Die Bank of America Merill Lynch (BofAML) warnt in einer Mitteilung davor, dass der Ölpreis für die richtungsweisende Nordseesorte Brent bald bei 90 US-Dollar pro Barrel liegen könnte. Die BofAML führt diese Entwicklung auf die neuen Regeln der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) und den schwachen US-Dollar zurück.
Die neuen IMO-Vorschriften zum zulässigen Schwefelgehalt, die 2020 in Kraft treten, könnten nämlich zu einem Anstieg der Nachfrage nach Mitteldestillaten führen und die Preise nach oben drücken. Ein weiterer Preisanstieg könnte eine mögliche Dollarschwäche auslösen, falls der Handelskrieg zwischen China und den USA an Vehemenz verliert, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters die BofAML.
Im Februar 2019 schätzte BofAML, dass der Brent-Ölpreis bis 2024 innerhalb der Spanne von 50 bis 70 US-Dollar pro Barrel gehandelt werde, wobei die Preise bei 60 US-Dollar pro Barrel “verankert” wurden, was auf das steigende Schiefer-Angebot in den USA und das verlangsamte Wachstum der Ölnachfrage zurückzuführen ist. Kurzfristig sah BofAML einen Anstieg des Brent-Ölpreises auf 70 US-Dollar pro Barrel, da Venezuela, Iran, Mexiko und die OPEC weniger Öl fördern. “Die Ölvorräte scheinen jedoch ausgeglichen zu sein, wobei sich das Angebot - ein geringeres iranisch-venezolanisches Ölangebot - und eine geringere konjunkturabhängige Nachfrage teilweise gegenseitig ausgleichen”, so die BofAML.
Allerdings fügt die BofAML hinzu, dass der Brent-Ölpreis auch auf 50 US-Dollar sinken könnte, falls es zu einer Eskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China kommt. Denn eine derartige Eskalation könnte die Konsumstimmung beeinträchtigen und zu einem wirtschaftlichen Abschwung führen.
Die Brent-Optionen weisen jedenfalls eine zehnprozentige Chance auf einen Kurs über 90 US-Dollar pro Barrel und eine sechsprozentige Chance auf einen Kurs unterhalb der 50-US-Dollar-Marke auf.
Am vergangenen Freitag stieg der Ölpreis auf etwa 73 US-Dollar pro Barrel, da es zu einer Vielzahl von Lieferengpässen kam. Hinzu kam die Besorgnis über weitere Störungen der Nahost-Lieferungen im Zuge der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und dem Iran.