Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), kritisiert die von der Berliner Stadtverwaltung geplante Stadt-Maut in einer Stellungnahme an die Deutschen Wirtschaftsnachrichten:
“Eine City-Maut belastet nicht nur private Autofahrer, sondern vor allem diejenigen, die aus gewerblichen Zwecken mit ihren Fahrzeugen in die Innenstädte fahren. Ein Großteil der Unternehmen ist schlichtweg auf ihre Autos angewiesen, um beispielsweise im innerstädtischen Bereich Waren ausliefern zu können. Für diese wäre die Maut auf Dauer ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Letztlich würde denjenigen, die den Wohlstand Deutschlands erwirtschaften, unnötigerweise Liquidität entzogen und die Attraktivität, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen, noch weiter geschmälert. Um die Innenstädte nachhaltig von der Verkehrsflut und damit der Umweltverschmutzung zu entlasten, müssen die Hebel an anderer Stelle angesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Hardware-Nachrüstungen von Dieselmotoren, weitere Anreize zur Nutzung alternativer Antriebe sowie ein schnellerer Ausbau des heute schon überlasteten öffentlichen Personennahverkehrs. Alles andere würde noch mehr Gewerbetreibende aus den Innenstädten vertreiben und zu deren Verödung führen.”
Zuvor hatte ein Sprecher der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten gesagt:
“Grundsätzlich würde der wirtschaftliche Verkehr durch die City-Maut verteuert werden. Doch der ist überlebenswichtig für die Stadt Berlin. Davon wären dann beispielsweise Baustellen, Pflegedienste, die Versorgung des Einzelhandels, Paketdienste und weitere Branchen betroffen. Natürlich ist uns klar, dass der Verkehr in Berlin nicht weniger wird. Doch es müssen zunächst andere Anreize geschaffen werden. Die Alternativen, wie beispielsweise die Nutzung von Fahrrädern oder von Babnen und Bussen, müssen attraktiv gemacht werden. Zudem sollten Anreize und organisatorische Maßnahmen für Pendler, die aus dem Umland nach Berlin fahren müssen, ergriffen werden. All das ist möglich. Der zweite Schritt sollte nicht vor dem ersten Schritt gemacht werden.”
In diesen Ländern gibt es bereits eine City-Maut
Der asiatische Stadtstaat Singapur hat im Jahr 1975 weltweit als erster Staat die City-Maut eingeführt. Nach Berechnungen der Asiatischen Entwicklungsbank gelang es dem Land dadurch, das Verkehrsvolumen auf der eng besiedelten Insel trotz einer wachsenden Zahl von Autos zu begrenzen.
In Europa war die norwegische Küstenstadt Bergen 1985 Vorreiterin - vor allem ging es hier um die Finanzierung des Straßenbaus. Oslo und Trondheim folgten dem Beispiel in den 1990er Jahren.
Die britische Hauptstadt London führte 2003 eine Mautzone ein, um den überbordenden Individualverkehr in der Innenstadt zu begrenzen. Die fälligen Gebühren orientieren sich inzwischen auch an der Abgasnorm, die ein Auto einhält. Als Test für London galt das Mautsystem der Stadt Durham im Nordosten Englands, wo vor allem die Altstadt geschützt werden sollte.
In Italien gibt es Mautzonen in Bologna (seit 2006) und Mailand (seit 2008). Für viele weitere Städte gelten zeitweise Zufahrtsbeschränkungen - wer sie umgehen will, braucht eine kostenpflichtige Genehmigung.
Wer mit dem Auto in die Innenstädte der schwedischen Städte Stockholm und Göteborg fährt, wird ebenfalls zur Kasse gebeten - allerdings erst hinterher. Das Kennzeichen wird fotografiert und dem Fahrzeughalter die Rechnung geschickt - auch dem ausländischen.
In New York City wird nicht die Einfahrt nach Manhattan mit einer Gebühr belegt, sondern die Nutzung der Tunnel-Zufahrten aus dem benachbarten New Jersey. Ähnlich wird bei der Überquerung der Harbour Bridge im australischen Sydney oder der Bay Bridge in San Francisco verfahren. Die Maut richtet sich hier nach der Tageszeit.