Finanzen

EU-Kommission droht, Aktienhandel in der Schweiz zu verbieten

Im Streit mit der Schweiz droht die Europäische Kommission damit, dass sie EU-Investoren den Aktienhandel in der Schweiz verwehrt.
28.06.2019 16:44
Lesezeit: 2 min

Nach jahrelangen Verhandlungen und Verzögerungen haben die Schweiz und die EU-Kommission noch immer keine Einigung im Streit über eine Neuordnung der zahlreichen bilateralen Abkommen gefunden. Diese sollen die Wirtschaft der Alpenrepublik an die Europäische Union binden.

Brüssel will den Zugang der Schweiz zum Binnenmarkt klarer regeln und fordert, dass das Land EU-Bürgern mehr Freizügigkeit einräumt. Bern versucht, diese Forderungen mit den Ängsten der Schweizer im Hinblick auf Souveränität und Einwanderung in Einklang zu bringen. Eine zu starke Einwanderung aus der EU droht Löhne und Sozialdienste unter Druck zu setzen.

Die EU-Kommission will die Gespräche möglichst vor der Einführung der neuen Kommission im November zum Abschluss bringen. Das ist auch vor der nächsten Frist für den EU-Austritt Großbritanniens am 31. Oktober. Daher haben die Brüsseler Beamten den Druck zuletzt deutlich verschärft. Ein wichtiges Druckmittel dabei ist der Aktienhandel.

EU-Kommission nimmt den Schweizer Aktienhandel in Geiselhaft

Brüssel droht damit, die Schweiz künftig nicht mehr als einen zur EU "gleichwertigen" Finanzmarkt anzuerkennen, wie Bloomberg berichtet. Noch betrachtet die Europäische Union die Schweizer Finanzmarktregeln und Aufsicht als ausreichend nahe an denen der EU.

Sollte die Kommission mit ihrer Drohung Ernst machen, könnten EU-Investoren Schweizer Aktien nur noch auf dem Boden der EU handeln. Dies hätte zum Beispiel erhebliche Auswirkungen auf die Aktien von Nestle. Denn deren Handelsumsatz wird zu rund 72 Prozent an der Börse SIX in Zürich getätigt, wie die Daten von Fidessa zeigen.

Am Donnerstag hat die Schweiz Vergeltungsmassnahmen eingeleitet und verlangt, dass Schweizer Aktien künftig nur noch auf Schweizer Boden gehandelt werden.

Anwaltskanzleien sagen, dass dies eine Art Schlupfloch schaffen soll, um es EU-Banken und Investmentfonds zu ermöglichen, weiterhin Aktien in Zürich zu handeln. Selbst wenn das klappt, wäre es eine schwerfällige Lösung. Längerfristig könnten Anleger Zweifel an der Liquidität und dem politischen Risiko am Schweizer Aktienmarkt haben.

EU sendet ähnliche Drohungen an Großbritannien

Im Rahmen der Brexit-Gespräche hat Brüssel Großbritannien kürzlich mit einer ähnlichen Strafe gedroht für den Fall, dass es ohne Rücknahmeabkommen austritt. Die Kommission warnte, dass EU-Wertpapierfirmen britische Riesen wie die Vodafone Group auf dem Gebiet der EU handeln müssten. Erst nach Drohungen der britischen Regulierungsbehörden mit Gegenmaßnahmen ruderte sie zurück.

Es ist bleibt abzuwarten, ob der Druck der Kommission die Schweizer dazu bringen wird, das EU-Rahmenabkommen abzuschließen. Sicher ist jedoch, dass die Geiselnahme der Finanzmärkte durch die EU nicht zur Attraktivität des Kontinents für Investoren beigetragen hat.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte die Schweiz im vergangenen Jahr davor gewarnt, dass es "hart zur Sache gehen" könnte, wenn man nicht bald zu einer Einigung kommt. Dieser Ankündigung leistet die EU-Kommission nun tatsächlich Folge.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Immer mehr XRP- und ETH-Inhaber wenden sich still und leise an OPTO-Miner, um 3.000 Dollar pro Tag zu verdienen

Im derzeit unberechenbaren Kryptomarkt entscheiden sich immer mehr Anleger dafür, langsamer zu werden und sich nicht mehr von...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche Goldreserven: Hoher Goldpreis, explodierende Staatsschulden – sollte die Bundesbank Gold zu Geld machen?
09.07.2025

Rekordschulden, Rekordausgaben: Der Bundeshaushalt steuert unter der schwarz-roten Regierung bis 2029 auf ein 850 Milliarden Euro schweres...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektronikboom im Netz: Droht Europa die Billigflut aus China?
09.07.2025

Europas Verbraucher kaufen Elektronik immer öfter online – doch ausgerechnet ein drohender Zollkrieg der USA könnte Europa mit einem...

DWN
Politik
Politik Kommt die Senkung der Stromsteuer für alle? Bundesregierung droht Dämpfer im Bundesrat
09.07.2025

An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – auch für alle Bürger und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Huthi-Angriff im Roten Meer zerschlägt Hoffnung auf Wiedereröffnung des Suezkanals
09.07.2025

Ein neuer Angriff der Houthis auf ein griechisches Frachtschiff lässt alle Hoffnungen auf eine Wiedereröffnung des Suezkanals zerplatzen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft und KI: Jeder zweite Arbeitnehmer zweifelt an Deutschlands wirtschaftlicher Zukunft
09.07.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Viele Beschäftigte sind skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der künstlichen Intelligenz wirtschaftlich...

DWN
Politik
Politik Corona: Breite Mehrheit für Enquete-Kommission zur Corona-Aufarbeitung
09.07.2025

Lockdown, Impfpflicht, Schulschließungen und Abstandsregeln – in der Corona-Pandemie wurde eine Vielzahl von unverhältnismäßigen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen IT-Sicherheit in der Urlaubszeit: Wenn der Chef im Urlaub ist, beginnt für die IT der Ernstfall
09.07.2025

Der Sommer beginnt, das Management reist ab – für Hacker ist das die ideale Gelegenheit. Lesen Sie, wie Unternehmen für IT-Sicherheit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OPEC+ erhöht Förderung deutlich – Ölpreise unter Druck
09.07.2025

Die OPEC+ überrascht mit einer weit stärkeren Förderausweitung als erwartet – mit möglichen Folgen für die Weltwirtschaft,...