Politik

Die Beitrittskandidaten vom Balkan spalten die EU

14 EU-Staaten sprechen sich für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit Nordmakedonien und Albanien aus. Doch in Deutschland, Frankreich und in den Niederlanden gibt es Widerstand gegen die Forderung.
13.06.2019 17:06
Lesezeit: 2 min

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, hat die Länder der EU aufgefordert, Gespräche mit Nordmakedonien und Albanien über einen möglichen  EU-Beitritt zu unterstützen.

“Sie haben alles getan, was von Ihnen erwartet wurde”, sagte Tusk am Mittwoch nach einem Treffen mit Stevo Pendarovski, dem Präsidenten Nordmakedoniens, in Brüssel. “Aber ich möchte ehrlich zu Ihnen sein: Nicht alle Mitgliedstaaten sind bereit, die Entscheidung über die Aufnahme von Verhandlungen in den kommenden Tagen zu treffen”, so Tusk.

Edi Rama, der albanische Premierminister, forderte diese Woche die EU auf, Verhandlungen über die Mitgliedschaft Albaniens aufzunehmen, während Gent Cakaj, der amtierende Außenminister des Landes, in einem Tweet schrieb, Tirana erwarte eine “positive Entscheidung für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der EU JETZT!”

14 Staaten der EU für Albanien und Nordmakedonien

Die Außenminister von 14 EU-Staaten veröffentlichten im Juni 2019 eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit Nordmakedonien und Albanien unterstützen. Dazu zählen die Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Bulgarien, Italien, Malta, Österreich, Kroatien, Slowenien, Polen und die Slowakei.

“Die Aufnahme von Verhandlungen im Juni 2019 wird auch dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit der Länder gegenüber externen, nachteiligen Interessen anderer Akteure zu stärken und sicherzustellen, dass die EU weiterhin der führende Akteur für einen positiven regionalen Wandel ist”, argumentieren die 14 EU-Staaten in ihrer gemeinsamen Erklärung. Auffällig ist, dass fast alle EU-Staaten, die die Erklärung unterzeichnet haben, ehemalige Staaten des Warschauer Pakts sind.

Während auch die EU-Kommission Beitrittsverhandlungen mit Nordmakedonien und Albanien unterstützt, beäugt Deutschland den Vorstoß des Europäischen Rats, aber auch der EU-Kommission, mit Argwohn. “Wir warten alle darauf, was Berlin vorlegen wird”, zitiert die Financial Times einen hochrangigen anonymen EU-Diplomaten. Weitere Länder, die den EU-Beitrittsverhandlungen skeptisch gegenüber stehen, sind die Niederlande, Dänemark und Frankreich.

Befürworter der Verhandlungen argumentieren, dass eine Verzögerung des Beginns der Beitrittsverhandlungen das Überleben der jungen Regierung Nordmakedoniens gefährden könnte, zumal Nordmakedoniens Verhältnis zu Griechenland angespannt ist.

Simonida Kacarska, Direktorin des European Policy Institute, einer in Skopje ansässigen Denkfabrik, meint, eine Verschiebung des Beginns der EU-Beitrittsgespräche mit Nordmakedonien über den September hinaus würde “die Glaubwürdigkeit der Erweiterung vollständig untergraben” und “signalisieren, dass die Tür nicht mehr offen ist”.

Gegnerschaft in Deutschland, Frankreich und in den Niederlanden

Der deutsche Bundestag hatte am vergangenen Donnerstag die Aufnahme Nordmakedoniens in die Nato genehmigt, doch die Entscheidung über die EU-Verhandlungen wurden auf die Periode nach der Sommerpause verschoben, berichtet der EUObserver

Das niederländische Parlament hatte hingegen in der aktuellen Woche gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit Albanien gestimmt. Die Niederländer argumentieren, Albanien habe Probleme mit der organisierten Kriminalität und übe eine nationalistische Rhetorik im Zusammenhang mit dem Streit zwischen dem Kosovo und Serbien aus.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Dienstag Widerstand aus Deutschland und anderen Staaten gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien zurückgewiesen. “Ich bin dafür, die Verhandlungen mit Albanien zu beginnen, weil Albanien geliefert hat”, sagte Juncker nach einem Treffen mit dem Rama. Aber es sei kein Geheimnis, dass eininge EU-Staaten noch Bedenken hätten. Zuvor hatte er im Gespräch mit dem Portal Politico zudem bekräftigte, dass auch Nordmakedonien alle Forderungen der EU-Staaten erfüllt habe.

Mit Blick auf mögliche Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien betonte Juncker im Gespräch mit Politico, dass die Aufnahme der Verhandlungen keine unmittelbare EU-Mitgliedschaft nach sich ziehe. “Die Mitgliedschaft wird es nicht morgen Früh um elf Uhr geben, es braucht Zeit in beiden Fällen”, so Juncker. Aber wenn ein Land wie Nordmakedonien unter schwierigen Umständen die eingeforderten Bedingungen erfülle, könne man das Tor nicht einfach schließen. “Da bin ich gegen”, sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...