In der amerikanische Zentrale der Deutschen Bank AG in der Wall Street Nummer 60 in New York gibt es "überall Anzeichen von Ärger", wie Bloomberg berichtet. Im 46. Stock in den Büros der obersten US-Führungskräfte der Bank mit Blick auf den East River stapeln sich demnach braune Kisten.
Mehr als 40 Etagen tiefer, auf dem Trading Floor, sind am Vormittag Plätze leer und die Computerbildschirme schwarz. Die wenigen Mitarbeiter, die anwesend sind, gehen ganz offen Jobangebote bei konkurrierenden Banken durch. Ihre Vorgesetzten wissen das und es ist ihnen egal, so der Bericht von Bloomberg.
Bier am Mittag
An einem Wochentag wurden kürzlich junge Händler im nahegelegenen Full Shilling Pub gesichtet, die dort schon kurz nach 13 Uhr Bier tranken. Ältere Händler saßen derweil im Cipriani an der Wall Street, wo die berühmten Bellini-Cocktails in holzverkleideten Räumen oder auf einer Terrasse zwischen ionischen Säulen serviert werden.
Der Hintergrund für den heute offenbar vorherrschenden Schlendrian bei der Deutschen Bank in New York ist, das jeder dort, von den Führungskräften bis hinunter zu den jungen Mitarbeitern, zu spüren scheint, dass weitere schlechte Nachrichten aus Frankfurt kommen werden.
Der Sitz an der Wall Street war einst ein Symbol für den Ehrgeiz der Deutschen Bank, die sich mit den amerikanischen Finanzinstituten auf deren Markt messen wollte. Doch in den letzten Jahren hatte das Unternehmen regulatorische (Klageflut durch US-Gerichte) und politische Probleme und verlor in der Folge auch gute Mitarbeiter an die Konkurrenz.
Weltweit sollen bis zu 20.000 Stellen wegfallen
Aktuell plant die Deutsche Bank, Hunderte von Händlern in den USA zu entlassen, sagen Insider zu Bloomberg. CEO Christian Sewing könnte bereits in dieser Woche einen umfassenden Restrukturierungsplan vorlegen, wonach weltweit bis zu 20.000 Stellen abgebaut werden.
Die Manager in New York warten seit mehr als einem Jahr auf eine Entscheidung, ob der US-Sitz der Deutschen Bank verkauft, entkernt oder ausgegliedert wird. Die durchsickernden Gerüchte über den geplanten Stellenabbau haben bei den US-Bankern Frust gegenüber ihren Londoner und Frankfurter Kollegen hervorgerufen.
Christian Sewing hat immer wieder öffentlich gesagt, dass er sich seit der Übernahme der Position des CEO im vergangenen Jahr für die US-Investmentbank engagiert. Doch angesichts der schwachen Rentabilität der Bank hat der neue Chef es nicht geschafft, das Vertrauen bei Anlegern und Aufsichtsbehörden wiederherzustellen.
Zahlreiche Banker sind schon weg
Nach einem gescheiterten Fusionsversuch mit der Commerzbank AG, der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz unterstützt wurde, drängten die Aktionäre auf eine Umkehr. Doch zahlreiche Führungskräfte wollten offenbar nicht so lange warten.
Peter Selman, der im Jahr 2017 aus dem Ruhestand kam, um das Aktiengeschäft wiederzubeleben, gehört jetzt zu Dutzenden Mitarbeitern, die bereits auf dem Weg nach draußen sind, berichtet Bloomberg unter Verweis auf namentlich nicht genannte Quellen.
Zia Huque, CEO der Wertpapierabteilung der Deutschen Bank in den USA, war seit Wochen nicht mehr im Büro. Tom Patrick, der Leiter der Region Amerika, der vor einem Jahrzehnt zur Bank kam und die Beziehungen zur Federal Reserve überwacht, scheint sein Büro auszuräumen, und die Deutsche Bank prüft seine Ersetzung.
Damit ist Ashley Wilson, der Co-Leiter des Aktienhandels in Amerika, für die Restrukturierung der Einheit verantwortlich. Langjährige Trader wie Brad Kurtzman, Craig Bench und Powell Fraser haben die Bank ebenfalls verlassen, gefolgt von Dutzenden von Führungskräften der zweiten und dritten Ebene.
Letzte Woche erhielt das Unternehmen Auftrieb, da es den jährlichen Stresstest der Federal Reserve bestanden hat. Sewing schickte umgehend eine Nachricht an seine Mitarbeiter und nannte es einen "großen Schritt nach vorne". Doch nur wenige Stunden später kamen Berichte über den umfangreichen geplanten Stellenabbau in den USA.
Die US-Abteilung der Deutschen Bank hat bereits angekündigt, dass sie in zwei Jahren damit beginnen wird, den Wolkenkratzer an der Wall Street Nummer 60 mit Blick auf den Central Park zu räumen, der seit Anfang der 2000er Jahre ihr Zuhause ist.