Finanzen

China warnt EU und USA vor weltweitem Handelskrieg

Die EU und die USA verweigern China weiterhin den Status als Marktwirtschaft. Die angestrebten Klagen Chinas könnten der Auftakt zu einem Handelskrieg sein.
17.12.2016 13:34
Lesezeit: 4 min

Einen Monat vor dem Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump warnt China vor einem Handelskrieg zwischen den beiden führenden Wirtschaftsmächten der Welt. "Wir hoffen, dass es dazu nicht kommt. Sonst könnten beide Länder Schaden nehmen", sagte Vize-Finanzminister Zhu Guangyao am Samstag auf einer Wirtschaftskonferenz. Seinen Worten zufolge wird die Volksrepublik ihre zentralen Interessen entschlossen wahren. "China wird geeignete Schritte unternehmen, um einen möglichen Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten zu bewältigen", betonte Zhu. Dazu gehörten bilaterale Verhandlungen und Gespräche mit der Welthandelsorganisation (WTO).

Trump zieht am 20. Januar ins Weiße Haus in Washington ein. Er hat angekündigt, gleich am ersten Amtstag China als Währungsmanipulator an den Pranger zu stellen. Außerdem sollen Einfuhrzölle auf chinesische Waren in Höhe von 45 Prozent erhoben werden. Für zusätzliche Spannungen sorgte Trumps Telefonat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing Wen. Dagegen protestierte die Staatsführung in Peking, denn sie betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz.

China ruft im Streit über die Handels-Politik der Europäischen Union und der USA die Welthandelsorganisation WTO an, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Pekinger Regierung warf der EU und den Vereinigten Staaten am Montag vor, China entgegen früherer Abmachungen noch nicht wie vereinbart als Marktwirtschaft anerkannt zu haben. Damit reagierte die Volksrepublik auf eine am Sonntag abgelaufene Frist, die bei Chinas WTO-Beitritt vor 15 Jahren gesetzt wurde. Bis zu diesem Termin hatte China eine Art Sonderstatus akzeptiert, der anderen Länder bestimmte Vorteile bei der Festlegung von Anti-Dumping-Zöllen einräumte.

Das chinesische Handelsministerium erklärte auf seiner Internetseite, nach 15 Jahren seien nun alle WTO-Mitglieder zu einem Verzicht auf diese Praktiken angehalten. „Dieser Verpflichtung sind die USA und die Europäische Union leider noch nicht nachgekommen.“ Deshalb werde China seine Rechte vor der WTO entschlossen verteidigen. Der Status als Marktwirtschaft ist für China von großer Bedeutung, weil er Gegnern in Dumping-Verfahren die Beweisführung erschweren würde. Konkret geht es um die Bezugsgrößen für die Definition von Dumping-Preisen. Mit Blick auf den sich anbahnenden Konflikt zeigte sich auch die deutsche Industrie schon vor Monaten alarmiert.

Das US-Handelsministerium erklärte unlängst, die Zeit sei noch nicht reif, China als Marktwirtschaft einzustufen. Auch der künftige Präsident Donald Trump spricht dem Land diesen Status immer wieder ab. Die USA werfen China vor, bei Marktreformen hinter den Erwartungen zurückzubleiben. Schließlich würden noch immer chinesische Konzerne die Weltmärkte mit ihrer Überproduktion beispielsweise an Stahl fluten und Wettbewerber damit unter Druck setzen. Auch in der EU gab es Widerstand gegen eine neue Bewertung Chinas. Früheren Angaben von EU-Diplomaten zufolge dürfte die WTO-Klage der Chinesen aber erst einmal ein jahrelanges Verfahren auslösen.

Am Freitag verhängten die USA Strafzölle auf importierte chinesische Waschmaschinen. Diese Importe erreichten im vergangenen Jahr einen Umfang von über 1,1 Milliarden Dollar. Zudem gab die US-Regierung bekannt, Strafzölle auf chinesische Sperrholzplatten zu prüfen. Der zukünftige US-Präsident Donald Trump hatte in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, die Gangart gegenüber China zu verschärfen. „Eine der wichtigsten Beziehungen, die wir verbessern müssen, ist die Beziehung zu China. China ist für die Hälfte des amerikanischen Handelsdefizits verantwortlich und sie haben nicht nach den Regeln gespielt“, sagte Trump in der vergangenen Woche.

