Angesichts anziehender Verbraucherpreise und verbesserter Konjunkturaussichten bereitet die Europäischen Zentralbank (EZB) einem Bericht des "Spiegel" zufolge die geldpolitische Wende vor. Ab Juli wolle die Zentralbank Öffentlichkeit und Finanzmärkte auf den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik einstimmen, berichtete das Nachrichtenmagazin ohne Angaben von Quellen am Freitag vorab. Dann wollten die Währungshüter die Botschaft verbreiten, dass es für die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone kaum noch Abwärtsrisiken gebe, die Preissteigerungsrate werde sich deshalb dem EZB-Ziel von knapp zwei Prozent annähern.
Ab Herbst wolle die EZB-Spitze darlegen, wie der Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm aussehen wird, berichtete der "Spiegel" weiter.
Es ist zweifelhaft, dass diese Informationen zutreffend sind: Sie entsprechen vielmehr jenen Wortmeldungen, die Bundesfinanzminister Schäuble seit einige Wochen unters Volk zu bringen sucht. Mit dem Hinweis auf höhere Zinsen sollen die deutschen Sparer vor der Bundestagswahl beruhigt werden. Schäuble hatte das Thema mehrfach angesprochen, um jedesmal umgehend von EZB-Chef Mario Draghi Widerspruch zu ernten.
An den Märkten zeigen die Indizien in eine andere Richtung: Investoren zeigen am Bond-Markt großes Interesse an langfristigen Staatsanleihen. Frankreich, Belgien und Italien werden demnächst solche Papiere begeben. Im Fall einer erwarteten Zinswende wäre die Bereitschaft zu eine langfristigen Bindung mit Niedrigzinsen deutlich geringer.
Gegenwärtig kauft die Zentralbank jeden Monat Anleihen von Staaten und Unternehmen im Wert von 60 Milliarden Euro. Diese Maßnahme läuft Ende dieses Jahres aus.
Tatsächlich relativiert der Spiegel seine Ankündigung selbst: Die EZB wolle die Käufe aber nicht abrupt stoppen, sondern sie schrittweise zurückführen, schrieb der Spiegel laut AFP. Erst Ende 2018 wolle die EZB dann bei Bedarf die Leitzinsen wieder anheben. Sie liegen derzeit bei null Prozent.