Matthias Brunnert von der dpa berichtet:
Eine Tat, die Fassungslosigkeit auslöst: Mit einem Seil hat ein Mann eine junge Frau an die Anhängerkupplung eines Autos gebunden und Hunderte Meter weit durch die Innenstadt von Hameln geschleift. Das 28-jährige Opfer schwebt in Lebensgefahr. Der 38 Jahre alte frühere Lebensgefährte der Frau und Vater des gemeinsamen Kindes hat sich der Polizei gestellt. «Es ist unvorstellbar, mit welcher Brutalität und Menschenverachtung diese Tat ausgeführt wurde», sagte Hamelns Stadtsprecher Thomas Wahmes am Montag. «Hier sind alle erschüttert.»
Der Hintergrund des Verbrechens liegt noch im Dunkeln. «Wir gehen aber von einer Beziehungstat aus», sagte Polizeisprecher Jens Petersen.
Nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei hat der aus dem nahen Bad Münder stammende 38-Jährige der Frau am frühen Sonntagabend im Hamelner Stadtzentrum ein etwa fingerdickes Seil um den Hals gebunden und den Strick dann an die Anhängerkupplung eines Auto geknotet. Der Mann sei dann losgefahren und habe die Frau über Asphalt- und Kopfsteinpflaster-Straßen hinter dem Fahrzeug her geschleift, sagte Petersen. «Insgesamt rund 250 Meter weit.»
Das Seil habe sich dann während der Fahrt vom Auto gelöst. «Unklar ist noch, ob es gerissen ist oder ob sich der Knoten gelockert hat», sagte Petersen. Die 28-Jährige blieb jedenfalls auf dem Gehweg neben der Kaiserstraße liegen. Dort wurde die lebensgefährlich verletzte Frau von Passanten entdeckt, unter anderem von Polizisten, die kurz vor dem Schichtwechsel auf dem Weg zum Dienst waren. Unmittelbar nachdem sich das Seil gelöst hatte, stellte sich der Fahrer bei einer nahen Wache der Polizei.
Nach einer ersten Notoperation im Hamelner Krankenhaus wurde das Opfer mit einem Hubschrauber in eine Spezialklinik nach Hannover geflogen und dort erneut operiert. Die Frau liege im Koma und schwebe weiterhin in akuter Lebensgefahr, sagte Petersen am Nachmittag.
Die «Deister- und Weserzeitung» berichtete, die 28-Jährige habe neben den Verletzungen durch das Mitschleifen auch Stichverletzungen erlitten. Die Polizei kommentierte dies wegen der laufenden Ermittlungen nicht. Als «reine Gerüchte» wies Sprecher Petersen dagegen Meldungen in sozialen Netzwerken zurück, es habe eine Schießerei gegeben.
Der 38-Jährige stellte sich am Sonntag freiwillig der Polizei und ließ sich widerstandslos festnehmen. Der Mann habe sich zwar «als Täter zu erkennen gegeben», sagte Petersen. Zu Hintergrund und Motiv habe der Verdächtige aber weder nach seiner Festnahme noch während weiterer Vernehmungen am Montag irgendwelche Angaben gemacht.
Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei hatten Opfer und Täter eine persönliche Beziehung. Es gebe auch ein gemeinsames Kind, sagte Sprecher Petersen. Sie seien aber nicht verheiratet gewesen. Beide seien deutsche Staatsangehörige kurdischer Abstammung und gehörten zu verschiedenen Großfamilien. Aus Angst vor möglichen Racheakten habe die Polizei nach der Tat «Schutzmaßnahmen» ergriffen, sagte Petersen. Es habe bis zum Montagnachmittag aber keinerlei Störungen oder sonstige kritische Vorfälle gegeben.
Der 38-Jährige sollte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover noch am Montag dem Haftrichter beim Amtsgericht Hameln vorgeführt werden.
In Hameln habe «die beispiellose Tat» nachhaltige Erschütterung hervorgerufen, sagte Stadtsprecher Wahmes. «Es ist schwer zu begreifen, dass ein solches Verbrechen hier nur ein paar Straßen vom Rathaus entfernt begangen wurde.»