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De Maizière sieht Rückschlag im Anti-Terror-Kampf

Lesezeit: 2 min
14.10.2016 01:50
Bundesinnenminister de Maizière sieht den Suizid eines Tatverdächtigen in der JVA Leipzig als Rückschlag im Kampf gegen den Terror an. Der CDU-Politiker Bosbach fragt, ob es sich um einen Einzeltäter gehandelt habe oder das Mitglied einer noch aktiven, islamistischen Zelle.
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Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte, der Suizid des Tatverdächtigen von Chemnitz sei ein Rückschlag im Anti-Terror-Kampf. «Die Ermittlungen jedenfalls sind dadurch erschwert worden», sagte der CDU-Politiker. Es werde nun schwerer, mögliche weitere Tatbeteiligte, Hintermänner und Netzwerke zu finden.

Der als hochgefährlich eingestufte Mann, den die Behörden als syrischen Flüchtling auswiesen, war am Mittwoch in seiner Zelle erhängt aufgefunden worden.

Der Mann hatte sich am Mittwochabend an einem Gitter seiner Zelle mit einem T-Shirt aufgehängt. Er soll einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben, wofür der Öffentlichkeit bisher allerdings keine Belege vorgelegt wurden. Auch über seine Nähe zu islamistischen Terroristen gibt es keine von unabhängiger Seite überprüfbaren Belege.

Der Mann, dessen Namen die Behörden mit al-Bakr angaben, war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Die Verantwortlichen im Gefängnis gingen davon aus, dass «keine akute Suizidgefahr» bestand. «Er war ruhig, er war sachlich. Es gab keine Hinweise auf irgendwelche emotionalen Ausfälle», sagte Gefängnisleiter Rolf Jacob: «Waren wir vielleicht doch ein bisschen zu gutgläubig?»

Der Mann soll von anderen Syrern überwältigt und der Polizei übergeben worden sein. In einer Vernehmung soll er die drei als Mitwisser bezeichnet haben. Der untersuchende Generalstaatsanwalt Fleischmann sagte am Donnerstag bei der PK, dass einer der Männer nicht mehr aufzufinden sei. Über den Verbleib der anderen beiden gibt es keine offiziellen Erkenntnisse. Es ist unklar, ob sie als Zeugen oder Verdächtige gesucht und vernommen werden sollen. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte der Welt: «Es geht jetzt darum, alle Fragen zu klären. Möglicherweise war al-Bakr Teil einer dschihadistischen Zelle, die noch aktiv ist.»

Der Mann soll zunächst alle 15 Minuten in seiner Zelle kontrolliert worden sein. Eine Psychologin schloss nach einer Untersuchung aber Suizidgefahr weitgehend aus, so dass er danach nur noch alle 30 Minuten kontrolliert werden sollte. Gefunden wurde er aber bereits 15 Minuten nach der letzten Kontrolle, weil eine Justizvollzugsanwärterin ihn aus eigenem Antrieb früher kontrollierte.

Der Mann hatte nach Aussage der Behörden auch Hand an die Elektrik in seiner Zelle - die Deckenleuchte und eine Steckdose - gelegt, wie die Gefängnisleitung berichtete. Jacob sprach von Vandalismus. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte dagegen: «Spätestens nach der Manipulation an der Lampe lag die Vermutung nah, dass der Inhaftierte dazu entschlossen war, sich etwas anzutun.» Eine Sitzwache wäre nötig gewesen.

Die Leiche wurde am Donnerstag obduziert, das Ergebnis für Freitag erwartet.

Gefängnischef Jacob betonte, insgesamt betrachtet hätten sich seine Mitarbeiter an alle Vorschriften gehalten. Der Leiter selbst war bis Mittwochabend im Urlaub. In der Leipziger Haftanstalt seien auch früher Selbsttötungen vorgekommen, berichtete Jacob. Videoüberwachte Räume gebe es nicht. Dies sei für Untersuchungshafträume in Sachsen gesetzlich ausgeschlossen. Jacob sagte, im Falle von Suizidgefahr hielte er auch eine Sitzwache vor der Zellentür für besser.

Der Pflichtverteidiger des Mannes, Alexander Hübner zeigte sich «entsetzt und traurig» über den Suizid. «Egal was dem Mandanten vorgeworfen wird: Es ist ein junger Mensch, der sich das Leben genommen hat», sagte der Anwalt der Deutschen Presse-Agentur. «Ich bin davon ausgegangen, dass man ihn ständig beobachtet.» Er wies auch darauf hin, dass Al-Bakr sich geweigert hatte zu essen und zu trinken. «Das ist ja schon was, dass sich jemand wohl offensichtlich selbst schädigen will», sagte Hübner im Deutschlandfunk.

Es ist unbekannt, ob sich der Mann einer Therapie wegen einer Depression unterzogen hat. Solche Therapien sind vor allem im Fall von Depressionen mittlerweile sehr erfolgreich und können das Risiko eines Selbstmords deutlich senken (siehe dazu Informationen der Deutschen Depressionshilfe).


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