Politik
"Terrorpropaganda" auf Facebook

Bundesregierung hilflos: Erneut Deutscher in der Türkei festgenommen

Nach der neuerlichen Festnahme eines deutschen Staatsbürgers in der Türkei reagiert die Bundesregierung vollkommen hilflos. Es wird die Meinungsfreiheit gepriesen, statt die Freilassung des Festgenommenen zu fordern.
07.08.2019 15:23
Lesezeit: 2 min

Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet:

Nach der neuerlichen Festnahme eines deutschen Staatsbürgers in der Türkei hat die Bundesregierung die Bedeutung der Presse- und Meinungsfreiheit hervorgehoben. Es handele sich hierbei um "sehr hohe Güter", sagte Außenamtssprecherin Maria Adebahr am Mittwoch in Berlin. Über das "uns wichtige" Thema sei angesichts verschiedener Fälle in den vergangenen Jahren "immer wieder" mit der türkischen Regierung diskutiert worden. "Wir treten dafür ein."

Medienberichten zufolge wurde der 36-jährige Osman B. aus Hessen Ende Juli bei der Einreise in die Türkei festgenommen. Ihm wird laut NDR, WDR und "Süddeutscher  Zeitung" vorgeworfen, über seine Facebook-Seite "Terrorpropaganda" verbreitet zu haben. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm mehrere Jahre Haft.

Die publik gewordenen Vorwürfe wollte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes zunächst nicht bewerten. Deutsche Diplomaten hätten noch keinen Zugang zu dem Festgenommenen und noch nicht mit ihm sprechen können. Die notwendigen Schritte für eine konsularische Betreuung seien aber eingeleitet worden, der Fall werde von der Botschaft in Ankara und dem Konsulat in Antalya betreut.

Adebahr wies zudem darauf hin, dass das Auswärtige Amt seine Reise- und Sicherheitshinweise für die Türkei im Frühjahr angepasst hatte. Dort finde sich auch der Hinweis, "dass wir leider davon ausgehen müssen, dass auch Aktivitäten in sozialen Medien oder Äußerungen, die aus deutscher Sicht von Meinungsfreiheit und Pressefreiheit absolut gedeckt sind, in der Türkei zu Problemen führen können".

Auf der Website des Auswärtigen Amts wird vor kritischen Beiträgen in Online-Netzwerken gewarnt: "Festnahmen und Strafverfolgungen deutscher Staatsangehöriger erfolgten vielfach in Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien. Ausreichend ist im Einzelfall das Teilen oder 'Liken' eines fremden Beitrags entsprechenden Inhalts."

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hatte im März bei einem Wahlkampfauftritt gesagt, wer in Deutschland oder anderen europäischen Ländern an Kundgebungen von "Terrororganisationen" teilnehme und danach zum Urlaub in die Türkei komme, werde bei der Einreise festgenommen.

Derweil protestierte der Deutsche Journalistenverband (DJV) gegen die geplante Sperrung regierungskritischer Nachrichtenportale in der Türkei. Demnach hatte ein türkisches Gericht verfügt, die oppositionelle Website "Bianet" zu schließen. Zahlreiche weitere Seiten von oppositionellen Medien und Politikern seien betroffen, erklärte der DJV am Mittwoch in Berlin. "Allen internationalen Protesten (...) zum Trotz macht das türkische AKP-Regime jetzt die letzten Schlupflöcher der Meinungsfreiheit dicht", kritisierte DJV-Chef Frank Überall. Bundesregierung und EU-Kommission müssten verstärkt Einfluss auf die Türkei ausüben, damit diese ihre "autokratische" Politik aufgebe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic folgt auf Oliver Zipse bei BMW
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...

DWN
Politik
Politik Merz fordert Abschaffung: EU-Lieferkettengesetz wird deutlich gelockert
09.12.2025

Das EU-Lieferkettengesetz sollte Unternehmen weltweit verpflichten, Menschenrechte zu achten. Doch bevor es überhaupt greift, haben sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kosten für Wohnen und Essen fressen geringere Einkommen auf
09.12.2025

Wohnen und Lebensmittel werden teurer – doch die Härte trifft nicht alle gleich. Neue Daten der Statistiker zeigen, wie stark vor allem...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putins Besuch in Indien zeigt die gefesselten Hände des Kreml
09.12.2025

Wladimir Putins Besuch in Indien sollte Stärke demonstrieren, doch die Realität wirkt gegenteilig. Der Kreml ist stark von Ölexporten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Rückkehr in die Gewinnzone trotz Sanierungsdruck
09.12.2025

Thyssenkrupp meldet wieder Gewinn, doch der Preis dafür ist hoch. Der Konzern kämpft mit sinkender Nachfrage, Sanierungsrückstellungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Butterpreis im Sturzflug: Milchbauern schlagen Alarm – "wirtschaftliches Desaster"
09.12.2025

Der Butterpreis rutscht auf 99 Cent je 250 Gramm und jubelnde Kunden treffen auf alarmierte Milchbauern. Hinter dem Preisschub steckt der...