Carsten Maschmeyer, der Finanzinvestor und AWD-Gründer, hat bei seiner Zeugenbefragung durch die Abgeordneten gesagt, er habe nie wissentlich in «Cum-Ex»-Geschäfte investiert. Er habe sein Geld windigen Finanzberatern anvertraut und wurde betrogen. "Als Geschädigter kann ich hier berichten, was mir passiert ist", beginnt der mit dem umstrittenen Finanzvertrieb AWD zu Millionen gekommene Startup-Financier seine Zeugenaussage vor dem "Cum-Ex-"-Untersuchungsausschuss des Bundestages am Donnerstag. Niemals habe er wissentlich Geld in die fragwürdigen Aktiendeals investiert, mit denen die Steuerzahler um Milliarden gebracht wurden. Es folgt eine lange Geschichte über eine zerrüttete Freundschaft, den Verlust und schließlich die gelungene Rückeroberung von Millionen.
Seit Monaten bemüht sich der Ausschuss, Licht in das Dickicht des wohl größten Steuerskandals in der deutschen Geschichte zu bringen. Meterweise Akten und Zeugenprotokolle belegen aus Sicht der Abgeordneten, dass Banken und Großinvestoren bis 2012 den Staat ausgeplündert haben, indem sie sich eine einmal abgeführte Steuer auf Aktiendividenden mehrfach vom Fiskus zurückholten. Ob das legal war, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Aus Sicht der Steuerbehörden war es illegal. Mit von der Partie waren auch reiche Privatleute auf der Jagd nach Rendite. Einige wussten wohl, was sie taten - andere aber offenbar nicht.
Die Fakten sehen Carsten Maschmeyer zufolge so aus: 2010 habe ihm sein langjähriger Freund, der Spross der Schweizer Privatbankiers-Dynastie Eric Sarasin ein Geschäft vorgeschlagen. Maschmeyer möge doch in Aktienfonds der Bank Safra Sarasin investieren; die Zielrendite liege bei acht bis zehn Prozent. Das Besondere: Das Geld sei zu 98 Prozent abgesichert - kurz nach der Finanzkrise ein echtes Kaufargument. Maschmeyer investierte zunächst als Test fünf Millionen und dann noch einmal zehn Millionen Euro.
Und weil alles lief wie erwartet, sammelte Carsten Maschmeyer nach eigenen Angaben für ein drittes Investment 20 Millionen Euro bei seinem ältesten Sohn, zehn Millionen Euro bei dessen jüngeren Bruder, zwei Millionen Euro bei seiner Ex-Frau Bettina sowie je 500.000 Euro bei seiner Frau - der Schauspielerin Veronica Ferres - und seinem Freund, dem Fußballtrainer Mirko Slomka, ein. Er selbst gab sieben Millionen in den insgesamt 40 Millionen Euro schweren Topf. Dann begannen die Probleme: Die Bank zahlte nicht zurück, weil der Fiskus die "Cum-Ex"-Masche nicht mehr mitmachen wollte. Die Kurzfassung: Es folgte ein Rechtsstreit, Eric Sarasin verließ die Bank und Carsten Maschmeyer bekam das Geld weitgehend wieder zurück.
Ob er denn nicht gewusst habe, was genau die Fonds täten, wollen die Abgeordneten von dem TV-Star der Casting-Show "Die Höhle der Löwen wissen", in der Maschmeyer Jungunternehmern akribisch auf die Finger und die Zahlen guckt. Einen Prospekt habe er nicht bekommen, sagt Carsten Maschmeyer, Unterlagen auch nicht. Ihm sei von Sarasin und einem Bankberater versichert worden, dass es sich um normale Aktien-Dividenden-Fonds handele, die eben "gehedged", also abgesichert, seien. Wie genau, habe er, der Nicht-Fachmann, aber nicht gewusst. Erst als es Probleme gegeben und er von "Cum-Ex" Ende 2012 in der Zeitung gelesen habe, sei ihm der Verdacht gekommen, dass die Bank das Geld möglicherweise "abgezweigt" habe, um damit "Cum-Ex"-Geschäfte zu betreiben.
Zu Eric Sarasin habe es "ein enormes Vertrauensverhältnis" gegeben, zur Bank Safra Sarasin jahrelange Beziehungen des AWD. Außerdem sei die Bank mehrfach ausgezeichnet worden für ihre Vermögensverwaltung: "Das war wie wenn der Daimler dir selber sagt, kannst dich ruhig ins Auto setzen, da ist ein Airbag drin." Näher nachgeschaut, was die Sheridan-Fonds der Bank machen, hat Carsten Maschmeyer seiner Darstellung nach dann auch nicht selber in Zürich, sondern sein Sohn, der gerade ein Praktikum bei der Deutschen Bank gemacht habe und die Welt der Anlageberatung kennenlernen sollte. Maschmeyer senior sagt, ihm selbst habe ein Sarasin-Berater zur Information "zwei Zettel hingehalten", aber nicht gegeben.
Vor dem 40-Millionen-Investment habe er Eric Sarasin aber angerufen und gefragt: "Ist das sicher?" Sarasin habe bejaht und Veronica Ferres bei einem Champions-League-Spiel in der Münchner Allianz-Arena versichert: "Veronika, mach dir keine Sorgen, das ist wie mündelsicher!"
Nach einer guten Stunde ist dann der Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick an der Reihe, der den "Cum-Ex"-Ausschuss ins Rollen brachte. Spöttisch merkt er an, Maschmeyer habe sich wohl verhalten wie mancher AWD-Kunde, der sich nicht habe richtig beraten lassen und dann sein Geld zurückwolle. Das will der Geldexperte nicht auf sich sitzen lassen: "Ich nehme diese Wahlkampfironie zur Kenntnis", sagt er. Bei AWD sei das anders gewesen: "Wenn wir einem Kunden eine Lebensversicherung verkauft haben, hat der hinterher nicht einen Bausparvertrag gehabt."