Politik

EU-Austritt: Großbritannien muss alle Verträge mit Russland neu verhandeln

Großbritannien muss nach dem Austritt aus der EU alle Verträge mit Russland neu verhandeln.
12.05.2017 01:39
Lesezeit: 2 min

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Der Austritt Großbritanniens aus der EU wird nach russischer Auffassung weitreichende Folgen für die Beziehungen des Landes mit Großbritannien haben. Der russische EU-Botschafter Wladimir Chizhov sagte laut EU Observer in Brüssel, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit „jedes winzige Teilchen“ seiner Beziehungen zur Russland, die zuvor vom EU-Abkommen abgedeckt waren, neu verhandeln müsse.

Das kann eine Herausforderung für London sein, gibt der britischen Regierung jedoch auch die Möglichkeit, nach dem EU-Austritt in jene Bereiche vorzustoßen, aus denen die EU-Staaten wegen der Sanktionen gedrängt wurden. Der britische Außenminister Boris Johnson hatte vor dem jüngsten EU-Gipfel gefordert, dass die EU ihre Sanktionen gegen Russland verschärfen müsse. Die anderen EU-Staaten hatten das Ansinnen jedoch abgelehnt. Es ist unklar, ob Großbritannien nach dem EU-Austritt überhaupt an die Sanktionen gebunden ist, sollten diese in zwei Jahren immer noch in Kraft sein.

Der Vizevorsitzende der Wirtschaftsabteilung des britischen Centres for Policy Studies, Daniel Mahoney, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Theresa May hat deutlich gemacht, dass sie nach dem Brexit für das Vereinigte Königreich Handelsabkommen mit Nicht-EU-Ländern schließen wird. Dies bedeutet, dass das Vereinigte Königreich kein Vollmitglied der europäischen Zollunion bleiben wird. Während die Brexit-Verhandlungen im Gange sind, wird das Vereinigte Königreich nicht in der Lage sein, Handelsabkommen mit Nicht-EU-Ländern zu treffen. Der Einfluss der EU auf die britische Handelspolitik nach dem Brexit hängt unter anderem davon ab, wie das neue Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur europäischen Zollunion gestaltet werden wird. Nach der innenpolitischen Kulisse im Vereinigten Königreich wird die Regierung aller Wahrscheinlichkeit nach eine maximale Autonomie in ihrer Handelspolitik verlangen.“

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt weder über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen UK und der EU spekulieren noch darüber, ob und wenn ja welche Übergangsbestimmungen über den Brexit hinaus in UK gelten werden für EU-Vereinbarungen mit Drittstaaten. Alles völlig offene Fragen, die erst in der zweiten Phase der Brexit-Verhandlungen auf den Tisch kommen, sobald die Scheidungsverhandlungen abgeschlossen sind.“

Auf der russischen Seite herrschte im Juli 2016 zu Beginn der Amtszeit von Theresa May Optimismus über eine Verbesserung der Handelsbeziehungen zwischen Russland und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit. Brics-Info zitiert den Russland-Direktor der russisch-britischen Handelskammer (RBCC), Alan Thompson: „Ungewissheit beeinflusst die Stimmung der Briten mehr als die Stimmung der Russen (…). Aber wir erwarten, dass der Umsatz [zwischen Russland und dem Vereinigten Königreich] ansteigen wird. Es ist zwar wahr, dass London (Anm. d. Red. aufgrund des Brexits) als Finanzhandelsplatz behindert werden kann. Aber wir sehen es als etwas an, das neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnet. Wir hoffen, dass Russland wieder eine der Prioritäten werden wird, weil wir glauben, dass es riesige Möglichkeiten für britische Unternehmen gibt, eine aktive Rolle im Wirtschaftswachstum für Russland zu spielen.“

Allerdings bleibt unklar, ob die neue britische Regierung unter Theresa May überhaupt ein Interesse daran haben wird, die Handelsbeziehungen mit Russland nach dem Brexit auszubauen. Am 4. Juli 2016 schrieb May einen Gastbeitrag im Blatt The Daily Mail. May wörtlich: „In den vergangenen Jahren haben wir erneut die Kriegslust Russlands erlebt – am anrüchigsten im Falle der illegalen Annexion der Krim. Und Putin will die russischen Atomstreitkräfte verbessern. Das russische Militär hat die Anzahl der nuklearen Übungen erhöht, während Putin damit droht, nukleare Kräfte auf der Krim und Kaliningrad, der russischen Exklave an der Ostsee, die der Nachbar von Polen und Litauen ist, zu stationieren.“

Nach Angaben der russischen Botschaft in London soll sich das bilaterale Handelsvolumen zwischen dem Vereinigten Königreich und Russland im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr halbiert haben. Der Verlust werde auf zehn Milliarden Dollar geschätzt, so Brics-Info. Der russische Botschafts-Sprecher Konstantin Schlikow sagt, dass im Jahr 2013 das Volumen der jährlichen Exporte von britischen Waren nach Russland 168 Millionen Dollar betrug.

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