Die Italiener wollen am Wochenende der Technokraten-Regierung um Mario Monti einen Denkzettel verpassen. Am Sonntag und Montag sind in rund 1.000 italienischen Gemeinden Kommunalwahlen. Neuesten Umfragen zufolge genießt Montis Regierung nicht einmal mehr die Unterstützung von der Hälfte der Nation. Angesichts der Rezession, der Sparmaßnahmen und der Arbeitsmarktreform fürchten die Abgeordneten der zwei größten italienischen Parteien, dass die Wähler sich bei den Kommunalwahlen gegen ihre Partei entscheiden werden.
Die größte Überraschung im Wahlkampf ist ein neuer Euroskeptiker: Der Stand-Up-Comedian Beppe Grillo tritt als Gegner der EU an. Er plädiert für einen Austritt Italiens aus der Eurozone und käme bis jetzt in den Gemeinden, in denen er antritt auf sieben Prozent. 15 Prozent der italienischen Wählerschaft sind am Wochenende berechtigt, in rund 1.000 Gemeinden ihre Stimme abzugeben. Rechnet man also die möglichen sieben Prozent von Beppe Grilla auf die nationale Ebene hoch, würde seine Protestbewegung „Movimento 5 stelle“ (Fünf-Sterne-Bewegung) die drittstärkste politische Kraft im Lande werden.
Die Demokratische Partei (PD) unter Pier Luigi Bersani Führung und Silvios Berlusconis PDL (Volk der Freiheit) haben neben der Unterstützung Mario Montis auch Schwierigkeiten, viele
Stimmen bei den Kommunalwahlen zu erhalten, weil sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene in der vergangenen Zeit etliche Korruptionsfälle zum Vorschein kamen. Doch auch die Lega Nord, der ehemalige Verbündete von Silvio Berlusconis Partei, die sich gegen Mario Montis Politik aussprach, wird nicht wie Marine Le Pens Front National in Frankreich von der Anti-EU-Politik profitieren können. Denn ausgerechnet die Partei, die sich immer als Kreuzfahrer gegen ein „diebisches“ Rom bezeichnete, wurde unter Umberto Bossi selbst in einen Korruptionsskandal verwickelt worden.
Zeigt sich am Wochenende tatsächlich, dass die Wahlberechtigten zu Protestwahlen greifen und die großen italienischen Parteien abstrafen, hat dies auch Folgen für die nationalen Wahlen im nächsten Jahr. Einerseits müssten die PD und die PDL versuchen, sich möglichst schnell von Mario Montis Sparpolitik zu distanzieren, um überhaupt eine Chance zu haben. Dass diese Strategie aufgeht, ist allerdings sehr fragwürdig: Zu viel Vertrauen auch hinsichtlich der Korruption haben die Parteien verspielt. Andererseits könnte dies die Sorge der Investoren antreiben, welche Regierung überhaupt im nächsten Jahr auf die Technokraten folgen könnte, und wie instabil diese sein würde. Und so könnte ausgerechnet der Unmut der Bevölkerung grotesterweise dazu führen, dass Mario Monti noch eine weitere Amtszeit im Amt bleibt, weil ansonsten keine regierungsfähige Koalition zustande kommt.