Politik

Geheimdienste: Keine Belege für Putin-Kampagne gegen Bundesregierung

Der BND und der Verfassungsschutz sind in einer einjährigen, umfangreichen Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen: Es gibt keine Belege für eine russische Desinformationskampagne gegen die Bundesregierung. Die EU hatte dies noch vor wenigen Tagen behauptet - und ist nun blamiert.
07.02.2017 00:04
Lesezeit: 2 min

Deutsche Geheimdienste haben in umfangreichen Ermittlungen keine eindeutigen Beweise für eine russische Desinformations-Kampagne gegen die Bundesregierung gefunden. Trotz dieses Ergebnisses sähen der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) keinen Grund zur Entwarnung, berichteten "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR am Montag.

Die Medien stützten sich auf das Ergebnis einer fast einjährigen Ermittlung. "Wir haben keine Smoking Gun gefunden", hieß es den Medien zufolge in Regierungskreisen über den Versuch, einen schlagenden Beweis für politische Einmischung Russlands zu finden. Solch einen Beleg hätte die Regierung gerne präsentiert, um Russland vor Aktionen dieser Art zu warnen, schreibt die AFP.

Dieses Ergebnis ist eine schallende Ohrfeige für die EU-Kommission: Sie hatte eine "Task Force" beauftragt, die Auswirkungen einer solchen angeblichen Kampagne zu untersuchen. Noch vor wenigen Tagen hatte die dpa herzlich unkritisch über die EU-Aktivitäten berichtet und behauptet:

"Bundeskanzlerin Angela Merkel steht nach Ansicht von EU-Experten im Visier gezielter Desinformationskampagnen. Sie stehe vermutlich stärker im Fokus als jede andere öffentliche Person in Europa, hieß es am Montag in Brüssel aus dem Umfeld einer Arbeitsgruppe, die versucht, vor allem russische Fehlinformationen zu widerlegen. Merkel wurde den Angaben zufolge beispielsweise unterstellt, mit den islamistischen Attentätern von Brüssel und Paris unter einer Decke zu stecken.

Ein Fokus der seit September 2015 aktiven EU-Arbeitsgruppe sind unter anderem russischsprachige Medien. Die Moskauer Regierung nutze Falschmeldungen bewusst als Machtinstrument, hieß es. Bisher haben die elf Mitarbeiter demnach insgesamt 2500 Meldungen widerlegt. Dies stelle aber nur einen Bruchteil kursierender Fehlinformationen dar."

Diese dpa-Meldung kann nun getrost unter der Rubrik "Fake News" abgelegt werden. Unter anderem hatte die Task Force der EU-Kommission auch die Deutschen Wirtschafts Nachrichten bezichtigt, ein U-Boot Putins zu sein, musste dann nach einem massiven Protest der DWN eine offenkundige Fälschung zurückziehen.

Die AFP berichtet, ursprünglich hätten die Geheimdienste geplant, die als geheime Verschlusssache eingestufte Untersuchung zumindest teilweise zu veröffentlichen. Doch angesichts fehlender Beweise werde eine Veröffentlichung nicht für sinnvoll gehalten. Dies hätte das ohnehin angespannte Verhältnis zu Russland nur noch weiter belastet.

Das Kanzleramt habe allerdings angeordnet, den Sachverhalt weiter zu untersuchen. Denn der Bericht der Sonderauswertung "Sputnik" des Verfassungsschutzes und des Arbeitskreises "Psychologische Operationen" des BND sei aus Sicht der Regierung auch kein "Freispruch" für Putin - was allerdings etwas anmaßend wirkt, denn ein Freispruch setzt ein rechtsstaatliches Verfahren voraus, während wir hier uns im unkontrollierte Bereich von geheimdienstlichen Operationen bewegen. Solche Operationen zeichnen sich in der Regel durch die Definition von "alternative Fakten" aus.

Der Geheimdienstbericht dokumentiert demnach einen seit 2014 "konfrontativeren Kurs" Russlands gegenüber Deutschland und nennt die Berichterstattung russischer Medien und deren deutschen Ableger "feindselig".

Die Verantwortung für solche Beeinflussungsversuche sähen die deutschen Geheimdienste direkt in der Präsidialadministration des Kreml. Es sei aber schwer, die Grenze zwischen überzogener und falscher Berichterstattung und Desinformation zu ziehen, heißt es in dem Bericht.

Hintergrund ist die Sorge, dass Russland - wie möglicherweise bereits in den USA geschehen - in Wahlen eingreifen könnte - etwa indem es geheime Dokumente veröffentlicht, die bei Hackerangriffen erbeutet wurden, oder indem es rechtspopulistischen Parteien hilft. Mit Frankreich und den Niederlanden, wo ebenfalls Wahlen anstehen, vereinbarten die deutschen Geheimdienste nun eine enge Zusammenarbeit, wie die Medien berichteten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen IPO-Fällt aus: Stada-Übernahme statt Stada-Börsengang
01.09.2025

Die geplante Börsennotierung von Stada wurde überraschend gestoppt – stattdessen haben sich hinter den Kulissen Investoren positioniert...

DWN
Politik
Politik Spahn und Miersch: Solidaritätsbesuch in der Ukraine
01.09.2025

Ein seltener gemeinsamer Solidaritätsbesuch führt Jens Spahn und Matthias Miersch nach Kiew. Inmitten eskalierender Angriffe beraten sie...

DWN
Politik
Politik Putin beim China-Gipfel der SOZ: Alte Weltordnung am Ende
01.09.2025

Beim China-Gipfel der SOZ in Shanghai skizziert Wladimir Putin eine neue Weltordnung. Russland und China treten geschlossen auf, während...

DWN
Politik
Politik Vermögenssteuer treibt Europas Millionäre in die Flucht
01.09.2025

Die Debatte um die Vermögenssteuer spaltet Europa: Während Politiker Milliarden erhoffen, zeigt das Beispiel Norwegens, wie Reiche und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mehr Arbeit – weniger Erfolg? Warum lange Arbeitswochen schaden
01.09.2025

Die Bundesregierung prüft längere Arbeitszeiten – theoretisch könnten Beschäftigte künftig bis zu 73,5 Stunden pro Woche arbeiten....

DWN
Finanzen
Finanzen Saab-Aktie: Neue Drohnenkiller-Rakete Nimbrix soll den Markt revolutionieren
31.08.2025

Saab hat eine neue Waffe entwickelt, die Drohnen und ganze Schwärme zerstören soll. Mit dem Projekt „Nimbrix“ hofft der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Stagnation und Rezession: Was es konkret heißt, dass die deutsche Wirtschaft schrumpft
31.08.2025

Deutschlands Wirtschaft steckt weiter fest: Das Bruttoinlandsprodukt schrumpft stärker als erwartet, die Rezession dauert an. Während...

DWN
Immobilien
Immobilien House Flipping: Wie Sie mit sanierungsbedürftigen Objekten Geld machen können
31.08.2025

Der USA-Trend findet auch hierzulande immer mehr Anklang: Beim House Flipping geht es darum, möglichst günstig Immobilien zu erwerben,...