rechte hatte“, zitiert die Financial Times Mattia Toaldo vom European Council on Foreign Relations. Somit könnten sie auch ihre Forderungen in Höhe von vier Milliarden Dollar aus der Gaddafi-Ära eintreiben. „Die russische Diplomatie erreicht hier ein neues Niveau. Sie sind jetzt nicht mehr nur reaktiv, sondern versuchen, Architekten der Situation zu werden“, so Nikolai Kozhanow, ein Nahost-Experte an der Europäischen Universität in St. Petersburg.

Einer Analyse des privaten US-Informationsdiensts Stratfor zufolge geht es beim Stellvertreterkrieg in Libyen um die Kontrolle der Ölfelder und Pipelinerouten. Aktuell rivalisieren folgende Energiekonzerne in Libyen: ENI (Italien), Total SA (Frankreich), Repsol YPF (Spanien), Waha Oil Co. (Ein US-Joint Venture), BP (Großbritannien), ExxonMobil (USA), Statoil (Norwegen), Royal Dutch/Shell (Niederlande/Großbritannien), Gazprom (Russland), Rosneft (Russland) und RWE (Deutschland).

Die Ölpreise hatten am Montag angesichts hoher Angebotsrisiken neue fünfmonatige Höchststände erreicht. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Nachmittag 70,68 US-Dollar und damit so viel wie seit November 2018 nicht mehr. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 25 Cent auf 63,33 Dollar. Marktteilnehmer nannten die drohende Eskalation der Krise in Libyen als einen Grund für die Preisaufschläge am Ölmarkt.

Libyen hat im vergangenen Monat etwa 1,1 Millionen Barrel Rohöl am Tag gefördert und ist damit ein mittelgroßer Produzent im Ölkartell Opec. Hinzu kommen jedoch die US-Sanktionen gegen den Iran und die schwere Wirtschaftskrise in Venezuela. Zusammen mit der Opec-Strategie eines knappen Angebots sorgen die Entwicklungen für steigende Ölpreise.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...