Deutschland

Mittelstand: City-Maut würde Unternehmern Liquidität entziehen

Eine City-Maut würde den Unternehmern, die auf den gewerblichen Verkehr angewiesen sind, Liquidität entziehen.
01.05.2019 07:27
Lesezeit: 2 min

Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), kritisiert die von der Berliner Stadtverwaltung geplante Stadt-Maut in einer Stellungnahme an die Deutschen Wirtschaftsnachrichten:

“Eine City-Maut belastet nicht nur private Autofahrer, sondern vor allem diejenigen, die aus gewerblichen Zwecken mit ihren Fahrzeugen in die Innenstädte fahren. Ein Großteil der Unternehmen ist schlichtweg auf ihre Autos angewiesen, um beispielsweise im innerstädtischen Bereich Waren ausliefern zu können. Für diese wäre die Maut auf Dauer ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Letztlich würde denjenigen, die den Wohlstand Deutschlands erwirtschaften, unnötigerweise Liquidität entzogen und die Attraktivität, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen, noch weiter geschmälert. Um die Innenstädte nachhaltig von der Verkehrsflut und damit der Umweltverschmutzung zu entlasten, müssen die Hebel an anderer Stelle angesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Hardware-Nachrüstungen von Dieselmotoren, weitere Anreize zur Nutzung alternativer Antriebe sowie ein schnellerer Ausbau des heute schon überlasteten öffentlichen Personennahverkehrs. Alles andere würde noch mehr Gewerbetreibende aus den Innenstädten vertreiben und zu deren Verödung führen.”

Zuvor hatte ein Sprecher der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten gesagt:

“Grundsätzlich würde der wirtschaftliche Verkehr durch die City-Maut verteuert werden. Doch der ist überlebenswichtig für die Stadt Berlin. Davon wären dann beispielsweise Baustellen, Pflegedienste, die Versorgung des Einzelhandels, Paketdienste und weitere Branchen betroffen. Natürlich ist uns klar, dass der Verkehr in Berlin nicht weniger wird. Doch es müssen zunächst andere Anreize geschaffen werden. Die Alternativen, wie beispielsweise die Nutzung von Fahrrädern oder von Babnen und Bussen, müssen attraktiv gemacht werden. Zudem sollten Anreize und organisatorische Maßnahmen für Pendler, die aus dem Umland nach Berlin fahren müssen, ergriffen werden. All das ist möglich. Der zweite Schritt sollte nicht vor dem ersten Schritt gemacht werden.”

In diesen Ländern gibt es bereits eine City-Maut

Der asiatische Stadtstaat Singapur hat im Jahr 1975 weltweit als erster Staat die City-Maut eingeführt. Nach Berechnungen der Asiatischen Entwicklungsbank gelang es dem Land dadurch, das Verkehrsvolumen auf der eng besiedelten Insel trotz einer wachsenden Zahl von Autos zu begrenzen.

In Europa war die norwegische Küstenstadt Bergen 1985 Vorreiterin - vor allem ging es hier um die Finanzierung des Straßenbaus. Oslo und Trondheim folgten dem Beispiel in den 1990er Jahren.

Die britische Hauptstadt London führte 2003 eine Mautzone ein, um den überbordenden Individualverkehr in der Innenstadt zu begrenzen. Die fälligen Gebühren orientieren sich inzwischen auch an der Abgasnorm, die ein Auto einhält. Als Test für London galt das Mautsystem der Stadt Durham im Nordosten Englands, wo vor allem die Altstadt geschützt werden sollte.

In Italien gibt es Mautzonen in Bologna (seit 2006) und Mailand (seit 2008). Für viele weitere Städte gelten zeitweise Zufahrtsbeschränkungen - wer sie umgehen will, braucht eine kostenpflichtige Genehmigung.

Wer mit dem Auto in die Innenstädte der schwedischen Städte Stockholm und Göteborg fährt, wird ebenfalls zur Kasse gebeten - allerdings erst hinterher. Das Kennzeichen wird fotografiert und dem Fahrzeughalter die Rechnung geschickt - auch dem ausländischen.

In New York City wird nicht die Einfahrt nach Manhattan mit einer Gebühr belegt, sondern die Nutzung der Tunnel-Zufahrten aus dem benachbarten New Jersey. Ähnlich wird bei der Überquerung der Harbour Bridge im australischen Sydney oder der Bay Bridge in San Francisco verfahren. Die Maut richtet sich hier nach der Tageszeit.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

 

DWN
Politik
Politik Tschernobyl: AKW von russischer Drohne beschädigt
14.02.2025

Eine russische Drohne hat laut dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj die Schutzhülle des Tschernobyl-AKWs beschädigt. Das entstandene...

DWN
Panorama
Panorama Generationenvertrag 2.0 - warum sich Alt und Jung dringend brauchen
14.02.2025

"Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die Jugend vorher, und es...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfe: Geberländer zahlten bisher 90 Milliarden Euro pro Jahr - Hälfte ging an Militär
14.02.2025

Westliche Geberländer haben die Ukraine in den vergangenen drei Kriegsjahren mit insgesamt rund 267 Milliarden Euro unterstützt. Fast die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle auf europäische Autos? Diese Gegenmaßnahmen könnte die EU ergreifen
14.02.2025

US-Präsident Donald Trump droht mit „gegenseitigen Zöllen“ auf europäische Autos sowie einem 25-prozentigen Zoll auf Stahl- und...

DWN
Politik
Politik Atomwaffen: Trump will mit Putin und Xi über nukleare Abrüstung sprechen
14.02.2025

US-Präsident Donald Trump präsentiert sich als Vermittler. Er plant Gespräche mit Russland und China zur nuklearen Abrüstung und strebt...

DWN
Panorama
Panorama Anschlag in München: Auto rast in Menschenmenge - was wir wissen und was nicht
13.02.2025

In der Münchner Innenstadt ereignet sich ein schockierender Vorfall: Ein Auto rast in eine Menschenmenge während einer Demonstration....

DWN
Finanzen
Finanzen Siemens-Aktie auf Rekordhoch: Verkaufserlöse treiben Gewinn - so sollten Anleger reagieren
13.02.2025

Der Technologiekonzern Siemens konnte im ersten Geschäftsquartal 2025 einen massiven Gewinnsprung verbuchen. Das gefällt nicht nur den...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie glänzt: Wie geht es beim Autobauer und bei der Volkswagen-Aktie weiter?
13.02.2025

Die VW-Aktie hat sich im frühen Donnerstagshandel stark gezeigt. Nach Zahlen scheint der größte Autobauer Deutschlands auf einem guten...