Technologie

iPhones verschicken mitten in der Nacht persönliche Daten

Unzählige Tracker auf Apples Smartphones senden rund um die Uhr massenhaft Daten an spezialisierte Analyseunternehmen. Vor allem in der Nacht sind die iPhones sehr aktiv.
01.06.2019 16:22
Lesezeit: 3 min

Der iPhone-Hersteller Apple wirbt damit, dass die Privatsphäre der Nutzer sicher sei: "Was auf deinem iPhone passiert, bleibt auf deinem iPhone", heißt es. Doch nun hat ein Datenschutzexperiment gezeigt, dass etwa 5.400 versteckte Tracker die Aktionen der Nutzer sammeln - in einer einzigen Woche.

Vor allem in der Nacht sind die iPhones überraschend aktiv, schreibt Geoffrey Fowler in der Washington Post. Der Technologie-Kolumnist hat die Aktivitäten seines iPhones genau überwacht und dabei festgestellt, dass Dutzende von Unternehmen rund um die Uhr Informationen von seinem Smartphone erhielten.

iPhones verschicken persönliche Daten in der Nacht

Fowler schreibt: "Kürzlich an einem Montagabend erhielten ein Dutzend Marketingfirmen, Forschungsunternehmen und andere Sammler von persönlichen Daten Berichte von meinem iPhone. Um 23:43 Uhr erfuhr eine Firma namens Amplitude meine Telefonnummer, meine E-Mail und meinen genauen Standort."

"Um 3:58 Uhr bekam ein anderes Unternehmen namens Appboy einen digitalen Fingerabdruck von meinem Handy. Um 6:25 Uhr erhielt ein Tracker namens Demdex die Möglichkeit, mein Telefon zu identifizieren und schickte eine Liste weiterer Tracker, um diese mit mir zu verknüpfen."

Außerdem erhielt das Unternehmen Yelp dem Bericht zufolge die ganze Nacht über alle fünf Minuten eine Nachricht, welche die IP-Adresse von Geoffrey Fowler enthielt. Yelp ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das online ein Empfehlungsportal für Restaurants und Geschäfte betreibt.

Zu den iPhone-Apps, die mitten in der Nacht Informationen weitergeben, gehören Microsoft OneDrive, die Finanz-App Mint, Nike, Spotify, The Washington Post, IBMs Wetter-App sowie der Verbrechensalarmdienst Citizen, dieser sogar "unter Verletzung der angegebenen Datenschutzerklärung", so Geoffrey Fowler.

Mit Hilfe der Datenschutzfirma Disconnect hat Fowler in nur einer Woche über 5.400 Tracker (meist innerhalb von Apps) identifiziert, die seine Informationen an Drittanbieter weitergeleitet haben. Hochgerechnet auf einen Monats versenden die unerwünschten Tracker 1,5 Gigabyte Daten.

Nicht nur auf iPhones sind Tracker ein Problem, sondern auch auf Handys mit Googles Betriebssystem Android. Google erlaubt in seinem Play Store noch nicht einmal die Schutzsoftware gegen Tracker von Disconnect. Denn die Regeln von Google verbieten Apps, die andere Apps dabei stören könnten, Werbung anzuzeigen.

App-Tracker ähneln den Cookies, die von Webseiten verwendet werden, um die Aktivitäten der Nutzer im Internet zu überwachen und zu sammeln. In den Apps bekommt der Nutzer jedoch in der Regel nichts davon mit, dass diese seine persönlichen Daten sammeln. Zudem sind App-Tracker schwer zu blockieren.

Warum aktivieren sich die Tracker mitten in der Nacht?

Einige Hersteller stellen die Apps so ein, dass sie Daten sammeln, wenn das Telefon aufgeladen wird, oder wenn sie denken, dass es andere Funktionen nicht stört. Dies geschieht dann, wenn man auf dem iPhone die Option "Aktualisierung im Hintergrund" angewählt hat, was standardmäßig der Fall ist.

Das Empfehlungsportal Yelp sagte, dass es sich um ein "unbeabsichtigtes Problem" handle, das einen Tracker nachahme. Nach Angaben des Unternehmens betrifft das Problem nur 1 Prozent seiner iOS-Benutzer, insbesondere diejenigen, die Reservierungen über Apple Maps vorgenommen haben.

Die beliebte App DoorDash, mit der man sich Essen liefern lassen kann, verwendet einen Tracker namens Sift Science, um einen Fingerabdruck" des iPhones zu erhalten - einschließlich Gerätename, Modell, Anzeigenkennung und Speichergröße sowie einen Beschleunigungssensor, der angeblich dabei helfen soll, Betrug zu erkennen.

Fünf weitere der insgesamt neun Tracker von DoorDash, darunter Facebook und Google Ad Services, helfen dem Unternehmen dabei, die Wirksamkeit seines Marketings zu analysieren. Mit ihrer Hilfe erhalten Facebook und Google jedes Mal einen Hinweis, wenn der Nutzer DoorDash öffnet.

Zwar sagt das Unternehmen, dass die Trackern die mit DoorDash gesammelten Daten zu verkaufen oder weiterzugeben. Doch die Datenschutzerklärung lehnt jede Verantwortung ab: "DoorDash ist nicht verantwortlich für die Datenschutzpraktiken dieser Unternehmen", heißt es dort.

Microsoft, Nike und IBMs Wetter-App sagen, dass ihre Tracker nur die Leistung verbessern sollen. Die Finanz-App Mint sagt, dass sie den Marketing-Tracker von Adobe einsetzt, um bei den Nutzern besser werben zu können. Die Washington Post verwendet die Tracker, "um sicherzustellen, dass Anzeigen funktionieren". Spotify äußerte sich nicht.

Die App Citizen, mit der man Verbrechen melden kann, sagt in ihrer Datenschutzerklärung, dass sie "Namen oder andere personenbezogene Daten" nicht weitergibt. Doch Fowler fand heraus, dass "sie wiederholt meine Telefonnummer, meine E-Mail und meine genauen GPS-Koordinaten an den Tracker Amplitude gesendet hat".

Inzwischen hat Citizen auf die Untersuchung von Fowler reagiert und den Tracker aus seiner App entfernt. Ein Sprecher sagte: "Wir verkaufen keine Benutzerdaten. Wir haben es nie getan und werden es auch nie tun."

Wie reagiert Apple auf die Vorwürfe?

"Bei Apple tun wir sehr viel, um den Nutzern zu helfen, ihre Daten privat zu halten", so das Unternehmen in einer Erklärung. "Apple Hard- und Software wurde entwickelt, um fortschrittliche Sicherheit und Datenschutz auf allen Ebenen des Systems zu gewährleisten."

"Für die Daten und Dienste, welche von den Apps selbst erstellt werden, müssen die Entwickler den App-Store-Richtlinien zufolge eindeutige Datenschutzrichtlinien veröffentlichen und die Benutzer um ihre Erlaubnis bitten, bevor sie Daten sammeln", so Apple weiter. Apps, die dem zuwiderhandeln, würden aus dem App Store entfernt.

Doch in der Realität sieht es offenbar anders aus. Fowler fand heraus, dass nur sehr wenige Apps, welche Tracker von Drittanbietern verwenden, die Namen dieser Anbieter tatsächlich angeben. Die meisten Nutzer bekommen nichts davon mit, dass darauf spezialisierte Unternehmen sie rund um die Uhr überwachen.

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