Finanzen

Schulden des Staates: So hoch ist die Zinsbelastung in Deutschland und Europa

Deutschland schiebt einen enormen Schuldenberg vor sich her. Das bedeutet, dass ein nicht geringer Teil des Steueraufkommens für Zinszahlungen bereitgestellt werden muss.
04.05.2019 13:58
Lesezeit: 2 min

Hierzulande liefert die Verschuldung der öffentlichen Hand immer wieder Gesprächsstoff. Das Ticken der Schuldenuhr ist seit vielen Jahren kaum zu überhören. Und auch wenn diese seit jüngster Zeit rückwärts läuft, dürften sich mit dem Abbau der riesigen Belastung noch einige Generationen herumschlagen.

Die Schulden beziehungsweise Defizite des Bundes, der Länder, der Kommunen und der Sozialversicherung belaufen sich zurzeit in Deutschland auf insgesamt etwa 2,071 Billionen Euro. Selbst wenn wie aktuell etwa 500 Euro pro Sekunde abgebaut werden, würde es bei diesem Tempo mehr als 130 Jahre dauern, bis der Staat wieder schuldenfrei wäre. Aber das natürlich nur, wenn auch die Zinsen die ganze Zeit auf dem derzeit absolut niedrigen Niveau verharren würden.

Dabei betragen die jährlichen Zinsausgaben des Staates rund 38,38 Milliarden Euro, was wiederum bedeutet, dass jeder Deutsche pro Jahr 465 Euro Steuern allein dafür berappen muss, die öffentliche Verschuldung zu finanzieren. Trösten kann dabei nur die von der EZB herbeigeführte Niedrigzinsphase, die dazu führt, dass die Zinsbelastung für die Bürger unseres Landes „nur“ 1,852 Prozent des gesamten Schuldenstandes ausmacht. Allerdings ist wohl kaum davon auszugehen, dass ein ewiger Dauerzustand bleiben wird.

Die staatliche Verschuldung in Deutschland macht dabei etwa 60,1534 Prozent des Bruttosozialprodukts (BIP) aus, was in etwa den Vorgaben der EU entspricht. Im Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992 wurde nämlich beschlossen, dass die Gesamtverschuldung maximal 60 Prozent des BIPs und die Neuverschuldung maximal 3 Prozent des BIP betragen darf. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Staatsverschuldung recht bald erstmals seit 2002 unter die Marke von 60 Prozent des BIPs sinken kann.

Die Entwicklung der Staatsverschuldung zeigt, dass dies nicht immer der Fall gewesen ist und es zu bestimmten Zeiten Ausnahmen gegeben hat. Laut statista.com lag die Verschuldung des Staates in Deutschland zur Jahrtausendwende bei 1,246 Billionen Euro, kletterte danach bis zum Jahr 2008 auf 1,669 Billionen Euro und stieg infolge der weltweiten Finanzkrise innerhalb relativ kurzer Zeit bis 2012 auf 2,203 Billionen Euro. Seit 2014 wird bei der Nettokreditaufnahme eine "schwarze Null" geschrieben, seitdem hat es im Bundeshaushalt keine Neuverschuldung mehr gegeben.

Mit seiner Staatsverschuldung steht Deutschland in Europa nicht alleine da. Insgesamt beläuft sich die Verschuldung in der Eurozone aktuell auf 86,05 Prozent im Verhältnis zum BIP der 19 Mitgliedsstaaten. Die Länder mit der niedrigsten relativen Verschuldung sind Estland mit 8,36 Prozent und Luxemburg mit 21,09 Prozent (jeweils zum BIP). Die Staaten mit der höchsten relativen Verschuldung zum BIP sind Griechenland 181,85 Prozent, Italien mit 131,51 Prozent und Portugal mit 122,24 Prozent.

Das Land mit der absolut gesehen höchsten Staatsverschuldung weltweit sind die Vereinigten Staaten von Amerika. In den USA belaufen sich die Verpflichtungen der öffentlichen Hände auf mehr als 22,353 Billionen US-Dollar. Dabei wurde die Staatsverschuldung der USA im Jahr 2018 auf rund 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt.

Prognosen über die weitere Entwicklung der Staatsverschuldung – ob in Deutschland, der europäischen Nachbarn oder gar weltweit – sind kaum möglich, da hierbei zu viele Faktoren eine Rolle spielen können. Neben zukünftigen politischen und wirtschaftlichen Einflüssen, die nur schwer einzuschätzen sind, streiten sich derzeit beispielsweise die Experten über die früher oder später anfallenden Kosten, die durch den Klimawandel auftreten könnten. Diese müssten zunächst einmal ebenfalls vom Staat getragen werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...