Deutschland

de Maizière beklagt mangelnde Abenteuerlust deutscher Soldaten

Lesezeit: 2 min
20.01.2013 03:16
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat seine Untergebenen kritisiert: Die deutschen Soldaten verspüren zu wenig Lust auf Auslandseinsätze und hätten zu viel Sehnsucht nach dem „Hotel Mama“.
de Maizière beklagt mangelnde Abenteuerlust deutscher Soldaten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière ist mit der Moral seiner Truppe unzufrieden. Die deutschen Soldaten hätten ein zu geringes Interesse, weit weg von ihrem Heimatort zu dienen, sagte de Maizière der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Ihnen sei eine Verwendung in der Heimat lieber als ein Auslandseinsatz. De Maizière: „Die Sehnsucht junger Leute nach der großen, weiten Welt wird heute anders bedient. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Interesse für das Unbekannte gibt als Sehnsucht nach dem ,Hotel Mama'.”

Die Aussage ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Denn bisher war es Teil der Politik der CDU, die Familie zu fördern. Dass junge Soldaten lieber bei ihrer Familie leben und sich nicht als Söldner auf fremdem Territorium betätigen wollen, sollte einen CDU-Politiker eigentlich eher freuen.

Vor allem aber gibt de Maizière damit das eigene Versagen zu Protokoll: Offenkundig ist es der Bundesregierung nicht gelungen, den deutschen Soldaten die Sinnhaftigkeit von Auslandseinsätzen zu vermitteln.

Abgesehen von vielen psychischen Problemen bis hin zu Selbstmorden und Selbstmordversuchen der oft schlecht über die brutale Realität der modernen Guerilla-Kriege aufgeklärten Soldaten haben die Deutschen wenig Verständnis dafür, als Soldaten in fremde Regionen geschickt zu werden. Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass globale Kriege oder ihre Begleiterscheinungen („humanitäre Mission“) nicht das sind, wozu sich der deutsche Soldat im 21. Jahrhundert berufen fühlt.

Anstatt seine Soldaten als Weicheier zu beschimpfen, sollte de Maizière vielleicht einmal darüber nachdenken, dass die eigentliche Aufgabe der Bundeswehr aus gutem, durch die Geschichte bedingtem Grunde, die Verteidigung der Heimat ist.

Allen Globalisierungs-Ideologien zum Trotz sehen die Deutschen und ihre Soldaten offenkundig immer noch Deutschland als ihre Heimat an. Diese natürliche Einstellung mit einer infantilen Sehnsucht nach dem „Hotel Mama“ zu diskreditieren passt in die globalen Allmachts-Fantasien einer vom latenten Größenwahn getriebenen EU-Doktrin. Außenminister Guido Westerwelle hatte diese Selbstüberschätzung mit seiner Aussage zum Ausdruck gebracht, Mali liege „vor der europäischen Haustür“ (mehr hier).

Außerdem dürften bei der Anhänglichkeit der jungen Soldaten an ihr Elternhaus auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen. Neben der sozialen Entwurzelung, die jeder Auslandseinsatz nach sich zieht, können es sich viele Bundeswehr-Angestellte nicht leisten, ihre Beziehungen zur Familie zu kappen. Denn ein noch so heroischer Auslandseinsatz ist mitnichten eine Job-Garantie für die Zeit danach. Selbst wenn man eine Versendung in ein Krisengebiet körperlich unversehrt übersteht, müssen die meisten Soldaten nach ihrer Rückkehr oft von vorne beginnen. Die vage Andeutung de Maizières, Zeitsoldaten künftig schneller auf der Karriere-Leiter nach oben zu hieven ist eine leere Versprechung.

Die Heimatverbundenheit der deutschen Soldaten ist nicht Ausdruck der Verweichlichung, sondern eher dafür, dass die Soldaten ihren gesunden Menschenverstand nicht beim Ausfassen der Uniform abgegeben haben.

PS: de Maizière hat in seiner Karriere in Koblenz, Münster, Freiburg, Schwerin, Dresden und Berlin gedient (hier auf seiner Website zu finden).

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sicher beschaffen in Krisenzeiten

Die Auswirkungen von Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und damit verbundene Versorgungsengpässe stellen auch den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Melonis Italien wird zur Gefahr für Europas Finanzsystem
27.09.2023

Weithin unbemerkt steuert Italien unter seiner Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auf eine neue Finanzkrise zu. Die Reformen, die Italien...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB droht den Banken die Daumenschraube anzuziehen
27.09.2023

EZB-Ratsmitglied Holzmann schlägt eine Verzehnfachung der Mindestreserve vor. Den Banken drohen Kosten in Milliardenhöhe, die sie an die...

DWN
Politik
Politik Bayern soll Gas aus Italien geliefert bekommen
27.09.2023

Bayern kann mit Gas-Lieferungen aus Italien rechnen. Mit der neu entstehenden Pipeline "Adriatic Line" wird eine Alternative zu Russland...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutscher Arbeitsmarkt im Strudel der schwachen Konjunktur
27.09.2023

Wegen der schwachen Konjunktur fehlen die Aufträge. Die Bereitschaft der Unternehmen, neue Mitarbeiter einzustellen, liegt daher auf dem...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN Marktreport: Rohstoffmärkte ziehen die Handbremse an
26.09.2023

Die anhaltende Dollar-Rally streut den Rohstoffbullen zunehmend Sand ins Getriebe. Auch die jüngste Zinserhöhungspause der US-Notenbank...

DWN
Politik
Politik KfW-Studie: Mittelstand kommt mit teurer Energie gut klar
27.09.2023

Der deutsche Mittelstand hat die hohen Energiepreise gut verkraftet, so eine Studie der staatlichen Förderbank KfW. Die Unternehmen heizen...

DWN
Politik
Politik Auf dem Weg in die Einsamkeit
26.09.2023

Wirtschafts- und Energiepolitik, Migration, Außenpolitik – die Liste der Themen wird immer länger, bei denen die Grünen mit ihren...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehrheit der Immobilienbesitzer verweigert Klima-Sanierung
27.09.2023

Die meisten Immobilienbesitzer in Deutschland planen einer Umfrage zufolge in nächster Zeit keine Sanierungsmaßnahmen wie den Einbau...