Politik

Rating-Agentur Moody's stuft ThyssenKrupp endgültig als Ramsch ein

Der einstige Vorzeige-Konzern ThyssenKrupp kommt immer mehr unter Druck. Die Schulden drücken, die Zahlen waren nicht gut, und der Ausblick wurde gesenkt. Nun kommt noch ein Problem dazu.
17.08.2019 18:42
Lesezeit: 3 min
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„Angesichts des zunehmenden konjunkturellen Gegenwinds haben wir rechtzeitig umgesteuert“, sagte Guido Kerkhoff, der CEO von ThyssenKrupp. „In einer ersten Phase geht es dabei vor allem um die strukturelle Stabilisierung der Geschäfte“, fügte der Manager Anfang August hinzu.

Dazu gehört auch ein effizientes Führungs- und Organisationsmodell“, so der Chef des deutschen Traditionskonzerns. „Damit schaffen wir die Grundlagen, um in einer zweiten Phase unsere Geschäfte für langfristig profitables Wachstum aufzustellen“, erklärte Kerkhoff. „Die strategische Neuausrichtung kommt voran“, unterstrich der Unternehmenslenker bei der Vorlage der Zahlen fürs dritte Quartal, das Ende Juni geendet hat.

Diese Worte klangen zwar sehr optimistisch. Doch dürfte der Konzern in Wahrheit jetzt davon entfernter denn je zu sein: Denn die US-Ratingagentur Moody’s hat gerade die Bonität von ThyssenKrupp verringert – und zwar von Ba3 auf Ba2. Das Unternehmen rangierte bereits im sogenannten Ramschbereich und galt damit als ein Konzern, dessen Risiko höher als bei der Konkurrenz war.

Doch durch die Herabstufung wird es nun innerhalb der schlechten Kategorie noch ungünstiger bewertet – wirklich kein gutes Zeichen für den Hersteller, der einstmals als Aushängeschild der deutschen Industrie gegolten hat.

"Moody’s befeuert Zweifel an einer schnellen Trendwende"

„Die Konjunktur ist eingetrübt, außerdem hat die Nachfrage bei wichtigen Kunden aus der Autoindustrie nachgelassen“, begründeten die Analysten der Ratingagentur ihre Entscheidung. „Die Verbesserung der Profitabilität dürfte länger als erwartet dauern“, zeichneten die Fachleute ein düsteres Szenario, wie es mit ThyssenKrupp künftig weiter geht.

„Moody’s befeuert Zweifel an einer schnellen Trendwende“, titelte denn auch die Nachrichtenagentur „Reuters“ in einer Eilmeldung. Darüber hinaus ging darauf hin der Aktienkurs zurück – und zwar auf Werte um 9,40 Euro. So gering war das Niveau seit mehr als 15 Jahren nicht.

Damit steht der Mischkonzern noch stärker unter Druck als bisher. Die schlechtere Bonitätsbewertung der führenden US-Ratingagentur kann zu höheren Refinanzierungskosten für den Konzern führen, den derzeit Schulden von fünf Milliarden Euro bedrücken. Doch das ist noch nicht alles: CEO Kerkhoff hatte bereits die Investoren mit den Zahlen für die ersten drei Quartalen (Stichtag: 30. September) massiv enttäuscht.

„Wir erwarten beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) nur noch ein Plus von 800 Millionen Euro, ursprünglich hatten wir mit 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro gerechnet“, hatte Kerkhoff den erstaunten Anlegern versucht, zu erklären. „Mit der geschäftlichen Entwicklung nach den ersten neun Monaten können wir insgesamt auch nicht zufrieden sein“, fügte der Manager hinzu und wies auf die angespannte Konjunktur in der Autobranche sowie die gestiegenen Erzpreise hin – ähnlich wie die Analysten von Moody’s.