China hingegen beklagt eine Doppelmoral der Industriestaaten in Fragen des Marktzutritts. „Hier geht es darum, unsere Rechte zu verteidigen und die Regeln einzuhalten. China ist nicht das China der Vergangenheit. Unsere Reaktion wird hart sein“, zitiert die Financial Times eine Denkfabrik des chinesischen Handelsministeriums.

Die EU steuert hingegen offenbar weiter auf eine Konfrontation mit China zu. Zum Schutz ihrer Industrie haben sich die EU-Staaten auf Instrumente gegen Billigimporte geeinigt, berichtet Reuters. Nach dreijährigen Verhandlungen entschieden die Botschafter der 28 Mitgliedsländer am Dienstag mit qualifizierter Mehrheit, dass höhere Strafzölle erhoben werden können, wenn die Exporteure von künstlich niedrig gehaltenen Rohstoffpreisen in ihrem Heimatland profitieren. Nach Ansicht des für Handelsfragen zuständigen slowakischen Ministers Peter Ziga, unter dessen Vorsitz die Einigung im EU-Rat zustande kam, erhalten EU-Produzenten damit die Möglichkeit, sich gegen unfairen Wettbewerb zur Wehr zu setzen. „Europa darf nicht naiv sein und muss seine Interessen verteidigen, vor allem wenn es um Dumping geht“, sagte er.

Mit den neuen Regeln sollen sich Zölle in der EU nicht mehr an Handelspreisen orientieren, die infolge staatlicher Subventionen künstlich niedrig gehalten werden können. Stattdessen würden internationale Preise als Maßstab gelten. Damit wären Strafzölle auch weiter gegen Stahlprodukte aus China möglich, auch wenn das Land von der Welthandelsorganisation (WTO) den Status als Marktwirtschaft erhält. In den USA sind die Einfuhrzölle auf kaltgewalzten Stahl aus China beispielsweise mit mehr als 200 Prozent über zehnmal höher als in der EU. Außerdem soll die EU-Kommission schon früher und nicht erst nach neun Monaten einschreiten können, um europäische Produzenten durch Einfuhrzölle zu schützen. Zudem kann sie Ermittlungen auf eigene Faust aufnehmen und nicht erst nach Beschwerden aus der Industrie.

Handelsorientierte EU-Länder wie Großbritannien lehnten die neuen EU-Regeln Diplomaten zufolge ab, Deutschland stimmte dafür. Nach der Entscheidung der Mitgliedsländer muss noch das EU-Parlament den Plänen zustimmen.

Einem amerikanischen Autohersteller drohen in der Volksrepublik China inzwischen Strafen. Das namentlich nicht genannte Unternehmen soll wegen unerlaubter Preisabsprachen bestraft werden, wie aus einem Bericht der Zeitung China Daily hervorgeht. Die Buße soll schon bald verhängt werden, wurde ein ranghoher Mitarbeiter der staatlichen Planungsbehörden (NDRC) zitiert. Er warnte demnach zugleich davor, den Schritt falsch zu interpretieren, weil es sich um eine US-Firma handelt und die Ankündigung gerade jetzt erfolgt.

Auf dem chinesischen Auto-Markt sind auch die Opel-Mutter General Motors (GM) und Ford präsent. Ein Ford-Sprecher sagte, der Konzern habe keine Kenntnisse von einer solchen Strafe. GM lehnte eine Stellungnahme ab.

Trump liegt mit der Führung in Peking in mehreren Fragen im Clinch. Vor wenigen Tagen hatte er Gegenleistungen dafür verlangt, dass die USA die Unabhängigkeit des Inselstaats Taiwan weiterhin nicht anerkennen, der von China als abtrünnige Provinz betrachtet wird. Die chinesische Regierung warnte daraufhin vor Gefahren für Frieden und Stabilität in der Region. Auch Chinas Wechselkurs-Politik, das Vorgehen im Südchinesischen Meer sowie die Beziehungen zum ebenfalls kommunistischen Nordkorea sind Trump ein Dorn im Auge.

China war bereits in den vergangenen Jahren gegen mehrere internationale Autokonzerne wegen Preisabsprachen vorgegangen. So verdonnerte die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) im Jahr 2014 die VW -Tochter Audi und ihren Joint-Venture-Partner zur Zahlung von rund 30 Millionen Euro. Die Behörde hat auch BMW, Daimler, Toyota und Nissan im Visier.

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