Politik

Mehr Asylbewerber: Kanada verstärkt Polizei an US-Grenze

Kanada verstärkt den Grenzschutz zu den USA. Die Kanadier nehmen nur Asylbewerber auf, die sie vor der Einreise ausgesucht haben. Am Krieg im Nahen Osten sind die Kanadier allerdings auch beteiligt, weshalb allen Aktionen der Geruch der Doppelmoral anhaftet.
22.02.2017 10:23
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die kanadische Polizei verstärkt laut Reuters wegen der wachsenden Zahl von Asylbewerbern ihre Kräfte an der Grenze zu den USA. Sowohl die Grenzschutzbehörde CBSA als auch die Bundespolizei RCMP hätten mehr Personal in die Provinz Québec beordert, erklärten beide Behörden am Montag. Demnach wurde auch ein provisorisches Aufnahmezentrum eingerichtet, um die wachsende Zahl der Neuankömmlinge aus den USA zu bewältigen. Dem Grenzschutz zufolge stieg die Zahl der ankommenden Asylbewerber in Québec im Januar auf 452. Vor einem Jahr waren es noch 137.

Der Übertritt von den USA nach Kanada ist für Asylbewerber eigentlich illegal, weil die Regierung in Ottawa das Nachbarland als sicher einstuft. Angesichts des härteren Kurses des neuen US-Präsidenten Donald Trump gegen Einwanderer fordern Organisationen wie Amnesty International aber, das entsprechende Abkommen zu beenden und die USA faktisch zu einem unsicheren Land zu erklären.

Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau hat sich verbal von Trump abgegrenzt und erklärt, in seinem Land seien Flüchtlinge unabhängig von ihrer Religion willkommen. Tatsächlich verfolgt Kanada jedoch eine sehr gezielte Einwanderungspolitik, die nach klaren Kriterien geregelt ist: So werden alleinstehende Männer nur aufgenommen, wenn sie wegen ihrer Religion oder sexuellen Orientierung verfolgt und bedroht werden.

Am Dienstag gab Kanada bekannt, 1200 Jesiden aufnehmen zu wollen, die im Irak von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) verfolgt werden. "Einzelne Überlebende sind in den vergangenen Monaten bereits in Kanada eingetroffen", sagte Einwanderungsminister Ahmed Hussen am Dienstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz in Ottawa. Seit Oktober wurden demnach bereits 400 Jesiden nach Kanada ausgeflogen.

Bei den Betroffenen handele es sich um 1200 "besonders verwundbare Überlebende" und deren Angehörige, die vom IS verfolgt worden seien, sagte der Minister. Ziel war es zunächst, bedrohte Frauen und Mädchen nach Kanada zu bringen. Allerdings habe der IS auch gezielt Jungen angegriffen, weshalb auch minderjährigen Überlebenden geholfen werden solle - eine Ausnahme zu den bisherigen Regeln.

Die Jesiden kommen nach Worten Hussens nach und nach "kontrolliert" ins Land, damit das kanadische System zur Aufnahme von Flüchtlingen nicht überbelastet werde. Seit der Amtsübernahme des kanadischen Premierministers Justin Trudeau Ende 2015 hat Kanada bereits 40.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen.

US-Präsident Donald Trump hatte vor einigen Wochen angekündigt, Christen stärkeren Schutz bieten zu wollen. Taten sind bisher nicht gefolgt - insbesondere geht der Krieg im Nahen Osten unvermindert weiter. Die USA wollen eine pan-arabische Allianz gründen, um gegen den Iran anzutreten.

Die Jesiden bilden in mehreren Ländern vor allem der Nahostregion religiöse Minderheiten. Ethnisch rechnen sie sich überwiegend zur Volksgruppe der Kurden. Die Jesiden werden vom IS brutal verfolgt.

Der IS wird von den Golfstaaten finanziert, die die engsten Verbündeten des Westens im Nahen Osten sind. Zahlreiche islamistische und internationale Söldner-Truppen werden vom Westen unterstützt.

Der Kampf gegen die Christen trägt eindeutig den Charakter der ethnischen Säuberungen. Die christlichen Kirchen in Europa haben sich zu den Verbrechen der indirekt vom Westen unterstützten Islamisten bisher bedeckt gehalten. In Deutschland haben die Kirchen wegen der Kirchensteuer eine besondere Nähe zur jeweiligen Bundesregierung.

Die Kanadier sind Teil der US-Militärkoalition und der Nato und daher in diesem Krieg Partei. Statt moralischer Sprüche und vermeintlich humanitärer Gesten wäre es die Pflicht der kanadischen Regierung, auf ein Ende der ethnischen Säuberungen zu dringen, damit die Jesiden nicht aus ihrer Heimat vertrieben und zu einem schwierigen Neuanfang in tausenden Kilometer Entfernung von ihrer Heimat gezwungen werden.

Die Kanadier sind laut AFP immer noch mehrheitlich für die Aufnahme von Flüchtlingen: Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Instituts Angus Reid hervor. Die Mehrheit der Befragten (58 Prozent) ist der Meinung, dass die kanadische Regierung genügend Flüchtlinge aufnimmt oder noch mehr aufnehmen sollte.

Etwa 40 Prozent sind der Ansicht, dass es "bereits zu viele Migranten" gibt und Kanada "nicht noch mehr Flüchtlinge" aufnehmen sollte. Für die repräsentative Umfrage wurden zwischen dem 6. und dem 9. Februar mehr als 1500 Kanadier befragt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...