Ausgerechnet altes Kerngeschäftsfeld Stahl schwächelt

Das Hauptproblem: Nur die Fahrstuhlsparte, die knapp 18 Prozent zu den Gesamtumsätzen beiträgt, arbeitet derzeit von allen sechs Geschäftsbereichen wirtschaftlich rentabel. Alle anderen Sparten sind Verlustbringer, die dem Management nur Kopfzerbrechen bereiten. Darunter befindet sich auch das Geschäftsfeld „Steel Europe“, das mit etwa 22 Prozent den Löwenanteil zu den Gesamterlösen beisteuert.

Es liefert Stahl und Stahlprodukte und bietet unterschiedliche Dienstleistungen in dieser Branche an. Dass ausgerechnet „Steel Europe“, dessen Firmensitz in der Ruhrgebiets-Stadt Duisburg liegt, rote Zahlen schreibt, ist deswegen so ungünstig für den gesamten Konzern, weil es das alte Kerngeschäftsfeld des Unternehmens ist. Gerade die Stahlbranche leidet besonders unter der protektionistischen Politik US-Präsident Donald Trump, der hier für eine massive Verunsicherung am Markt sorgt.

EU-Unterstützung verpufft bei ThyssenKrupp

Allerdings sieht die EU das völlig anders: So hatte die Gemeinschaft bereits vor fünf Jahren 25 Zölle auf 23 unterschiedliche Stahlarten aus den USA erhoben, um die einheimischen Produzenten zu schützen. Jetzt hat Brüssel in einer Studie festgestellt, dass diese Maßnahmen funktioniert hat – und das nur eine knappe Woche nach der Präsentation der Quartalszahlen durch CEO Kerkhoff.

Der Mischkonzern hat davon jedenfalls nur wenig gespürt. Das Management denkt deswegen darüber nach, die Fahrstuhl-Sparte zu verkaufen, um die klammen Kassen aufzufüllen. Schließlich gilt sie als die Ertragsperle. Ein Grund: Die Produkte, die ThyssenKrupp hier anbietet, sind vergleichsweise spezielle Güter, die nicht jedes Unternehmen herstellen kann.

Deswegen gibt es auch nur zwei richtige Konkurrenten, die ThyssenKrupp hier Paroli bieten können. Dabei handelt es sich um die Schweizer Schindler Holding und den finnischen Konzern Kone, die beide aktiennotiert sind. Beide Firmen gelten somit als potenzielle Interessenten für den Kauf der Fahrstuhlsparte.

Das Geschäftsfeld soll teilweise an der Börse verkauft werden. Wie groß die Anteile sein werden, darüber gibt es noch keine Informationen. Immerhin lässt sich der Wert der gesamten Sparte errechnen, wenn man die aktiennotierten Konkurrenten als Vergleich heranzieht. Dann ergibt sich ein Preis zwischen 15 und 18 Milliarden Euro.

Geplanter Verkauf der Fahrstuhlsparte überlebenswichtig

Wie sich ThyssenKrupp weiter entwickelt, wird zum großen Teil davon abhängen, wie viel Geld das Management mit dem Verkauf einnehmen kann. Darüber hinaus ist wichtig, wie sich die Konjunktur entwickelt. Verläuft die Wirtschaft weiter so schwierig wie bisher, könnte dies ThyssenKrupp noch mehr belasten.

Einen kleinen Lichtblick in der eher dunklen Entwicklung gibt es allerdings doch: So hat der Markt noch nicht darauf reagiert. Ein Großteil der Analysten empfiehlt nach wie vor, die Aktie zu kaufen oder zumindest zu halten.

Aus einer Liste, die der Finanzdienst „Onvista“ veröffentlicht hat, geht hervor, dass in den vergangenen sechs Monaten 20 Analysten geraten haben, das Papier ins Portfolio zu holen. 25 Fachleute glauben, dass die Investoren die Aktie am besten halten sollten. Nur fünf Experten sagen, dass die Anleger den Titel verkaufen sollen. Große Verkaufsempfehlungen durch die Analystenhäuser gibt es zuweilen noch nicht. CEO Kerkhoff kann zumindest noch etwas Luft holen.

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