Deutschland

„EU-Zahlungsvehikel INSTEX wird deutscher Industrie nichts nützen“

Lesezeit: 2 min
26.04.2019 17:20
Das Zahlungsvehikel zur Umgehung der Iran-Sanktionen der US-Regierung (INSTEX) ist nicht einsatzbereit. Es wird der deutschen Industrie zudem kaum helfen.
„EU-Zahlungsvehikel INSTEX wird deutscher Industrie nichts nützen“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Während die US-Regierung das Ölembargo gegen den Iran Anfang Mai verschärfen wird, warten die Europäer noch immer darauf, dass die Zweckgesellschaft INSTEX – mit welcher der Handel mit dem Land unter Umgehung der Sanktionen weiterverfolgt werden soll – in Betrieb gehen wird.

Die Zweckgesellschaft INSTEX war erst Ende Januar 2019 mit dem Ziel gegründet worden, den Zahlungsverkehr für Iran-Geschäfte abzuwickeln, ohne dass sich europäische Banken durch die Verwendung des Dollar den Sanktionen der Vereinigten Staaten ausgesetzt sehen. INSTEX sollte die Geschäfte zwischen Europa – vor allem Frankreich, Deutschland und Großbritannien – und dem Iran angesichts der US-Sanktionen erleichtern und aufrechterhalten.

Und obwohl - nach Angaben von Abdolnaser Hemmati, Gouverneur der iranischen Zentralbank (CBI) – von Seiten des Irans gerade erst am Mittwoch dem 20. März das Pendant zum europäischen Zahlungssystem registriert worden ist, sind bislang noch keinerlei Aktivitäten von INSTEX zu verzeichnen. Die Gründung einer iranischen Institution mit dem Namen „Special Trade and Finance Institute“ (STFI) wurde notwendig, um die europäische Zweckgesellschaft überhaupt funktionsfähig zu machen.

„INSTEX ist eine klare und unmissverständliche Position der beteiligten europäischen Länder gegen die einseitigen Iran-Sanktionen der USA. Dies begrüßen wir ausdrücklich und erkennen die politischen Anstrengungen an, die es erforderte INSTEX gegen den erbitterten Widerstand der USA zu etablieren. Es muss nun aber auch ein Geschäftsmodell entwickelt werden, das den wirtschaftlichen Zielen von INSTEX entspricht“, erklärte Michael Tockuss, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Iranischen Handelskammer in Hamburg, gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Torkuss weiter: „Aktuell arbeitet der deutsche Leiter von INSTEX, Herr Per Fischer genau an einem solchen Business-Plan für die neue Gesellschaft. Die praktische Relevanz von INSTEX für deutsche Unternehmen, bleibt abzuwarten. Es bilden sich hier parallel inner- und außer-europäische Bankenkontakte, die zahlreichen Unternehmen die Abwicklung ihrer iranverbundenen Zahlungen ermöglichen. Es ist deshalb zu erwarten, dass INSTEX ein Teil der Lösung ist, insbesondere, da man sich zunächst auf humanitäre Güter konzentrieren möchte und so der Löwenanteil der Deutschen Exporte aus dem Maschinen- und Anlagenbau von INSTEX nicht betroffen ist.“

Internationale Medien beurteilen die Chancen für den Erfolg des US-Ölembargos derzeit wenig optimistisch. So meldet die iranische Tageszeitung Donyae Eghtesad: „Trump setzt auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, und pokert mit der Verschärfung der Öl-Sanktionen zu hoch. Wenn Japan, China, Südkorea, Indien und die Türkei die Sanktionen nicht beachten, wird Trump verlieren. Auch der Benzinpreis in den USA ist ein Faktor, der Trumps Zukunft beeinträchtigen wird.“

Beobachter der europäischen Wirtschaftspolitik erkennen bei den Bemühungen, die mit der Umgehung der US-Sanktionen in Verbindung stehen, auch strategische Überlegungen. Indirekt könnte dadurch die Dominanz des US-Dollars im Weltwährungssystem abnehmen. 20 Jahre nach der Einführung des Euro werde mit dem „Special Purpose Vehicle“ INSTEX versucht, die Übermacht des US-Dollars – besonders auch im weltweiten Öl-Handel, der ausschließlich in US-Dollar abgewickelt werde – zu verringern und dem Euro zu mehr Einfluss zu verhelfen.

Vor allem mit der Abschottung des Irans vom weltweiten Zahlungssystem SWIFT hätten die USA einmal mehr den US-Dollar als Waffe eingesetzt, was in Zukunft in solcher Weise nicht mehr der Fall sein könnte. Obwohl der Euro dem US-Dollar als Verrechnungswährung heute bereits mehr oder weniger ebenbürtig ist, hinke er diesem als Leit- und Reservewährung noch deutlich hinterher. Sollte INSTEX tatsächlich operativ werden, würde dies die Rolle des Euro aber entschieden stärken – wenn INSTEX in Betrieb gehen wird.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...