Deutschland

Studie: Unter der Eifel steigt Magma auf

Im Eifel-Vulkan unter dem Laacher See steigt wohl Magma auf. Darauf deuten kurze Erdbebenserien hin, die Forscher registriert haben.
12.05.2019 15:16
Lesezeit: 3 min

Die dpa berichtet:

Ruhig und idyllisch liegt der Laacher See umgeben von Wald und Wiesen in der Osteifel. Nur aufsteigende Gasblasen im östlichen Uferbereich erinnern daran, dass unter den Wassermassen ein Vulkan schlummert. Und der ist noch sehr aktiv, wie Forscher erstmals belegt haben. In einer Studie stellten sie seit 2013 acht Serien von niederfrequenten Erdbeben in 10 bis 45 Kilometern Tiefe fest. Dies seien Anhaltspunkte dafür, dass derzeit unter dem Laacher See-Vulkan magmatische Fluide aus dem oberen Erdmantel in die Erdkruste aufsteigen könnten, schreiben sie im «Geophysical Journal International».

«Der Eifel-Vulkanismus ist nicht erloschen, er ist langzeitschlafend», sagt Erstautor Martin Hensch, Geophysiker beim Landeserdbebendienst Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Freiburg. Die Bewegungen der Fluide in der Tiefe könne man als Anzeichen werten, dass sich Magmakammern in der Erdkruste langsam füllten. Die Erdbebenserien bedeuteten aber nicht, dass ein Vulkanausbruch aktuell bevorstehe, betont Ko-Autor Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.

Vor dem letzten Ausbruch vor knapp 13 000 Jahren habe die Befüllung der oberen Magmakammern rund 30 000 Jahre gedauert. «Das bedeutet, dass die magmatischen Prozesse während sehr langer Zeiträume ablaufen können, bevor es zu einer Eruption kommt», betonen die Forscher, zu denen auch Mitarbeiter des Karlsruher Instituts für Technologie und des Landeserdbebendienstes Nordrhein-Westfalen zählen.

Die Studie zeige, dass es wichtig sei, «noch mal genau hinzuschauen und die Gefährdungslage neu zu bewerten», sagt Dahm. Eruptionen kündigten sich an, etwa über Vulkangase und Deformationen an der Erdoberfläche. Die Frage sei, wann genau und über welchen Zeitraum solche Signale auftreten - «und ob wir in der Lage sind, sie zu messen». Die Forscher empfehlen, zusätzlich zum Messnetz des Erdbebendienstes, die Überwachung der austretenden Gase und die Messungen zu möglichen Veränderungen der Erdoberfläche zu intensivieren.

Die in der Osteifel gemessenen Erdstöße unterhalb von 40 Kilometern Tiefe seien «die tiefsten jemals in Deutschland gemessenen Erdbeben», heißt es. Insgesamt treten die niederfrequenten Beben («Deep Low-Frequency»; DLF) in dieser Region in größeren Tiefen auf und haben niedrigere Schwingfrequenzen als tektonische Beben. DLF-Beben würden weltweit als Hinweis auf Bewegung magmatischer Fluide gedeutet und regelmäßig unter aktiven Vulkanen etwa auf Island, in Japan oder auf der russischen Halbinsel Kamtschatka beobachtet.

Unklar ist laut Hensch, seit wann es solche Beben unter dem Laacher See gibt. Das Messnetz in Rheinland-Pfalz sei erst in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgebaut worden. «Seitdem sind wir in der Lage, solche Beben zu messen und zuverlässig zu lokalisieren.» Es liege aber nahe, dass es ähnliche Aktivitäten auch schon vorher gab.

Nach Angaben des Geophysikers Dahm ist der Eifel-Vulkanismus bundesweit einmalig, weil er sehr jung ist. Der jüngste Vulkan Deutschlands stehe dort: Das Ulmener Maar entstand vor rund 11 000 Jahren. «Die anderen Zonen sind nicht ganz vergleichbar, weil sie alle älter sind.» Lediglich in der Oberpfalz, vor allem im deutsch-tschechischen Grenzgebiet, gebe es noch Beispiele für CO2-Entgasungen mit Hinweis auf magmatische Prozesse im oberen Mantel.

«Die Eifel ist das größte Vulkangebiet Mitteleuropas», sagt der Geschäftsführer des Natur- und Geoparks Vulkaneifel, Andreas Schüller, in Daun. «Sie ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse.» Insgesamt um die 450 kleine und große Vulkane zeugten von Ausbrüchen, die das Mittelgebirge über mehr als 40 Millionen Jahre immer wieder erschüttert hätten. Die meisten davon seien nur kurz aktiv gewesen. Die Ergebnisse der Studie beunruhigen den Fachmann nicht. «Ich sehe das ganz entspannt.»

Der Ausbruch des Vulkans unter dem Laacher See vor rund 13 000 Jahren sei der «letzte heftige Vulkanausbruch in Mitteleuropa» gewesen: Damals seien rund sechs Kubikkilometer Material ausgeworfen worden - Ascheablagerungen konnten bis nach Südschweden und Norditalien nachgewiesen werden.

«Die Auswertung früherer explosiver Zentren in der Osteifel legt nahe, dass die Aktivitätsphase des Laacher See-Vulkans noch nicht beendet ist und es dort auch in Zukunft wieder zu Ausbrüchen kommen kann», sagt Dahm. Die Gefährdung in Deutschland sollte auch wegen der Endlager-Problematik neu erfasst werden. «In Deutschland existiert bisher noch kein Vulkan-Überwachungssystem, was aber sinnvoll wäre.» Wie das aussehen könnte, darüber wollen Experten auf einem Workshop der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft am 28. Februar und 1. März in Mendig sprechen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...