Politik

Iran: Präsident Ruhani gewinnt Wahlen mit großer Mehrheit

Der iranische Präsident Ruhani ist wiedergewählt. Die deutsche Wirtschaft reagiert erfreut.
20.05.2017 13:26
Lesezeit: 2 min

Parisa Hafezi und Babak Dehghanpisheh von Reuters fassen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen im Iran zusammen:

Die Iraner haben Hassan Ruhani mit großer Mehrheit als Präsident wiedergewählt und für mehr Reformen gestimmt. Bereits in der ersten Runde siegte der 68-Jährige klar über die Konservativen und konnte sein Ergebnis von 2013 noch verbessern. Ruhani habe mit rund 57 Prozent der Stimmen gewonnen, sagte Innenminister Abdolreza Rahmanifazli am Samstag. "Von 41,2 Millionen Stimmen hat Ruhani 23,5 Millionen geholt und die Wahl gewonnen." Auf Ruhanis schärfsten Rivalen, den erzkonservativen Ebrahim Raisi, entfielen 15,8 Millionen Stimmen. Vor vier Jahren hatten 50,7 Prozent der Wähler für Ruhani votiert. Auch wenn der Präsident über eine begrenzte Macht verfügt und das Sagen letztlich das geistliche und politische Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei hat, ist Ruhanis Wahl von großer Bedeutung. Das Volk ruft nach mehr Freiheiten und wirtschaftlicher Öffnung. Der konservativen Geistlichkeit und den mächtigen Revolutionsgarden, die auch weite Bereiche der Wirtschaft des ölreichen Landes kontrollieren, erteilte die Bevölkerung eine Abfuhr.

Ruhani und das Lager der Reformer erhielten ein deutliches Mandat für ihre Politik - trotz der Ungeduld vieler Iraner, denen die versprochenen Veränderungen zu lange dauern und der Wirtschaftsaufschwung zu schleppend vorankommt. Ruhani ist der Architekt des historischen Atomabkommens von 2015 mit mehreren Großmächten, in dessen Folge die lähmenden Sanktionen aufgehoben wurden. Ajatollah Chamenei unterstützte Ruhani dabei - wenn auch zögerlich. Den Segen des Oberhauptes für einen gesellschaftlichen Wandel zu gewinnen, ist weitaus schwieriger.

Denn der Präsident ist zwar Regierungschef und prägt das Image des Landes, das in den vergangenen Jahren zu einer immer wichtigeren Regionalmacht aufgestiegen ist. Die Leitlinien der Politik gibt in dem schiitischen Staat aber der sogenannte Oberste Rechtsgelehrte vor, und das ist seit dem Tod von Ajatollah Ruhollah Chomeini, der die Islamische Revolution 1979 anführte, der 77-jährige erzkonservative Ajatollah Chamenei. Er hat in allen Belangen ein Vetorecht. Er hat die Kontrolle über Streitkräfte und Justiz. So war es Ruhani in seiner ersten vierjährigen Amtszeit nicht möglich, den Hausarrest für Reformpolitiker aufzuheben, und die Medien dürfen auch weiterhin weder Worte noch Bilder des früheren reformorientierten Präsidenten Mohammad Chatami veröffentlichen.

"Ich bin sehr glücklich, dass Ruhani gewonnen hat", sagte der 37-jährige Mahnaz, der für den Präsidenten gestimmt hat und ein Anhänger der Reformer ist. "Wir haben gewonnen. Wir haben uns dem Druck nicht gebeugt. Wir haben ihnen gezeigt, dass es uns noch immer gibt."

Ruhanis Herausforderer Raisi hatte im Wahlkampf argumentiert, dass sich die Wirtschaftslage nicht wie erhofft deutlich verbessert habe und die kleinen Erfolge bei den armen Schichten nicht angekommen seien. Er warf Ruhani Missmanagement vor und versprach in den Armenvierteln Jobs und Sozialhilfe. Das Atomabkommen hat nach seiner Darstellung nur den Gegnern Irans genutzt. Der 56-jährige Raisi ist ein enger Vertrauter Chameneis. Auch wenn sich dieser aus dem Wahlkampf weitgehend herausgehalten hat, galt es als sicher, dass er lieber Raisi auf dem Präsidentenstuhl sehen würde.

Bei der deutschen Wirtschaft hat Ruhanis Wahlsieg Erleichterung ausgelöst. "Das Wahlergebnis ermutigt zu mehr Handel mit dem Iran und mehr Investitionen im Land", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Er werte diese als klares Bekenntnis der Iraner zum Kurs der politischen und wirtschaftlichen Öffnung des Landes. "Dies würde die Wirtschaft stärken und die liberalen Kräfte im Iran unterstützen", erklärte der BDI-Präsident.

Seit der weitgehenden Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran wittern zahlreiche internationale Konzerne gute Geschäfte. Nach der jahrzehntelangen Isolierung stehen Investitionen in Infrastruktur und Ölindustrie an. Bislang haben sich ihre Hoffnungen aber noch nicht erfüllt. Zu viele Rahmenbedingungen wie rechtliche Vorgaben sind noch unklar.

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