Politik

Kurswechsel: Schäuble signalisiert erstmals Zustimmung zu Transfer-Union

Lesezeit: 2 min
14.05.2017 00:54
Bundesfinanzminister Schäuble hat sich erstmals für eine Umverteilung von Steuergeldern in der Eurozone ausgesprochen. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)
Kurswechsel: Schäuble signalisiert erstmals Zustimmung zu Transfer-Union

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält wie auch der künftige französische Präsident Emmanuel Macron finanzielle Transfers in der Euro-Zone für notwendig. "Man kann eine Gemeinschaft unterschiedlich starker Staaten nicht bilden ohne einen gewissen Ausgleich", sagte der CDU-Politiker Spiegel laut Vorabbericht von Reuters. Eine Union könne nicht existieren, wenn die Stärkeren nicht für die Schwächeren einstünden. Wie weit die Transfers gehen und wie viel umverteilt werden soll, müsse in einer Demokratie der Souverän entscheiden.

Schäuble signalisierte zudem, dass er keinen Widerspruch einlegen werde, falls die EU-Kommission mögliche Haushaltsdefizite Frankreichs absegnen sollte. "Die Haushaltsregeln auszulegen, ist Aufgabe der EU-Kommission", sagte er. "Die Bundesregierung und auch ich haben nie einer Empfehlung der Kommission widersprochen, wie die Defizite von Ländern wie Frankreich zu beurteilen sind." Er zeigte sich jedoch hoffnungsvoll, dass Macron das Defizit wie versprochen zurückführen werde. "Das kann Frankreich schaffen." Laut Prognose der Kommission wird dieses Jahr die vorgegebene Obergrenze mit 3,0 Prozent genau eingehalten. Für 2018 warnt die Brüsseler Behörde vor einer Überschreitung, sollte die neue Regierung in Paris keine Reformen anpacken.

Schäuble hält die Kritik Macrons an den hohen deutschen Exportüberschüssen für berechtigt. "Richtig ist, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss mit knapp über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu hoch ist", sagt der Minister. Allerdings habe der Überschuss keine politischen Ursachen. "Er ist zurückzuführen auf die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, aber auch darauf, dass wir Teil einer Währungsunion sind."

Bei anderer Gelegenheit hatte Schäuble gesagt, dass die Exportüberschüsse vor allem auf die Geldpolitik der EZB zurückzuführen seien.

Die Öffnung Schäubles für Transferzahlungen ist ein Hinweis, dass die Bundesregierung nach der Bundestagswahl eine stärkere Integration der Eurozone vorantreiben dürfte. Schäuble hatte sich schon früher für ein Euro-Parlament ausgesprochen. Wie eine dritte "demokratische" Ebene neben dem EU-Parlament und den nationalen Parlamenten funktionieren wird ist unklar.

Für die internationalen Konzerne, die ihren Sitz in Deutschland haben und in Frankfurt notieren, wäre die Vergemeinschaftung von Vorteil, weil damit ein weicher Euro mittelfristig gesichert erscheint.

Etwas anders stellt sich die Lage für die deutschen Steuerzahler und Sparer dar.

Eine Transferunion würde notwendigerweise auch eine Bankenunion und eine gemeinsame Einlagensicherung bedeuten. Dies haben vor allem die öffentlichen Banken in Deutschland bisher stets abgelehnt, weil sie nicht die Sparguthaben für hohe Risiken im internationalen Investmentbanking ins Risiko schicken wollen.

Mit der Umverteilung von Steuergeldern und der gemeinsamen Einlagensicherung würde der Weg der Schuldenvergeminschaftung fortgesetzt, der bereits mit dem ESM und dem OMT-Programm der EZB eingeschlagen wurde. Über diesen Weg herrscht in Deutschland bei allen politischen Parteien Einigkeit. Referenden oder Volksbefragungen sind in Deutschland zu solchen Themen nicht vorgesehen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...