Politik

Fitch und JPMorgan erwarten Liberalisierung der Wirtschaft in der Türkei

Lesezeit: 2 min
18.04.2017 17:06
US-Banken erwarten nach dem Referendum eine Liberalisierung der Wirtschaft in der Türkei. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)
Fitch und JPMorgan erwarten Liberalisierung der Wirtschaft in der Türkei

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die türkische Regierung wird nach dem Referendum der türkischen Wirtschaft eine Priorität einräumen, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters den Finanzminister Naci Agbal. Es sollen keinerlei steuerliche Maßnahmen getroffen werden, die die Inflation beschleunigen könnten. Zudem stehe auf der Agenda der Regierung die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. "Die Wirtschaft wird das Thema Nr. 1 auf der Tagesordnung sein", so Agbal. Während die Regierung das Wachstum steigern will, hat sich die konjunkturelle Expansion im vergangenen Jahr auf 2,9 Prozent abgekühlt. Die Regierung plant, die Preisstabilität zu wahren. Die Inflation stieg im März auf ein Achteinhalb-Jahres- Hoch von 11,29 Prozent, da die chronische Schwäche der Lira zu einem Anstieg der Verbraucherpreise führte.

Die Ratingagentur Fitch analysiert in einer Mitteilung, dass das Ergebnis des Referendums sich positiv auf die Kreditwürdigkeit auswirken könnte, falls die angekündigten Reformen durchgeführt werden. Die Ankündigung des Referendums in der Türkei hatte sich zuvor negativ auf die Kreditwürdigkeit des Landes ausgewirkt. Neue Präsidentschafts- und Parlamentswahlen seien bis Ende 2019 nicht erforderlich. Dieser Zeitrahmen sollte es der Wirtschaft ermöglichen, die politische Agenda der AKP wieder aufzugreifen.

Fitch erwartet nun weitgehende Liberalisierungen in Form von Reformen: "Der stellvertretende Ministerpräsident Mehmet Simsek sagte vor dem Referendum, dass die Beseitigung der politischen Unsicherheit es der Regierung ermöglichen würde, 'Reformen zu beschleunigen, die im Mai 2017 beginnen', um das Investitionsumfeld der Türkei und das Steuersystem zu verbessern. Eine erfolgreiche Wirtschaftsreform war ein Merkmal der ersten Halbzeit der Regentschaft von Erdogan.

Die AKP habe ein entwickeltes Wirtschaftsreformprogramm, doch in den vergangenen Jahren wurde aufgrund der politischen Lage nur wenig umgesetzt. Strukturelle Schwächen - einschließlich der hohen Nettoauslandsverschuldung und des Bedarfs an Fremdfinanzierung - seien verstärkt geworden. Insgesamt schaffe das Ergebnis des Referendums großen Raum für wirtschaftliche Reformen.

Der türkische Finanzminister hat am Dienstag eine umfassende Reform des Beamtenapparats angekündigt. Der Kündigungsschutz von Beamten soll komplett aufgehoben werden. Stattdessen sollen die Beamten in ein Angestelltenverhältnis versetzt werden. Im Beamtenapparat sollen künftig auch Leiharbeiter eingesetzt werden dürfen. Die Angestellten im öffentlichen Dienst sollen nach dem Leistungsprinzip bezahlt werden, so Dünya Gazetesi.

Am Dienstag stabilisierte sich die Türkische Lira um 0,2 Prozent. Während die Rendite der Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren unverändert bei 11,12 Prozent blieb, stiegen die Renditen der fünfjährigen und zehnjährigen Staatsanleihen um jeweils 0,8 Prozent auf 10,86 und 10,66 Prozent.

JP Morgan hat einen Bericht zum Referendum in der Türkei veröffentlicht, berichtet die Wirtschaftszeitung Dünya Gazetesi. Dem Bericht zufolge werden die ersten drei Artikel der neuen Verfassung unverzüglich umgesetzt werden. Den Artikeln zufolge darf der Präsident künftig auch gleichzeitig Vorsitzender einer Partei sein. Der Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte (HSYK) wird künftig nicht mehr 23, sondern 13 Mitglieder haben. Die Abteilungen des HSYK werden von drei auf zwei verringert. Vier der Mitglieder werden vom Präsidenten ernannt. Sieben der Mitglieder werden vom Parlament ernannt. Der Justizminister und der Staatssekretär werden als natürliche Mitglieder des HSYK fungieren. Die Amtszeit der ernannten Mitglieder wird vier Jahre dauern. Eine Wiederernennung ist möglich, berichtet das Verwaltungsportal Kamu Personeli.

Die Posten der zwei militärischen Mitglieder des Verfassungsgerichts werden gestrichen. Die Richteranzahl des Verfassungsgerichts wird von 17 auf 15 Mitglieder verringert.

Nach Angaben von JP Morgan könnte die Türkei in den kommenden Monaten einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, falls die politischen Risiken sich nicht erhöhen. Wenn es keine vorgezogenen Parlamentswahlen geben sollte, verringere sich der Druck auf die Notenbank, was wiederum die Liquidität sichern könnte.

Greg Saichin von Allianz Global Investors sagte dem englischsprachigen Dienst von Reuters: "Die Märkte nehmen dieses erste Ergebnis positiv auf". Auf den Märkten werde ein Rückgang des politischen Lärms erwartet. "Sollten sich die Konjunkturaussichten verschlechtern oder das System in einen autokratischeren Stil übergehen, der den Wählern nicht bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Wahl wieder ein Referendum über die neuen Mächte von Erdogan sein werden, sehr hoch", meint Saichin.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Legale Tricks: Steuern sparen bei Fonds und ETFs - so geht's!
20.05.2024

Steuern fressen einen großen Teil der Börsengewinne auf. DWN zeigt Ihnen 11 legale Wege, wie Sie Steuern bei Fonds und ETFs sparen und...

DWN
Panorama
Panorama In wenigen Klicks: Verbraucher finden optimale Fernwärme-Tarife auf neuer Plattform
20.05.2024

Eine neue Online-Plattform ermöglicht es Verbrauchern, die Preise für Fernwärme zu vergleichen, was eine bedeutende Rolle in der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft IEA schlägt Alarm: Rohstoffmangel gefährdet Klimaschutzziele
20.05.2024

Die Internationale Energie-Agentur warnt vor einem drohenden Mangel an kritischen Mineralien für die Energiewende. Mehr Investitionen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fußball-EM 2024: Bierbranche hofft auf Rückenwind
20.05.2024

Weil die Deutschen immer weniger Bier trinken, schrumpft der hiesige Biermarkt und die Brauereien leiden. Eine Trendwende erhofft sich die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Irreführende Praktiken“: Shein muss deutsche Website anpassen
20.05.2024

Nach einer Abmahnung durch deutsche Verbraucherschützer hat Shein eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Laut vzbv-Chefin Pop machen...

DWN
Technologie
Technologie BYD baut erstes Werk in der EU: Eine Gefahr für Deutschlands Autobauer?
20.05.2024

Bereits seit Dezember 2023 steht fest, dass BYD, Chinas wichtigste und staatlich geförderte Marke für Elektroautos, ein Werk in Szeged in...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat (zweiter Teil): Die Welt ist im Wasserkampf
20.05.2024

Jörg Barandat war unter anderem militärischer Berater im Auswärtigen Amt sowie Dozent für Sicherheitspolitik an der Führungsakademie...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...