Finanzen

EZB in der Falle: Italien braucht die Dauer-Bazooka

Die EZB sitzt in der Falle: Schon der zarte Versuch einer Andeutung, dass Anleihenkaufprogramm zurückzufahren, ist am Widerstand Italiens gescheitert. Nun muss die EZB weitermachen, bis die Staatsschuldenblase platzt.
08.10.2016 01:21
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte aus Sicht der Bank von Italien an ihren großangelegten Anleihekäufen nicht rütteln. „Die jüngsten Prognosen für die Euro-Zone beinhalten auch eine erhebliche geldpolitische Unterstützung, deren Beibehaltung, wie der EZB-Rat bekräftigte, wesentlich ist“, sagte das Vorstandsmitglied der italienischen Notenbank, Fabio Panetta, am Mittwoch auf einer Konferenz. Am Vorabend hatte ein Bericht der Agentur Bloomberg die Renditen nach oben getrieben, wonach das Kaufvolumen in monatlichen Schritten um jeweils zehn Milliarden Euro verringert werden soll. Die EZB dementierte den Bericht.

Stattdessen reagierte EZB-Chef Mario Draghi mit der Ankündigung, die Bazooka zum Dauerzustand zu machen: Die EZB werde das "sehr erhebliche Ausmaß der geldpolitischen Unterstützung" bewahren, erklärte Draghi am Freitag in Washington. Dies sei zum Anheizen der Inflation Richtung knapp zwei Prozent notwendig. "Falls erforderlich, werden wir handeln, indem wir alle in unserem Mandat verfügbaren Instrumente nutzen." Die Euro-Notenbank ist aktuell von ihrem Inflationsziel von knapp zwei Prozent weit entfernt. Im September zogen die Preise im Währungsraum nur um 0,4 Prozent an.

Die italienische Regierung fürchtet offenbar, dass die zuletzt ohnehin gestiegenen Risikoaufschläge für italienische Papiere durch einen schrittweisen Rückzug der EZB von den Anleihemärkten noch weiter steigen könnten. Dies wiederum würde die die Schuldenaufnahme am Markt verteuern. Die Episode zeigt, dass zahlreiche europäische Länder ohne die permanente Intervention der EZB in die Märkte binnen kürzester Zeit vor erheblichen Schuldenproblemen stehen würden.

„Niemand glaubt auch nur einen Moment daran, dass die tiefen Renditen europäischen Staatsanleihen etwas mit guter Bonität der Staaten zu tun habe. Wenn die viele Billionen Euro schwere Freigebigkeit der EZB vorbei ist, dann machen Sie sich bitte auf den zweiten Teil der europäischen Staatsschuldenkrise gefasst, weil die Märkte sich dann wieder auf die Fundamentaldaten der Schuldner konzentrieren“, sagte Bill Blain vom Brokerhaus Mint Partners.

In den vergangenen Tagen sind die Renditen der südlichen Eurostaaten gestiegen. Am Mittwoch rentierten zehnjährige italienische Anleihen mit 1,35 Prozent – ein Anstieg von 7 Prozent im Vergleich zum Vortag. Die Rendite fünfjähriger Papiere stieg sogar um über 16 Prozent und der Risikoaufschlag bei zweijährigen Anleihen um mehr als 5 Prozent. Auch die Wertpapiere anderer Staaten verzeichneten einen deutlichen Anstieg der Risikoaufschläge.

Die Spekulationen auf ein allmähliches Zurückfahren der Anleihekäufe trieb auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe um vier Basispunkte auf ein Zwei-Wochen-Hoch von minus 0,042 Prozent.

Bislang ist geplant, das auf 1,74 Billionen Euro angelegte Kaufprogramm noch bis mindestens Ende März 2017 fortzusetzen. „Die Summe von zehn Milliarden ist das, worauf der Markt reagiert, mit der Schlussfolgerung, dass eine schwächere Nachfrage nach Bonds durch die EZB negativ für den Markt ist“, sagte Zinsstratege Richard McGuire von der Rabobank. Die EZB hatte den Bericht zurückgewiesen. Der EZB-Rat habe das Thema nicht besprochen, erklärte EZB-Pressesprecher Michael Steen am Dienstag auf Twitter.

Die EZB und die nationalen Notenbanken erwerben seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen der Euro-Länder. Weitere Wertpapiere eingeschlossen ist das noch bis mindestens Ende März 2017 laufende Kaufprogramm auf 1,74 Billionen Euro angelegt. Damit will die EZB die Konjunktur ankurbeln und die aus ihrer Sicht unerwünscht niedrige Inflation anheizen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EZB senkt Zinsen: Was das für Sparer und Hausbauer bedeutet
30.01.2025

Bereits zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen für den Euroraum gesenkt. Grund sind schlechte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Moderna-Impfstoff: EU-Kommission unterzeichnet Vertrag über Coronavirus-Impfstoffe
30.01.2025

Die Covid-19-Pandemie beschäftigt weiterhin die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen: Die EU-Kommission hat...

DWN
Politik
Politik CDU: Umfrage zur Bundestagswahl sieht Union mit leichtem Verlust
30.01.2025

Die CDU hat laut INSA-Umfrage mit ihrem Vorstoß zu einer restriktiveren Migrationspolitik die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft schrumpft weiter: Keine Entspannung trotz steigendem Privatkonsum
30.01.2025

Die deutsche Wirtschaft verliert weiter im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit. Auch im vierten Quartal 2024 sank das...

DWN
Politik
Politik Ex-Kanzlerin Merkel kritisiert Friedrich Merz: "Halte ich für falsch"
30.01.2025

Friedrich Merz und die CDU bringen zum ersten Mal einen Antrag mit Hilfe der AfD durch den Bundestag. Nun meldet sich Ex-Kanzlerin Angela...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnimmobilie kaufen: So geht es am Immobilienmarkt 2025 weiter
30.01.2025

Sie wollen eine Wohnimmobilie kaufen? Dann sollten Sie den Kaufmarkt genau im Blick behalten. Nach einem soliden Jahresauftakt herrscht...

DWN
Politik
Politik Chrupalla: AfD unter dieser Bedingung offen für Koalition mit der CDU
30.01.2025

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla signalisiert Kooperationsbereitschaft mit der CDU über die Zustimmung von Anträgen im Bundestag hinaus -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bank-Aktie: Postbank-Klagen trüben Geschäftsergebnis - Aktie fällt
30.01.2025

Die Deutsche Bank machte 2024 weniger Gewinn als von Analysten erwartet. Ein Streit um Entschädigungen für frühere Postbank-Aktionäre...