Politik

Postbank ist unverkäuflich und wird wieder Teil der Deutschen Bank

Die Deutsche Bank integriert die Postbank in den Konzern und führt eine Kapitalerhöhung durch. Die neuen Maßnahmen deuten auf eine defensive Strategie des wegen vieler Rechtsstreitigkeiten unter Druck geratenen Konzerns hin.
05.03.2017 18:34
Lesezeit: 3 min

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Die Deutsche Bank versucht abermals einen Befreiungsschlag: Rund acht Milliarden Euro will Deutschlands größtes Geldhaus am Markt einsammeln, um seine vergleichsweise dünne Kapitaldecke zu stärken. Vorstandschef John Cryan lockt die Anleger, die in den vergangenen Jahren viel Geld verloren haben, mit dem Versprechen, dass dieses Mal alles besser wird. Deshalb baut er den unrentablen Konzern zum zweiten Mal in nur anderthalb Jahren um. Die unverkäufliche Postbank soll wieder voll ins Privatkundengeschäft integriert, dafür ein Teil der Vermögensverwaltung an die Börse gebracht werden. Das Investmentbanking – der Handel sowie das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft – werden wieder in eine Sparte zusammengeführt.

Postbank-Chef Frank Strauß soll im Zuge der Re-Integration der Postbank zusammen mit Sewing das Privat- und Firmenkundengeschäft leiten und dann auch in den Vorstand der Deutschen Bank einziehen.

Die erneute Kehrtwende mit der Postbank zeigt, wie schlecht es ist, wenn die Politik und Banken-Manager nicht mehr langfristig, sondern nur reflexartig reagieren. Die Deutsche Bank hatte die Postbank in der Finanzkrise auf Drängen der Bundesregiuerng gekauft. Wirklich anfangen konnten die Deutsche-Manager mit der biederen Bank nichts, die sich vor allem durch Gratis-Girokontos für jedermann einen Namen gemacht hatte. Im Zeitalter der Negativzinsen kann sich auch die Postbank solche Geschenke nicht mehr leisten. Es ist auch bezeichnend für die ganze Banken-Szene, dass sich kein Käufer für die Postbank gefunden hat. Für die Postbank ist das Hin- und Her unerfreulich, weil viele interne Prozesse mit vielen Richtungswechseln entsprechende Reibungsverluste hinnehmen müssen.

Auch die Deutsche Bank selbst fährt nach den zermürbenden Rechtsstreitigkeiten eher einen defensiven Kurs. Das belegen die jüngsten Personalien. Finanzchef Marcus Schenck und Privatkundenvorstand Christian Sewing werden mit sofortiger Wirkung zu stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands ernannt. Damit steigen zwei Vorstände auf, die schon länger als Kronprinzen für Bankchef John Cryan gehandelt werden.

Schenck soll im Laufe des Jahres eine andere Aufgabe übernehmen: Er wird nach Konzernangaben zusammen mit Garth Ritchie die Leitung der neuen – mit dem Handel wieder zusammengeführten – Unternehmens- und Investmentbank übernehmen. Dafür geht Investmentbankchef Jeffrey Urwin von Bord. Über einen Nachfolger als Finanzchef ist noch nicht entschieden.

„Unsere Entscheidungen sind ein wichtiger Schritt, um die Deutsche Bank stärker zu machen und wieder wachsen zu können“, erklärte Vorstandschef John Cryan am Sonntag laut Reuters. „Die Kapitalerhöhung wird unsere Finanzkraft erheblich verbessern.“ Bis zu 687,5 Millionen neuen Aktien wirft das Geldhaus nun auf den Markt, voraussichtlich ab dem 21. März. Damit soll die harte Kernkapitalquote dauerhaft auf deutlich über 13 Prozent gehievt werden. Der Börsengang der Vermögensverwaltung und andere Verkäufe könnten weiterhin bis zu zwei Milliarden Euro in die Kasse spülen, schätzt das Institut.

Etliche große Investoren hatten hinter den Kulissen seit Monaten Druck gemacht. Sie halten Cryan zwar zugute, seit seinem Amtsantritt im Sommer 2015 die größten Rechtsstreitigkeiten abgeräumt zu haben. Allerdings vermissten sie auch einen konkreten Plan, wie die Deutsche Bank in die Zukunft marschieren will. Im Kerngeschäft Investmentbanking haben die Frankfurter Marktanteile verloren, in der Vermögensverwaltung zogen Kunden zuletzt aus Sorge um die Stabilität der Bank Milliarden ab. Cryan müsse das Profil des Geldhauses dringend noch einmal schärfen, verlautete es aus dem Kreis der Großaktionäre. Die Bank müsse die Kosten weiter senken.

Die Strategie-Entscheidung kommt nun einige Wochen früher als gedacht. Bereits am Freitag war aus Finanzkreisen durchgesickert, dass im Zuge der Neuausrichtung auch eine größere Kapitalerhöhung kein Tabu mehr ist. Die Bank bestätigte daraufhin kurz vor dem Wochenende die groben Überlegungen. Am Sonntag gab der Aufsichtsrat kurzfristig grünes Licht. Fondsmanager Ingo Speich vom Großaktionär Union Investment meint: „Die Kapitalerhöhung ist ein richtiger und logischer nächster Schritt, um die Bank neu auszurichten und das Geschäft wieder nach vorne zu bringen.“

Für Cryan ist es durchaus eine Kehrtwende: Monatelang hatte der Brite betont, er wolle die Bank mit den vorhandenen Mitteln restrukturieren. Die letzte Kapitalerhöhung fand Mitte 2014 statt – im Volumen von 8,5 Milliarden Euro und damals noch unter Cryans Vorgänger Anshu Jain, der das Emirat Katar als größten Aktionär an Bord holte. Die Scheichs haben Insidern zufolge bereits signalisiert, auch dieses Mal mitzuziehen, obwohl sich die Deutsche Bank für sie bislang als große Geldvernichtungsmaschine erwiesen hat. Bei der letzten Kapitalerhöhung wurden die Aktien zu je 22,50 Euro ausgegeben – heute kostet das Papier noch rund 19 Euro, nachdem es im vergangenen Herbst zeitweise auf ein Rekordtief von 9,90 Euro abgestürzt war.

Auch Jains Wette auf das Kapitalmarktgeschäft – von Cryan fortgeführt – ist nicht aufgegangen. Jetzt kommt erschwerend hinzu, dass die Regulierer die Anforderungen für Großbanken noch einmal verschärfen wollen. Der Druck nimmt also eher zu als ab – und die Deutsche Bank will nun offenbar lieber auf der sicheren Seite sein. Jedenfalls hätten die Aufseher das Institut nicht zur Kapitalerhöhung gedrängt, berichtete ein Insider. An den Märkten ist dank Draghis Geldschwemme genug Liquidität. Sogar die italienische Rivalin Unicredit hatte unlängst 13 Milliarden Euro eingesammelt.

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